Schlussblende
Stimme.
»Ma’am, hier ist Lee.« Wieso klang seine Stimme so unbekümmert? Di war bei den Kollegen nicht sehr beliebt gewesen, aber ein bißchen mehr Anteilnahme hatte sie verdient.
»Was gibt’s?« fragte sie barsch.
»Ich habe ihr Auto gefunden. Halb versteckt hinter einer anderen Fabrik. Sie hatte ein kleines Aufnahmegerät. Lag auf dem Beifahrersitz. Ich hab mir das Band angehört, Ma’am. Da ist alles drauf – Name, Zeit, Fahrstrecke, Fahrziel. Mehr als genug, um Brinkley festzunageln.«
»Gute Arbeit«, sagte sie ohne Begeisterung. Es mochte genügen, um Brinkley zu überführen, aber nicht, um ihr Schuldgefühl zu mildern. »Bringen Sie den Wagen her, Lee.«
Als sie auflegte, stand John Brandon unter der Tür. Er winkte ab, als sie aufstehen wollte, setzte sich auf den Besucherstuhl und sagte: »Schlimme Geschichte.«
»Außer mich trifft keinen Schuld. Ich wußte, daß meine Officer die Oberservation für Zeitverschwendung gehalten haben. Sie haben die Sache nicht ernst genommen, und nun ist Di Earnshaw tot. Ich hätte ihnen mehr auf die Finger sehen sollen.«
»Ich wundere mich, daß sie ohne Rückendeckung dort war.« Der Vorwurf lag nicht in Brandons Worten, er lag in seinem Blick.
»Das war nicht so geplant«, sagte Carol kategorisch.
»Es wäre für uns beide gut, wenn Sie das beweisen könnten.« Carol sah ihm an, daß das nicht als Drohung gemeint war.
Sie starrte auf die Schreibtischplatte. »Ich kann mir das im Augenblick selber noch nicht erklären, Sir.«
Brandons Ton wurde schärfer. »Nun, ich empfehle, daß Sie das bald können, Chief Inspector. Di Earnshaw blieb auch keine Zeit zum Grübeln. Wir müssen ihren Mörder dingfest machen. Wann kann ich mit einer Festnahme rechnen?«
Carols Kopf fuhr ruckartig hoch, sie starrte Brandon betroffen an. »Sobald DC Whitebread mit dem Beweismaterial hier eintrifft, Sir.«
Brandon stand auf. »Gut. Wenn Sie klarere Vorstellungen davon haben, was letzte Nacht passiert ist, setzen wir die Unterredung fort.« Für Bruchteile von Sekunden lag die Andeutung eines Lächelns in seinem Blick. »Sie trifft kein Vorwurf, Carol. Sie können nicht vierundzwanzig Stunden am Tag im Dienst sein.«
Als Brandon gegangen war, starrte Carol den leeren Türrahmen an. Wie lange mochte John Brandon gebraucht haben, um diese Gelassenheit zu entwickeln? Doch dann – eingedenk all dessen, was sie über ihn wußte – fragte sie sich, ob es wirklich Gelassenheit war oder ob er nur gelernt hatte, seinen Ärger besser zu verbergen.
Leon sah die anderen irritiert an. »Und ich dachte, in Newcastle wären die Männer noch Männer und die Schafe ständig auf der Flucht?«
»Haben Sie was gegen vegetarische Pubs?« fragte Chris Devine schmunzelnd.
Simon grinste. »Ist ’ne Masche von ihm. Er tut so, als hätte er jeden Tag ’n Steak auf dem Teller.«
»Also«, kam Chris zur Sache, »ich hoffe, ihr wart erfolgreicher als ich. Ich hab das Foto überall auf dem Bahnhof herumgezeigt, aber keiner hat sie gesehen.«
»An der Bushaltestelle war’s dasselbe«, sagte Simon.
»Na, dann hab ich wenigstens so was wie ’ne Witterung«, berichtete Leon. »Ich hab mit einem Schaffner gesprochen, und der hat mich in ein Café mitgeschleppt, wo die Eisenbahner sich ihren Kaffee und ihr Sandwich reinziehen. Ich hab das Foto rumgezeigt, und einer von ihnen meinte, daß er sie im Zug nach Carlisle gesehen hätte. Er konnte sich an sie erinnern, weil sie ihn zweimal gefragt hat, wann sie in Five Walls ankämen und ob der Zug auch pünktlich wäre.«
»Wann war das?« Chris bot ihm eine Zigarette an.
»Da war er nicht ganz sicher. Er meint, es müßte in der vorletzten Woche gewesen sein.« Die Woche, in der Donna Doyle verschwunden war, aber das mußte er nicht dazusagen.
»Wo liegt dieses Five Walls?« wollte Simon wissen.
»Irgendwo im Nichts, diesseits von Hexham«, sagte Chris. »In der Nähe des Hadrianwalls. Vermutlich gibt’s dort noch vier andere Wälle.« Sie grinste. »Senior Officer wissen so was.«
»Wieso ist sie ausgerechnet in dem Nest ausgestiegen?«
Chris zuckte die Achseln. »Ich vermute mal, daß das irgendwo in der Nähe von Jacko Vance’ Landhaus ist. Aber ich muß euch ja nicht extra daran erinnern, daß wir uns da nicht blicken lassen sollen.«
»Aber die Bahnstation Five Walls dürfen wir uns sicher ansehen«, meinte Leon.
»Wir warten nur darauf, daß du dein Bier ausgetrunken hast«, drängte Simon.
»Lassen Sie’s stehen«, sagte
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