Schlussblende
braucht.«
»Sie kennen meine Methoden, Watson«, zitierte Carol mit ironischem Lächeln.
Bishop sah sie irritiert an, dann war der Groschen gefallen. »Äh – ja.« Die Fahrstuhltüren schwangen auf. »Da hinüber, bitte. Wir nehmen erst eine Tasse Kaffee, nur wir drei, dann wird Tony mit Ihnen das erste Kontaktgespräch führen, sozusagen als Lehrvorführung für unsere Officer.« Er führte Carol ein Stück weit den Flur hinunter und hielt ihr schließlich die Tür zu einem Raum auf, der die Ähnlichkeit mit einem leicht heruntergekommenen Klassenzimmer nicht verleugnen konnte.
Tony, den Kaffeefilter in der einen, den Löffel in der anderen Hand, wirbelte herum und sah sie mit großen Augen stumm an. Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »Tony! Schön, daß wir uns nach so langer Zeit mal wiedersehen.«
»Carol.« Der Löffel rutschte ihm aus der Hand und fiel klappernd auf den Tisch. »Du siehst … Ich wollte sagen: Sie sehen gut aus.«
Sie hätte lügen müssen, um dasselbe von ihm zu behaupten. Er kam ihr blaß vor, wenn auch nicht mehr ganz so blaß, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Die dunklen Schatten unter seinen Augen gaben Zeugnis davon, daß er selbst heute noch keine Nacht durchschlafen konnte. Aber die Blutergüsse damals, nachdem der Serienmörder gefaßt worden war, hatten schlimmer ausgesehen. Seine Augen spiegelten nicht mehr die Qualen wider, die er durchlitten hatte, jedenfalls nicht mehr so deutlich, aber sie las darin, wie sehr ihn die Erinnerungen immer noch bedrückten. Trotzdem hätte sie in diesem Moment nichts lieber getan, als ihn zu küssen.
Sie stellte die Aktentaschen auf den Tisch, deutete auf die Kaffeekanne und fragte: »Krieg ich was von dem Gebräu ab?«
»Stark, schwarz und ohne Zucker?« vergewisserte er sich mit der Andeutung eines Lächelns.
»Aha«, meinte Bishop, »wie haben Sie das geschafft?« Er ließ sich – nicht ohne sorgsam die Hosenbeine hochzuziehen, damit sie nicht in Kniehöhe ausbeulten – auf einem durchgesessenen Polsterstuhl nieder. »Bei mir vergißt Tony von einem zum anderen Mal, wie ich ihn trinke.«
»Bei unserer Zusammenarbeit in Bradfield mußten wir uns darin üben, uns jedes Detail unvergeßlich einzuprägen«, sagte sie.
Tony warf ihr einen dankbaren Blick zu, dann wandte er sich ab, um den Kaffee einzuschenken. »Übrigens – danke, daß Sie mir die Akten so rasch zugeschickt haben«, sagte er über die Schulter. »Ich hab sie kopieren und in der Gruppe zum Vorabstudium verteilen lassen.«
»Sehr schön. Und wie soll das Ganze ablaufen?« fragte Carol. »Ich meine, wie wollen Sie die Officer aus Ihrer Gruppe einbeziehen?«
Tony konnte im Augenblick nicht antworten, er mußte sich auf die drei Kaffeebecher konzentrieren, die er auf seinen Händen vor sich her balancierte. Bishop nutzte die Gelegenheit, sich als Teamchef in Erinnerung zu bringen.
»Sechs Officer – selbst wenn Sie gewillt wären, uns soviel Ihrer kostbaren Zeit zu opfern, scheint es mir nicht nötig, daß jeder seinen Senf dazu abgibt. Dem Ausbildungszweck wird Genüge getan, wenn sie sich anhören, wie Tony und Sie das abwickeln. Anschließend können sie Fragen stellen, wenn’s unbedingt sein muß. Sobald Tony dann ein Täterprofil erarbeitet hat – in einigen Tagen, denke ich –, schickt er es Ihnen zu, und dann bleibt uns nur noch zu hoffen, daß es möglichst bald zu einer Festnahme kommt. Ach ja – und wenn Sie uns später die Tonbänder von Vernehmungen der Verdächtigen zur Verfügung stellen, würden wir die gern zur Schulung der Gruppe verwenden.« Sein Lächeln ließ keinen Zweifel daran, daß die Ablehnung seiner Bitte einem Affront gleichkäme.
Carol zögerte. »Ich weiß nicht, ob das möglich ist. Vermutlich müssen Sie damit bis nach dem Prozeß warten. Und auch dann brauchen wir wahrscheinlich das Einverständnis der Vernommenen. Ich werde mich erkundigen.«
Bishops Wangenmuskeln zuckten. »Wir werden uns ja wohl nicht sklavisch an solche Formalitäten halten.« Von seiner Jovialität war nichts mehr zu spüren. »Wie ich Mr. Brandon kenne, teilt er meine Meinung.«
»Die Leitung der Ermittlungen liegt bei mir, Commander. Hier geht es nicht um die Schulung Ihrer Gruppe, sondern um die Aufklärung eines Verbrechens. Ich kann nicht das Risiko eingehen, daß ein geschickter Anwalt die Verurteilung eines Serienbrandstifters, der zudem den Tod eines Menschen verschuldet hat, an Formfehlern bei der Untersuchung scheitern
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