Schlussblende
und dem scharfen Geruch der chemischen Toilette. Sein Magen wollte rebellieren, aber er redete sich ein, daß er schon Schlimmeres gerochen hätte, zum Beispiel in Krankenzimmern. Das stimmte zwar nicht, aber es beruhigte seine Magennerven.
Am Fuß der Treppe blieb er stehen und starrte auf das armselige Bündel Mensch, das sich an die Wand preßte, als hoffe es, durch ein Wunder durch das Mauerwerk in die Freiheit entkommen zu können. »O Gott, was für ein widerliches Wesen ist aus dir geworden«, sagte er verächtlich, als er auf das glanzlos gewordene Haar, die schwärende Wunde am Arm und die schmutzverkrustete, nackte Haut starrte.
Himmel noch mal, er hatte ihr doch die Schachteln mit Frühstücksmüsli hingestellt, und um sich zu waschen, hätte sie bloß den Wasserhahn aufdrehen müssen. Es wäre wahrhaftig nicht nötig gewesen, daß sie sich so verkommen ließ. Die Beinfesseln ließen ihr genug Bewegungsfreiheit, er konnte ja an den herumliegenden offenen Schachteln sehen, daß der zerschmetterte rechte Arm sie nicht davon abgehalten hatte, Essen in sich hineinzustopfen. Es war eine gute Idee gewesen, die Matratze mit einer Plastikplane zu überziehen. Darin konnte er sie, wenn er mit ihr fertig war, einwickeln und sich schnell und unkompliziert ihrer widerlichen Gegenwart entledigen.
Von Donnas geschwollenen Lippen kam ein wortloses Wimmern. Sie versuchte, mit der unverletzten Hand nach der Wolldecke zu greifen, um ihre Blöße zu bedecken. Er kauerte sich über sie, riß die Decke weg und versetzte ihr mit der Prothese einen Hieb ins Gesicht, der sie auf die Matratze zurückwarf. Ungerührt zog er sich aus, faltete Hose, Hemd und Unterwäsche ordentlich zusammen und legte alles auf den Stuhl. Er war scharf und hart – bereit, das zu tun, weswegen er gekommen war. Diesmal hatte er länger warten müssen als sonst, weil ihm diese blöde Bowman dazwischengekommen war. Nach der Entdeckung ihrer Leiche hatte er anfangs nicht gewagt hierherzukommen. Aber nachdem er die Polizei abgewimmelt hatte, gab es keinen Grund mehr, die Wiederholung des süßen Racheaktes – den einzigen kleinen Spaß, der sein Leben lebenswert machte – länger hinauszuzögern. Sollte dieser Tony Hill ruhig glauben, er habe was gegen ihn in der Hand, beweisen konnte der Kerl gar nichts.
Er kniete sich auf die Matratze und spreizte Donna gewaltsam die Beine. Ihr Versuch, sich ihm zu entwinden, und ihr flehentliches Betteln rührten ihn nicht, sie stachelten seine Gier nur noch an. Er ließ sich mit dem ganzen Gewicht auf ihren verletzten Arm fallen, drang roh in sie ein und hörte aus Donna Doyles unartikuliertem, nicht enden wollendem Schrei, der von den Wänden der Krypta widerhallte, ein verzweifeltes »Nein« heraus.
C arol riß die Tür auf und zerrte Tony geradezu in ihr Cottage. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht, wo Sie bleiben.« Sie führte ihn ins Eßzimmer, wo eine Warmhalteterrine mit Suppe, ein Körbchen mit aufgeschnittenem Olivenbrot und ein Brett mit verschiedenen Käsesorten bereitstanden.
»Ein Unfall auf der Schnellstraße«, sagte er, nahm Platz und legte den Aktenordner neben sich. Er sah nicht aus, als wäre er wirklich da, jedenfalls nicht mit seinen Gedanken.
Carol schöpfte ihm und sich Suppe in die Teller. »Ich muß mit Ihnen reden, bevor die anderen kommen, Tony. Das Ganze ist jetzt keine akademische Übung mehr. Ich glaub, er hat sich noch eine andere gegriffen. Ein paar Tage bevor er Shaz umgebracht hat.«
Was immer ihm durch den Kopf gegangen war, es war schlagartig vergessen. Seine blauen Augen klammerten sich an ihr fest. »Beweise?« fragte er.
»Ich hatte so eine Ahnung. Darum habe ich eine Anfrage wegen vermißt gemeldeter Mädchen rausgefaxt. Heute nachmittag kam die Antwort aus Derbyshire. Donna Doyle, vierzehn, aus Glossop, ungefähr fünf Meilen von der M57 entfernt.« Sie gab Tony eine Kopie des Fax. »Dieselben Begleitumstände wie in den anderen Fällen. Morgens zur Schule, der Mutter was vorgeschwindelt, warum sie an dem Tag später heimkäme, die schicksten Klamotten mitgenommen, die sie hatte. Wieder ein Mädchen, das weggelaufen ist, hat die örtliche Polizei gedacht und daher weiter nichts unternommen. Aber ich habe mit der Polizistin gesprochen, die die erste Befragung der Mutter durchgeführt hat. Donna hat zwei Abende vor ihrem Verschwinden mit einer Freundin eine Wohltätigkeitsveranstaltung besucht, bei der Vance als Ehrengast war.«
»Scheiße«, fluchte Tony. »Carol,
Weitere Kostenlose Bücher