Schluss mit der Umerziehung!
in denen Frauen ernsthaft an Macht und Entscheidungen teilhaben wollen und sollen.
Der Krabbenkorb
Beförderungen von Frauen werden oft begleitet von extrem ablehnenden kritischen Urteilen durch andere Frauen: Ihre Kompetenzen und Verdienste werden plötzlich infrage gestellt, Freundschaften kühlen über Nacht ab und werden durch Misstrauen und Ausgrenzung ersetzt â eine heftige Bestrafung für die aufgestiegenen Frauen. Frauen lassen ungern andere Frauen aus ihrem Gruppenzusammenhang in Führungspositionen aufsteigen. Wir sehen uns dabei konfrontiert mit dem »Krabbenkorb«-Syndrom, ein Bild für ein bestimmtes Verhalten von Frauen, das in der Literatur oft beschrieben worden ist 10 : Die Tiere versuchen vergeblich über den Rand eines Korbs in die Freiheit zu entkommen, stoÃen sich aber, wenn sie sich über die anderen hinwegzusetzen versuchen, gegenseitig wieder hinunter in den Korb. Das »Krabbenkorb«-Syndrom zeigt sich auch in unserem von Frauen geführten Unternehmen deutlich â und es ist kein Nebeneffekt der Präsenz von Männern.
Wir befinden uns hier im Auge des Taifuns, bei der Kernfrage, wie Unternehmen und Institutionen aussehen müssen, in denen Frauen sich wirklich einbringen, wohlfühlen und ihr ganzes Potenzial zeigen können. Frauen, um es verkürzt zu sagen, wollen es in der Regel flach, flach, flach â das psychogenetische Erbe ist eher auf Egalität und Kooperation angelegt. Auf Verletzungen dieses Gleichheitsprinzips reagieren sie oft empfindlich, negativ, aggressiv, vor allem wenn Einzelne aus einer Gruppe durch Beförderung oder auch durch gezielte Belobigungen besonders herausgestellt werden. Deshalb widerspricht die Methode des direkten Wettbewerbs untereinander, die in Unternehmen so gern eingesetzt wird, zutiefst dem, was die meisten Frauen antreibt und ihnen Freude macht. Es ist, als wollte man Katzen mit Grünfutter statt mit Milch, Mäusen oder Fischen locken. Wie aber soll und kann aus solchen weiblichen Haltungen jemals ein Organisationstyp entstehen, der für den Wettbewerb, noch dazu in einer globalen Welt, aufgestellt ist? Ist das überhaupt vorstellbar?
Unser Unternehmen, groà für eine frauengeführte Firma, klein gemessen an einem GroÃkonzern, übt gerade, die gröbsten Fehler auf diesem Weg zu vermeiden und Schritt für Schritt passende Lösungen zu finden. Wir sind ein winziger Puzzlestein auf dem Weg der Evolution neuer Organisationsstrukturen, deren DNA die Motive von Frauen konsequent berücksichtigen. Ein Buch mit dem Titel In the Company of Women â Indirect Aggression among Women , geschrieben von zwei Organisationsberaterinnen mit breiter Beratungserfahrung in Unternehmen, Pat Heim und Susan Murph y 11 . hat mir geholfen, besser zu verstehen, was dafür nötig ist.
Frauen in Teams arbeiten gewöhnlich intensiv, schnell, unkompliziert, solidarisch und effektiv. Sie erleben dies oft als ungeheuer befreiend und bereichernd â je nachdem, wie ihre vorherigen Erfahrungen waren. Doch auf die Flitterwochen folgt der Alltag: Nach der Gründungsphase eines Teams, einer Projektgruppe, eines Unternehmens treten zwangsläufig Dissonanzen auf. Selbst wenn Menschen die gleichen Ziele haben, sind sie nicht immer einer Meinung, wie das Ziel am besten erreicht wird. Mit welchen Arbeitsschritten? Wer muss, wer darf welche Aufgaben übernehmen? Wie viel Geld flieÃt dafür? An wen? Von wem?
Manchmal herrscht aber auch Uneinigkeit über die Ziele selbst: Soll ein bestimmtes Produkt neu angeboten oder wieder aufgegeben werden? Sollen wir neben der Vermittlung von Tagesmüttern und Kinderbetreuung auch Kinderkrippen anbieten? Kindergärten? Schulen? Schuldenberatung? Paarberatung? Kongresse? Die Begleitung von Modellprojekten für Ministerien?
Dahinter steht die Frage: Gilt für uns das Motto »Wachsen oder Weichen«? Fokus oder Erweiterung? Welche Preise können, müssen, dürfen wir verlangen? All das ist notwendigerweise immer von mehreren Seiten zu beurteilen, nach Sinn, Risiko, Chancen etc. Ich selbst und auch unsere heutige Geschäftsführerin neigen zum enthusiastischen Wachstum und zur Risikobereitschaft. Das braucht Gegengewichte â doch wie viel Skepsis kann sich eine Firma leisten und wie wird der Weg zwischen beiden Polen gefunden?
In traditionellen Organisationen werden Entscheidungen meist von oben nach unten getroffen. Die
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