Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
Vom Netzwerk:
hatte? Sportler waren heutzutage mobil – Golfspieler, Teilnehmer an Bridgemeisterschaften … weiß der Himmel, wer alles. Als sie mit den Sportseiten durch war, zitterte Shaz vor Erschöpfung, Koffeinmißbrauch und der Ahnung des nahen Mißerfolges.
    Darum glaubte sie zunächst an Halluzinationen, als sich zum ersten Mal eine Verbindung abzeichnete. Zumal es eine so abwegige Möglichkeit war, daß Shaz, ohne es zu wollen, haltlos zu kichern begann. »Das ist Irrsinn«, murmelte sie leise und sah den Stapel Kopien aus sieben Lokalzeitungen noch mal durch, um wirklich sicher zu sein, daß nicht alles nur Einbildung war. Zu guter Letzt drückte sie sich steifbeinig hoch, lockerte rasch die Muskulatur und fing schon auf dem Weg ins Schlafzimmer an, sich die Kleidung vom Leib zu streifen. Begreifen konnte sie’s immer noch nicht, morgens um halb vier weigert sich der Verstand, etwas derart Verrücktes ernst zu nehmen. Sie stellte den Wecker auf halb sieben, ließ sich bäuchlings aufs Bett fallen und war Sekunden später eingeschlafen.
    Ein erholsamer Schlaf wurde es nicht. Sie träumte von einer Fernsehshow, bei der die Sieger sich aussuchen konnten, wie sie umgebracht werden wollten. Als der Wecker schrillte, gaukelte die überhitzte Fantasie ihr vor, das letzte Warnsignal eines elektrischen Stuhls zu hören. Immer noch halb von Schlaf umfangen, kam ihr das, was sie aus den Zeitungen ausgegraben hatte, wie ein nächtliches Hirngespinst vor. Sie stieß die Daunendecke zurück und schlich auf Zehenspitzen ins Wohnzimmer, als fürchte sie, die Kopien könnten bei einem festen Schritt zu Staub zerfallen.
    Sieben Stapel aus fotokopierten Zeitungsseiten. Obenauf lag jeweils die Seite mit dem örtlichen Veranstaltungskalender. Und jedesmal wurde in einer Anzeige das persönliche Erscheinen desselben Mannes angekündigt. Wie Shaz es auch drehte und wendete, es sah danach aus, als habe dieser von seinen Verehrern vergötterte Mann irgend etwas mit dem Verschwinden der letzten sieben Mädchen zu tun. Und damit auch, wie zu befürchten war, mit ihrer Ermordung.
    Und das sollte sie nun den anderen klarmachen.
     
    Micky fand bald heraus, daß es gar nicht so schwierig war, den Schwanz mit dem Hund wedeln zu lassen. Sie mußte nur bei ihren Besuchen in dem Rehazentrum, in dem Jacko sich im Gebrauch seines künstlichen Arms übte, darauf achten, jedesmal die Tür hinter sich zuzumachen und sich dann so dicht neben ihn zu setzen, daß sie, wenn ein Arzt oder eine Schwester hereinkamen, auseinanderfahren und glaubwürdig Verlegenheit mimen konnten. Was ihnen prompt jeder abkaufte.
    Wenn sie Jacko aus der Redaktion anrief, überzeugte sie sich vorher davon, daß sich möglichst viele Kollegen in der Nähe aufhielten – die sicherste Gewähr dafür, daß irgend jemand etwas mitbekam. Wenn sie dann noch besonders lieb ins Telefon flötete, ihn möglichst oft mit Namen anredete und hin und wieder die Stimme senkte, wurde sogar dem Begriffsstutzigsten irgendwann klar, daß er Ohrenzeuge eines Liebesgeflüsters geworden war.
    Zum Steigbügelhalter ihrer gezielten Indiskretion wählte sie den befreundeten Redakteur eines nicht sonderlich auflagenstarken, dafür um so skrupelloseren Skandalblättchens, das drei Tage später prompt mit der Schlagzeile JACKOS NEUE LIEBE DIE ZIELSCHEIBE PERVERSER ATTACKEN aufmachte.
    Vandalismus und anonyme Briefe machen Jacko Vance’ neuer Liebe das Leben zur Hölle. Es ist kaum zu fassen, was die Fernsehjournalistin Micky Morgan seit Beginn ihrer Romanze mit dem Mann, dessen heldenhaftes Verhalten im Chaos auf der M 1 unvergessen ist, alles angetan wurde. Ihr Auto wurde mit Farbbeuteln beworfen. In ihrem Briefkasten lagen tote Mäuse und Vögel. Anonyme Briefe von unvorstellbarer Gehässigkeit waren an der Tagesordnung.
    Das Paar hatte sich bei einem Fernsehinterview nach Jackos tragischem Unfall auf der M 1 im Krankenhaus kennengelernt, nachdem er, selbst schwer verletzt, bei dem mutigen Versuch, Menschenleben zu retten, einen Arm verloren hatte.
    Damit war für den einstigen Weltrekordhalter im Speerwerfen alle Hoffnung auf das schon zum Greifen nahe olympische Gold zerronnen.
    Beide haben lange versucht, ihre Beziehung geheimzuhalten. Doch jetzt hat uns die attraktive blonde Micky, 25, Starreporterin des Magazins
Die Welt um sechs
exklusiv enthüllt, welchem Martyrium sie seit Beginn der Affäre ausgesetzt war.
    »Es ist ein Alptraum«, klagte Micky gestern abend in ihrem gepflegten Heim in

Weitere Kostenlose Bücher