Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Ergebnisse. Die negativen Folgen des Aufschiebens sind bekannt. Hier aber können Sie schließlich
noch einen Blick auf die heimlichen Freuden werfen, die es Ihnen gestattet.
Beate ist jetzt seit zwei Jahren im Verlag. Sie ist ehrgeizig und möchte Karriere machen. Gerne würde sie die Verlagsleitung
mit einem neuen Marketingkonzept für den Bereich Kinderbücher beeindrucken. Im Verlagsalltag ist sie zu sehr eingespannt und
kommt nicht dazu, ihre Vorschläge zu formulieren. Also setzt sich Beate an diesem Samstag zu Hause an den Schreibtisch. In
zwei Wochen tritt der Vorstand zusammen und könnte über ihr Konzept beraten, wenn es vorläge. Zwar hat Beate schon einen Stapel
von Notizen und Aufzeichnungen, inzwischen 16 Seiten, aber ausformuliert ist das alles noch nicht. Sie hat hohe Ansprüche
an sich, und sie möchte ihren Chef, der große Stücke auf sie hält, nicht enttäuschen. Eigentlich möchte sie ein Konzept vorlegen,
das ihn einfach vom Stuhl haut. Und deswegen muss sie sich jetzt ganz besondere Mühe geben. Das muss sie übrigens bei allem,
was sie tut. Beate ist nicht nur perfektionistisch, sondern zu allem Überfluss auch noch überbeschäftigt. Sie hat in den acht
Semestern ihres Wirtschaftsstudiums eine Menge geleistet, vor allem für andere. So war sie hochschulpolitisch aktiv, hat bei
einer Bürgerinitiative gegen Kahlschlagsanierung mitgemacht, bei
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einer anderen gegen Ausländerfeindlichkeit auch. Zusätzlich hat sie sich in ein paar Dritte-Welt-Gruppen engagiert. Überall
hat sie sich um perfekte Ergebnisse bemüht, was dazu geführt hat, dass sie als aktives Mitglied immer wieder angesprochen
wurde, wenn es um Sonderaktionen ging, wie zum Beispiel frühmorgens Flugblätter zu verteilen. Manchmal hätte sie gerne Nein
gesagt, aber das hat sie sich nicht getraut. Irgendwie ist sie dann einfach zu spät gekommen. Manche Termine dieser Gruppentreffen
hat sie auch verschusselt. Mit einigen der Aufgaben, die sie übernommen hatte, ist sie immer noch beschäftigt. Sie hat so
viel zu tun, dass sie leider oft zu erschöpft ist, um ihre Zusagen einzuhalten. Außerdem ist über all diese Aktivität ihr
Privatleben zu kurz gekommen. Öfter haben Freunde Schluss gemacht, weil sie sich vernachlässigt fühlten. Beate ist daher meistens
solo, so auch jetzt wieder.
Helmut, Sachbearbeiter in einem großen Versicherungsunternehmen, sitzt im Büro und ärgert sich. Im Eingangskorb stapelt sich
die Post, und dabei ist er mit der Beantwortung von Kundenanfragen aus der letzten Woche noch nicht fertig. Missmutig fischt
Helmut die Post aus dem Korb und sortiert sie. Die großen Umschläge aufeinander, dann die normalen kleinen, die länglichen
getrennt von den kurzen. Er stapelt sie der Höhe nach am linken Rand des Schreibtisches. So, jetzt den Brieföffner her und
schon kann es losgehen. Kurz denkt er an die Stapel rechts, die Post der vergangenen Tage. Oder Wochen? Und vor ihm liegt
der Vermerk, den sein Chef ihm gab: Er soll ihm am Freitag einen Bericht abliefern über die Schadensentwicklung des letzten
Jahres, mit Vorschlägen für tarifliche Anpassungen. Heute ist Dienstag, und noch hat Helmut keine Zeile zu Papier gebracht.
Kurz packt ihn Panik, aber dann beruhigt er sich innerlich und denkt an seinen Namensvetter und großes Vorbild, den ehemaligen
Bundeskanzler, der ein Meister im Aussitzen war. Und ausgerechnet in Helmuts Bereich fallen so viele junge männliche Versicherungskunden,
die ja am häufigsten Unfälle bauen. Andere betreuen die Hausfrauen, die immer schön vorsichtig fahren, mit ihren Lady-Tarifen.
Dabei fällt Helmut seine Frau ein, die neulich mit Blick auf ihr gemeinsames Auto meinte, das müsse auch wieder einmal gewaschen
werden. Soll sie sich doch selbst drum kümmern. Helmut mag es nicht, wenn man ihm etwas sagt. Er lässt sich doch nicht rumkommandieren.
Nicht mit ihm! Entschlossen schlitzt Helmut den ersten Brief von heute auf, den, der ganz oben liegt.
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Nach dem Mittagessen in der Kantine beschleichen ihn andere Gefühle. Ein Kollege hat Helmut geraten, seine Versetzung zu beantragen.
Es gäbe da eine freie Gruppenleiterstelle in der Personalabteilung. Schon seit Jahren schlägt Helmut sich mit dem Gedanken
herum, sich woanders zu bewerben. Aber er kann einfach keinen Entschluss fassen. Auf seiner jetzigen Stelle ist er zwar nicht
zufrieden, aber er weiß wenigstens, was er hat. Was ihn woanders erwartet,
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