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Schluß mit cool (German Edition)

Schluß mit cool (German Edition)

Titel: Schluß mit cool (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C Boyle
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wurde ihm bewußt, daß ihn ein griesgrämiger Kellner beäugte, ein warmer Bruder mit brennendem Blick und bleistiftdünnem Hals, den er hätte entzweibrechen können wie eine Salzstange, wären sie nicht in Kalifornien gewesen, wo alles so lässig und cool war. In Momenten wie diesem wünschte er sich, er würde in Cleveland wohnen, obwohl er dort noch nie gewesen war, aber er wußte einfach, was jetzt kam, und er dachte, in Cleveland würden sich die Menschen eine derartige Scheiße einfach nicht gefallen lassen.
    »Die werden Sie wieder ausdrücken müssen«, sagte der stummelartige Kellner.
    »Sicher doch, Mann«, sagte Jason, wobei er ausladende Gesten vollführte, so daß rings um ihn herum Rauch aufwaberte, als hätte jemand in ein Lagerfeuer gepißt. »Will nur noch schnell« – paff, paff, paff – »einen letzten Zug machen und« – paff, paff – »einen Ascher suchen... Sie hätten wohl nicht« – paff, paff, paff – »irgendwo einen Aschenbecher?«
    Natürlich hielt ihm die Schwuchtel die ganze Zeit einen entgegengestreckt, als wär’s ein Nachttopf oder so, aber inzwischen war die Zigarette nur noch eine glühende Kippe, der winzige Stummel einer Zigarette – genau, ein warmer Stummel! –, und jetzt streckte Jason die Hand aus, quetschte das Ding im Aschenbecher aus und sagte: »He, danke, Alter – obwohl das eigentlich gar keine Zigarette mehr war, nur ein warmer Stummel .«
    Und dann kam Paula zurück, ihr vierter Teller des Abends war vollbeladen mit Engelshaar, Drei-Bohnen-Salat und Obststückchen in fünf verschiedenen Farben. »Was war denn da eben los? Wegen deiner Zigarette?«
    Jason reagierte nicht, sondern schaufelte Spaghetti in sich hinein. Er nahm einen tiefen Schluck von seinem Bier und zuckte die Achseln. »Ja, irgend so was«, sagte er schließlich. »Noch so ein Faschist, der nur seine Arbeit tut.«
    »Jetzt sei nicht wieder so«, sagte sie und schob mit dem Kanten ihres Brots verstreute Krümel auf dem Teller zusammen.
    »Wie bin ich denn?«
    »Du weißt schon, was ich meine. Ich brauch dir doch keinen Vortrag zu halten.«
    »Ach ja?« Er schlug die Augen nieder. »Und wie willst du das hier dann nennen?«
    Sie seufzte und sah beiseite, und dieser Seufzer irritierte ihn, ärgerte ihn, so daß er gute Lust bekam, den Tisch umzustoßen und ein paar Teller durchs Fenster segeln zu lassen. Er war betrunken. Oder zumindest dreiviertel betrunken. Dann bewegten sich ihre Lippen wieder: »Nicht jeder auf der Welt steht wirklich darauf, seine Bronchien mit Tabakqualm zu füllen, weißt du?« sagte sie. »Die Leute sind alle auf dem Gesundheitstrip.«
    »Wer? Du vielleicht. Aber die anderen wollen doch alle nur nerven. Die wollen nur mein Recht auf freie Entfaltung in der Öffentlichkeit beschneiden« – beschneiden, wo das wohl herkam?« – »und dann darauf herumtrampeln.« Der Gedanke ließ ihn noch zorniger werden, und als er aus dem Augenwinkel den Kellner vorbeitrippeln sah, schnippte er mit den Fingern und sagte mit so viel purer Bosheit, wie er aufbringen konnte: »He, Alter, noch ein Bier hier, ja? Ich meine, wenn mal Zeit dazu ist.«
    In diesem Moment hatte Zinny Bauer ihren Auftritt. Sie kam durch die Tür stolziert wie eine Züchtung aus dem Labor, so langgliedrig, hohläugig und fleischlos, daß sie aussah wie auf ihre Knochen aufgeleimt. Sie hatte einen Typ bei sich – ihren Trainer oder Ehemann, was auch immer –, und der sah aus wie direkt aus einem Spionage-Cartoon, nichts als Kopf und Schultern und massige fleischige Bizepse. Jason hatte die beiden in Houston gesehen – weil Paula dort am Ironman teilgenommen hatte, war er nach Texas hinuntergeflogen, nur um mit ansehen zu müssen, wie sie beim Laufen dem Mann mit dem Hammer begegnet war und nur als sechste der Frauengruppe abgeschnitten hatte, während Zinny Bauer, die Frau mit dem Wunderskelett, lässig als erste durchs Ziel ging. Und jetzt waren sie hier, Zinny und Klaus – oder Olaf oder so –, hier im Pasta-Paradies, und tankten Kohlenhydrate wie alle anderen. Sein Bier kam, kalt und verläßlich, dunkelgrün in der Flasche, bernsteinhell im Glas, und er leerte es in zwei Zügen. »He, Paula«, sagte er und konnte die blitzschnell aufglitzernde Freude in seiner Stimme nicht unterdrücken – er war mit einemmal glücklich, ohne zu wissen, warum. »He, Paula, sieh nur, wer da ist!«
    Was sie wirklich ärgerte, das war, daß er sie angelogen hatte, so wie ihr Vater immer ihre Mutter angelogen hatte, genau so

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