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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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Augenblick wollte ich nichts so sehr wie aus dem Bett springen, mir das alberne grüne Jäckchen überwerfen und zu meinem Wagen sprinten. Aber statt dessen hörte ich mich fragen: »Wie denn?«
    Darauf lachten beide Schwestern, ein leises, rasselndes Lachen, das tief aus ihren Kehlen drang, und es lag nicht allzuviel Heiterkeit darin. »Ach, ich weiß nicht, Vincent«, erwiderte Moira, warf den Kopf nach hinten, um nochmals zu lachen, und sah mich dann wieder an, wobei sie sich mit einer Hand auf die Brust klopfte. »Sagen wir mal, daß Farben manchmal auch außer Kontrolle geraten können, falls du weißt, wovon ich spreche.«
    »Feuer ist unser Freund...« sagte Caitlin und legte eine kleine Kunstpause nach der letzten Silbe ein.
    »...wenn man es respektiert«, fiel Moira fröhlich ein, und sie lachten wieder auf. Ich zog mir das Laken ein Stück weiter hoch. Caitlin hatte zwei spitz zulaufende Kerzen angezündet, als es dunkel geworden war, und nun starrte ich in die unsteten Flammen und sah zu, wie die gelben Lichtbänder immer wieder erstarben und von neuem erstanden. Es herrschte Totenstille.
    »Übrigens, Vincent«, sagte Moira, während sie sich wieder zu mir umdrehte, »falls du dich mit meiner Schwester jetzt irgendwie regelmäßig treffen willst, dann muß ich dir sagen, daß du einfach nicht weiß genug bist. Keine Arbeit im Freien mehr, das steht außer Frage.« Sie brach erneut in Gelächter aus, aber diesmal klang es immerhin ein wenig lebendiger. »Du willst doch nicht etwa am Ende aussehen wie dein Surferfreund, oder?«
    Die Stille dehnte sich. Ich hörte die beiden Schwestern leise atmen, fast unisono, und es war, als atmeten sie für mich – nie im Leben hatte ich mich so entspannt und willenlos gefühlt. Überall herrschte Weiß, die ätherische Bleichheit des Nichts, und auch Schwärze, das Schwarz eines traumlosen Schlafes. Ich schloß die Augen und fühlte meinen Kopf in das Kissen sinken wie in den uralten Schlamm eines unwegsamen Dschungels.
    »Ach ja, Vincent, eins noch«, sagte Moira, und ich schlug die Augen gerade lange genug auf, um sie durchs Zimmer gehen und meine Rosen in den Papierkorb werfen zu sehen. »Färb dir die Haare, okay?«

Schluß mit cool
    Zuerst waren da die Jugendlichen am Strand. Wie alt waren sie: fünfzehn, sechzehn? Große, häßliche Kids in zu großen Shorts mit Frisuren wie aus einem Abschlußalbum von 1963: Bürstenhaarschnitt, keine langen Matten – aber was wußten diese Kerle von 1963? Sie waren angesoffen, es war halb zwei Uhr nachmittags, und sie hatten sich wohl Tequila und eine Großflasche Bier in irgendeinem Laden besorgt oder die Hausbar von einer ihrer Mütter geplündert, und was hieß es schon, daß er in ihrem Alter genau das gleiche getan hatte, na und? – das war damals gewesen, und das hier war jetzt. Angesoffen waren sie, und sie hatten einen Hund dabei, einen Retriever, bei dem noch eine andere Rasse mitgemischt hatte, das sah man um die Ohren, an der Schnauze und am starken Watschelgang der Hinterbeine. Sie warfen einen Stock für ihn – ein Stück Treibgut, mit Teer und Entenmuscheln überzogen –, und der Hund brachte ihn zurück. Jedesmal, wenn er brav apportiert hatte und der Stock erneut in den feinen Saum der Brandung flog, brachen sie vor Lachen beinahe zusammen, klopften einander auf die frisch tätowierten Schultern und zerkugelten sich halb auf dem Sand, weil nichts auf der Welt witziger war als dieses Schauspiel. Wahrscheinlich waren sie außerdem noch stoned.
    »Willst du ’nen Hund kaufen?« riefen sie jedem zu, der den Strand entlangging. »Echt billig. Spottbillig.«
    Sie fragten auch ihn – sie fragten Edison, Edison Banks –, als er durch den Sand stapfte, um sein Handtuch an der geschützten Stelle zwischen den Felsen auszubreiten, wo er seit einer Woche jeden Nachmittag hinkam, um sich auszustrecken und sein schmerzendes Knie ruhigzustellen. Er hatte vor kurzem einen arthroskopischen Eingriff im rechten Knie gehabt, das jetzt geschwächt war, und die Tylenol-Codein-Tabletten, die sie ihm mitgegeben hatten, kratzten kaum auch nur an der Oberfläche des Schmerzes. Aber das Gehen im Sand war eine gute Übung – es kräftigte die Muskeln, hatte der Chirurg jedenfalls gesagt. »He, Alter«, hatte der häßlichste der drei gerufen, »willst du ’nen Hund kaufen?«
    Edison trug Shorts, die fast ebenso groß waren wie die gestärkten Totenlaken, die sich diese Jungen irgendwie um ihre nicht vorhandenen Hüften gewickelt

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