Schluss mit dem ewigen Aufschieben
Gründe für das Aufschieben erkennbar, die im Kapitel
Jede Menge Stress
ausführlich dargestellt werden.
Generell werden Entscheidungen, Aufgaben, Vorhaben und Pläne aufgeschoben, die Angst und Unlust auslösen. Dies ist häufig
eine automatisch ablaufende Vermeidungsreaktion, die sich besonders zu Beginn oder bei dem Abschluss von Vorhaben einstellt,
vorausgesetzt, |43| Sie haben einen zeitlichen Spielraum. Motor des Aufschiebens ist hier die Furcht, Ängste und andere negative Gefühle aushalten
zu müssen.
Darüber hinaus soll das Aufschieben gefürchtete Fremd- oder Selbstverurteilungen verhindern. Aus Angst, die geforderte Leistung
nicht gut genug erbringen zu können und Schwächen zu zeigen, wird das Projekt gar nicht erst in Angriff genommen – ein Abwehrmechanismus,
der das Selbstwertgefühl schützen und vor Beschämung sichern soll. Perfektionisten sind besonders gefährdet, da ihr Anspruch,
vollkommene Ergebnisse produzieren zu müssen, auf unmittelbarem Weg Aufschieben erzeugt.
Die Mechanismen des Aufschiebens
Beate, die am Samstag bei schönstem Sommerwetter arbeiten will, merkt, dass sie noch nicht in Stimmung ist, und beschließt,
richtig zu beginnen, nachdem sie die Zeitung gelesen hat. Nach der Zeitungslektüre fällt ihr Blick auf den Abwasch, der seit
Tagen auf sie wartet. Den wird sie jetzt erst einmal erledigen, danach geht es bestimmt besser voran. Einer leisen kritischen
Stimme in ihrem Inneren hält sie rechthaberisch entgegen: Ordnung zu schaffen kann doch nicht verkehrt sein!
Kaum wieder am Schreibtisch, klingelt das Telefon. Beate führt ein längeres Gespräch mit ihrer Freundin Heike. Wenn Heike
doch nur endlich zum Ende käme! Als sie den Hörer auflegt und auf die Uhr schaut, packt sie leichte Panik: Schon sind mehr
als zwei Stunden ungenutzt vergangen, dabei hätte sie schon lange an ihrem Konzept sitzen sollen. Nun muss es aber endlich
losgehen, doch Beate fühlt sich noch immer nicht zu 100 Prozent energiegeladen. Vielleicht kommt die große Lust, wenn sie
erst einmal den Schreibtisch aufräumt und ihre Papiere sortiert und sichtet. Nachdem sie das erledigt hat, liest sie ihre
Notizen erneut durch. Ein Buch, aus dem sie etwas über Kundenbindung zitieren will, steht im Regal, sie sucht passende Stellen
heraus und notiert die Seitenzahlen. Dabei fällt ihr ein, dass es neulich einen Artikel in einer Marketingfachzeitschrift
gegeben hat, da standen doch auch so ein paar tolle Sachen drin über neue Verkaufsstrategien. Den müsste sie doch unbedingt
in ihr Konzept einbauen. Wie lautete da bloß der Titel? Beate wirft den
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Computer an und begibt sich ins Internet, zur Literaturrecherche. Mehr als eine Stunde sucht sie in Online-Datenbanken, bis
ihr die Augen brennen. Dann schaut sie noch einmal auf ein paar andere Websites – und bleibt im Internet hängen.
Am späten Nachmittag ist Beate unzufrieden, der Tag hat es echt nicht gebracht, ihr Arbeitszimmer ist ihr inzwischen zuwider,
sie greift nach ihren Badesachen: Wenn sie sich beeilt, schafft sie es noch ins Schwimmbad, bevor die schließen ...
Beate schämt sich am Abend dafür, dass sie wieder nicht zu Potte gekommen ist. Als sie Freunden in der Kneipe davon berichtet,
brechen die in Lachen aus: Ach was, so wild ist das doch nicht. Und dann erzählen die anderen, wie sie auf den letzten Drücker
die unglaublichsten Arbeiten noch hingekriegt haben. Schöpferische Kopfarbeiter sind eben keine Beamten mit Dienstplan oder
Fließbandarbeiter mit Taktzeiten, so lautet die Devise. Kreatives Chaos, lange Zeit nichts, dann der große Wurf. Beate schöpft
neue Hoffnung. Morgen, am Sonntag, klappt es ja vielleicht besser. Bevor sie gegen zwei Uhr ins Bett sinkt, sie hat leider
etwas zu viel getrunken, stellt sie den Wecker auf sieben. Beim Einschlafen denkt sie noch: Wenn sie wirklich nicht ausgeschlafen
sein sollte, kann sie ja noch ein Stündchen dranhängen.
Beates Samstag zeigt einen zentralen Mechanismus des Aufschiebens: Das Sich-von-Entscheidung-zu-Entscheidung-Hangeln. Kennen
Sie auch den Beate-Modus? Es beginnt mit Ihrem Entschluss, eine Aufgabe anzupacken, die auch unangenehme Aspekte hat. Die
nächste Entscheidung betrifft die Frage, wann Sie anfangen werden. Sie vertagen den Start, geraten nach einiger Zeit aber
unter inneren Druck und fangen dann doch an. Bald fühlen Sie sich jedoch müde oder abgelenkt und beschließen, dass Sie nach
einem
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