Schluß mit cool (German Edition)
– wie nebenbei, fast reflexartig. Es war gar nicht sein Geburtstag. Er hatte das nur so gesagt, um sie aus dem Haus zu locken, weil er betrunken war und es ihn nicht kümmerte, daß sie in zwei Tagen ein Rennen hatte und Ruhe und Frieden und Erholung, jedenfalls keine Ablenkung brauchte. Er war egoistisch, sonst nichts, egoistisch und gedankenlos. Und dann diese Geschichte mit der Zigarette – er wußte so gut wie jeder in diesem Staat, daß es seit vergangenem Januar eine Verordnung gegen das Rauchen an öffentlichen Orten gab, aber er mußte unbedingt seine Grenzen austesten wie ein unreifer vorwitziger Surfer mit Minderwertigkeitskomplexen. Und genau das war er ja auch. Doch all das war verzeihlich – nur die Sache mit Zinny Bauer kapierte sie einfach nicht.
Paula hätte überhaupt nicht hier sein sollen. Sie hätte sich zu Hause einen Stapel Pfannkuchen und Nudeln mit Käsesauce zubereiten sollen, um dann mit der Fernbedienung in der Hand faul auf der Couch zu liegen. Es war der Abend vor dem Vorabend des großen Tages und damit höchste Zeit, alle Reserven aufzufüllen und auszuspannen. Aber seinetwegen, wegen ihres zungenfertigen Helden in den schlabbrigen Shorts, hockte sie jetzt im Pasta-Paradies und schaufelte sich in aller Öffentlichkeit Kraftfutter hinein. Zusammen mit Zinny Bauer, dem letzten Menschen auf der Welt, den sie hätte sehen wollen.
Das war schlimm genug, aber Jason machte es noch schlimmer, viel schlimmer – Jason verwandelte es in einen der qualvollsten Momente ihres Lebens. Was sich da ereignete, war schlichtweg verrückt, und hätte sie Jason nicht besser gekannt, wäre sie fest davon überzeugt, daß er es geplant hatte. Sie stritten sich gerade wegen der Zigarette und darüber, wie unentspannt und gestreßt er sich benommen hatte – er war betrunken, und es gefiel ihr nicht, wenn er betrunken war, ganz und gar nicht –, als er plötzlich eine verschwörerische Miene aufsetzte und sagte: »He, Paula, sieh nur, wer da ist!«
»Wer denn?« sagte sie, warf einen Blick über die Schulter und erstarrte: es war Zinny Bauer mit ihrem Mann Armin. »Oh, verdammt«, sagte sie und senkte den Kopf zum Teller, als wäre der das Faszinierendste, was es auf der Welt gäbe. »Sie hat mich nicht gesehen, oder? Wir müssen weg hier. Jetzt. Jetzt sofort!«
Jason griente. Er schien sich zu freuen, als wären er und Zinny Bauer alte Freunde. »Aber du hast erst vier Portionen gegessen, Mausi«, sagte er. »Du weißt doch, für das Geld kriegst du noch mehr. Ich könnte dir noch einen Teller Pasta holen – und ich hab noch nicht mal einen Salat gehabt.«
»Keine Witze jetzt, das ist nicht lustig.« Die Stimme erstarb ihr in der Kehle. »Ich will sie nicht sehen. Ich will nicht mit ihr reden. Ich will einfach nur hier raus, klar?«
Sein Grinsen wurde noch breiter. »Klar doch, Mausi, ich weiß, wie du dich fühlst – aber du wirst sie schlagen, bestimmt, kein Problem. Du brauchst dich in deiner eigenen Stadt von niemandem aus deinem Lieblingsrestaurant verscheuchen zu lassen – ich meine, so was geht einfach nicht, oder? Das ist nicht im Sinne des sportlichen Wettbewerbs.«
»Jason«, sagte sie und ergriff über den Tisch hinweg sein Handgelenk. »Ich meine das ernst. Gehen wir weg hier. Jetzt.«
Ihre Kehle war zugeschnürt, als würde ihr gleich das Essen hochkommen. Die Beine taten ihr weh, und ihr Knöchel – der, den sie sich letztes Frühjahr gezerrt hatte – fühlte sich an, als hätte jemand einen Nagel hineingetrieben. Sie dachte nur noch an Zinny Bauer mit ihren langen Muskeln und dem kurzgeschorenen blonden Stoppelkopf und diesem Blick, der einen niemals losließ. Zinny Bauer stand hinter ihr, in ihrem Rücken, ganz nah, und das war einfach unerträglich. »Jason!« zischte sie.
»Okay, okay«, sagte er, goß sich den Rest seines Biers hinter die Binde, griff in die Tasche und verstreute als Trinkgeld ein paar zerknüllte Scheine auf dem Tisch. Dann erhob er sich mit langsamer, besoffener Grandezza und zwinkerte ihr zu, wie um anzuzeigen, daß die Luft rein war. Sie stand auf, die Schultern eingezogen, als könnte sie sich bis zur Unsichtbarkeit reduzieren, und starrte zu Boden, während Jason ihren Arm ergriff und sie durch den Raum führte – falls Zinny sie sah, würde Paula es jedenfalls nicht bemerken, denn sie würde nicht den Kopf heben, und sie würde auch keinen Blickkontakt aufnehmen, garantiert nicht.
So jedenfalls dachte sie sich das.
Sie konzentrierte sich auf ihre
Weitere Kostenlose Bücher