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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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schwankten zwischen siebenundzwanzig und fünfunddreißig in den Unfall verwickelte Wagen. Und trotzdem, die Schlagzeile waren nicht die sechs Toten, die Schlagzeile waren Großbritanniens Goldjunge Jacko Vance und seine tragische Heldentat. Trotz dreier gebrochener Rippen und zahlreicher Schnittwunden war er aus seinem völlig demolierten Wagen gekrochen und hatte zwei Kinder von den Rücksitzen eines Autos gerettet, das Sekunden später in Flammen aufging. Als die Kinder hinter der Leitplanke in Sicherheit waren, hatte er versucht, einen zwischen dem Lenkrad und der verbeulten Tür eingeklemmten Trucker aus der Fahrerkabine zu befreien.
    Aber dann hatte sich unter dem Druck der zusammengeschobenen Fahrzeuge plötzlich das Dach der Fahrerkabine nach unten eingebeult. Der Fahrer hatte keine Chance und Jackos nach vorn gereckter Arm ebensowenig. Erst nach drei Stunden gelang es den Feuerwehrleuten, seinen zerschmetterten Arm aus dem Gewirr aus Blech und schweren Metallteilen herauszuschneiden. Das schlimmste war, daß Jacko als durchtrainierter Sportler das alles bei vollem Bewußtsein erlebte.
    Einen Tag nachdem ihm die Ärzte die erste Prothese angepaßt hatten, kam die Meldung von der Verleihung des George-Kreuzes. Ein geringer Trost für jemanden, der den Traum vieler Jahre begraben muß. Aber er war zu klug, um sich Verbitterung anmerken zu lassen, außerdem kannte er die Launenhaftigkeit der Medien. Er erinnerte sich nur allzugut an die Schlagzeilen, als der erste Versuch, Europameister zu werden, mißlungen war. JACK ABGESCHMIERT war noch der freundlichste Kommentar gewesen. Von demselben Blatt, das noch am Vortag JACK , UNSER HERZBUBE getitelt hatte.
    Er wußte, daß er aus seinem Ruhm rasch Kapital schlagen mußte, oder er war bald einer der vergessenen Helden von gestern. Er knüpfte also an frühere Kontakte zu Bill Ritchie an und wurde Fernsehkommentator bei ebenden Olympischen Spielen, bei denen ihn alle auf dem Siegertreppchen erwartet hatten. Ein Anfang. Gleichzeitig begründete er seinen Ruf als rastloser Wohltäter – ein Mann, der nicht müde wurde, sich um Mitmenschen zu kümmern, denen das Glück weniger hold gewesen war als ihm.
    Heute konnte er all die Narren, die ihn schon abgeschrieben hatten, auslachen. Sein Charme und seine Wortgewandtheit ließen ihn schnell zu einem der beliebtesten Sportmoderatoren werden, wobei er den zerschmetterten Arm geradezu schamlos immer wieder ins Bild zu bringen verstand, damit seine Heldentat auf der A 1 nicht in Vergessenheit geriet. Bald wurde er zum Star einer Unterhaltungssendung, die drei Jahre lang
der
Quotenrenner war.
    Als sie im vierten Jahr auf Platz drei abrutschte, ersetzte Jacko sie durch
Besuch von Vance –
eine Show, die vorgab, daß es sich um »spontane Besuche bei Menschen wie du und ich« handele, obwohl das Bildschirmspektakel natürlich mit der gleichen Akribie wie die öffentlichen Auftritte von Mitgliedern des Hauses Windsor vorbereitet wurde. Ein Dauerbrenner, besonders seit er mit Micky verheiratet war.
    Und trotzdem genügte ihm das nicht.
     
    Carol bezahlte den Kaffee – ein Privileg ihrer Dienststellung. Eigentlich wollte sie bei den Schokokeksen abwinken, aber ihre Detectives hätten das vielleicht mißverstanden. Also bezahlte sie die grinsend mit und führte ihre kleine, sorgfältig ausgewählte Gruppe in eine durch Plastikpalmen abgeschirmte Ecke der Kantine. Sie mochte sich irren, aber ihrem ersten Eindruck nach waren Detective Sergeant Tommy Taylor, Constable Lee Whitebread und Constable Di Earnshaw der harte Kern, auf den sie in der Seaforder CID -Zentrale setzen konnte.
    »Ich will gar nicht erst so tun, als wäre das ein harmloses Plauderstündchen, damit wir uns besser kennenlernen«, legte Carol beim Verteilen der Schokokekse von vornherein ihre Karten auf den Tisch. »Ich habe eine Aufgabe für Sie. Ich habe mir mal die Meldungen über nächtliche besondere Vorkommnisse angesehen und bin etwas irritiert wegen der hohen Zahl der ominösen Brände in unserem Zuständigkeitsbereich. Unserem Meldebuch nach war allein im letzten Monat in fünf Fällen der Verdacht auf Brandstiftung nicht auszuschließen, und beim Blättern im Meldebuch der uniformierten Polizei bin ich auf noch mal ein halbes Dutzend solcher Fälle gestoßen.«
    Tommy zuckte die Achseln. »So was kommt eben im Hafenbereich immer wieder vor.«
    »Das glaube ich«, sagte Carol. »Trotzdem frage ich mich, ob nicht mehr dahintersteckt. Bei dem einen oder

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