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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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geradezu peinlich, solchen Schund zu besitzen. Überwiegend handelte es sich dabei um Biographien verurteilter Serienmörder, die unter dem Vorwand der nachträglichen Betrachtung aus sozio- und psychologischer Sicht, tatsächlich aber bar jeglicher Logik, breit ausgewalzt ihre schauerlichen Untaten beschrieben. Darüber standen die von Wissenschaftlern verfaßten, ernstzunehmenderen Versionen derselben Lebensläufe und im dritten Fach, etwa in Augenhöhe, Bücher, in denen die Vorkämpfer des Profilings die Vorurteile und Schwierigkeiten schilderten, mit denen sie sich vor etlichen Jahren – also zu einer Zeit, zu der Profiling natürlich noch reine Männersache gewesen war – bei ihren ersten Gehversuchen auf einem noch nicht anerkannten Feld wissenschaftlicher Arbeit herumschlagen mußten.
    Die Bezeichnung Fachliteratur verdienten im Grunde nur die Bücher in den beiden obersten Fächern. Alles in allem eine recht ansehnliche Handbibliothek, die Shaz da in kürzester Zeit zusammengetragen hatte, seit sie wußte, daß ihr ein Platz in der Tony Hills NOP Task Force sicher war.
    Nach dem gemeinsamen Abendessen hatte sie sich, allem guten Zureden zum Trotz, aus dem Quartett ausgeklinkt, weil die anderen beschlossen, nach Hähnchen mit Curry als Sahnehäubchen einen Nachtklubbummel folgen zu lassen. Solchen Streifzügen vermochte sie keinen Reiz abzugewinnen, und heute schon gar nicht, weil es sie in den Fingern juckte, an ihren Computer zurückzukehren und weiter an der heute morgen begonnenen, vergleichenden Analyse zu arbeiten. Seit Tony ihnen vor drei Tagen als Hausaufgabe aufgegeben hatte, in den verteilten Kopien der Polizeiberichte über verschwundene Teenager nach MO zu fahnden, verbrachte sie jede freie Minute damit, die Unterlagen immer wieder gründlich durchzulesen. Nicht einmal, sondern dreimal hatte sie sie studiert, in der Hoffnung, auf irgend etwas zu stoßen, was sie möglicherweise auf die richtige Spur führen konnte. Und als sie dann in der Lage gewesen wäre, die spärlichen Fakten im Schlaf aufzusagen, hatte sie sich an den Computer gesetzt.
    Die Datenbasis, auf die Shaz sich stützte, war schon damals, als sie sich die Software bei einem Mitstudenten kopiert hatte, nicht der letzte Schrei gewesen. Inzwischen konnte man sie fast als museumsreif bezeichnen, aber für Shaz’ Zwecke genügte sie vollauf – sie war benutzerfreundlich und bot ihr die Möglichkeit, die Daten nach Kategorien und Kriterien zu ordnen, die ihrer persönlichen Logik entsprachen. Sie war froh, endlich wieder – abgeschminkt und im Freizeitdreß – vor dem Computer zu sitzen. Die Arbeit am Bildschirm faszinierte sie so, daß sie sich nicht mal die Zeit nahm, etwas Warmes zum Lunch zuzubereiten. Statt dessen begnügte sie sich mit einer Banane und einer Packung Biskuits – mit dem Erfolg, daß sie anschließend mühsam die Krümel aus dem Keyboard picken mußte.
    Die Mausklickanzeige hüpfte auf und ab, während sie das Keyboard säuberte. Die Schritte, denen sie bei ihrer vergleichenden Analyse folgte, hatte sie bereits festgelegt: Zuordnung nach geographischen Gesichtspunkten, physische Merkmale, Berücksichtigung der häuslichen Verhältnisse, Angaben darüber, ob die Betreffenden bereits früher bei der Polizei aufgefallen waren, Alkoholkonsum, Erfahrungen mit Drogen, spezielle Interessengebiete und, falls bekannt, sexuelle Beziehungen. Die Ausbeute war ziemlich dürftig, für die Hobbys der Teenager hatten sich die ermittelnden Officer offenbar nicht sonderlich interessiert. Am Schluß ordnete sie die Fälle nach dem Alter der dreißig verschwundenen Jugendlichen, druckte das Ergebnis aus und legte die Bogen nebeneinander, damit sie sie beim Durchlesen leichter vergleichen konnte.
    Das erste Alarmzeichen war wie üblich ein unruhiges Kribbeln im Magen. Stirnrunzelnd ging sie die Ausdrucke nochmals durch. Sie traute sich einfach nicht, zu glauben, was sich da abzeichnete. Schließlich verglich sie das Bild, das sich aus der Computeranalyse ergab, mit den Kopien der Fotos aus den Polizeiakten. »Ach du liebes bißchen«, murmelte sie vor sich hin, atmete tief durch und schloß die Augen. Aber es blieb dabei, es schien sich eine Gruppe von sieben Mädchen herauszuschälen, bei denen es bei allen oder nahezu allen Kriterien auffallende Übereinstimmungen gab.
    Gut, dann zuerst die Übereinstimmungen. Alle hatten dunkles, zu einem kurzen Pferdeschwanz gebundenes Haar, alle waren vierzehn oder fünfzehn Jahre alt

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