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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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bekommen?« fragte Carol.
    Der Feuerwehrchief schob die Schultern nach vorn und starrte Carol entgeistert an. »Mein Gott, sagen Sie bloß, Sie meinen das ernst?«
    »Wir dürfen keine Möglichkeit außer acht lassen«, antwortete Carol ruhig. »Das ist nicht persönlich gemeint, Jim. Aber Tony hat eben eine Möglichkeit angedeutet, die ich bei den weiteren Ermittlungen berücksichtigen muß. Sonst vernachlässige ich meine Pflichten.«
    Pendlebury sprang auf. »Wenn meine Leute ihre Pflichten vernachlässigen würden, stünde in dieser Stadt kein Stein mehr auf dem anderen. Seit dieser Irre bei uns wütet, setzen meine Leute ihr Leben ein. Und jetzt sollen sie auf einmal an den Pranger gestellt werden?«
    »Ich würde genauso reagieren, wenn jemand einen meiner Leute als Täter verdächtigt«, sagte Carol. »Aber hier wird ja niemand verdächtigt, es geht nur darum, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Kommen Sie, setzen Sie sich wieder, und trinken Sie noch ein Glas Wein. Es bringt nichts, wenn wir uns streiten.«
    Pendlebury atmete tief durch und ließ sich in seinen Sessel fallen. Als Carol ihm nachschenkte, brachte er schon wieder ein leicht verkniffenes Lächeln zustande. »Ich muß mich schließlich vor meine Leute stellen«, murmelte er.
    Tony, beeindruckt von der ruhigen Art, in der Carol die Situation entschärft hatte, nickte ihm zu. »Ich finde es gut, daß Sie das tun. Ich kann Ihre Leute nur beglückwünschen.«
    Bis Pendlebury sich verabschiedete, vermieden es alle drei, von den Bränden zu reden, und zu guter Letzt war es der Feuerwehrchief, der den kleinen Knacks, den der Abend bekommen hatte, mit hübschen kleinen Anekdoten aus East Yorkshire kittete. Tony genoß die gelöste Stimmung besonders, denn sie lenkte ihn davon ab, ständig an Shaz Bowman zu denken.
    Später, in den Stunden zwischen Mitternacht und frühem Morgen und in der Einsamkeit von Carols Gästezimmer, gab es nichts mehr, was die Erinnerung an das Bild der gräßlich verstümmelten jungen Frau wenigstens vorübergehend verblassen ließ. Der Alptraum hatte ihn wieder eingeholt.
    Im stillen versprach er Shaz, den Mann ausfindig zu machen, der ihr das angetan hatte, welchen Preis er auch dafür bezahlen mußte. Und er wußte aus bitterer Erfahrung, daß es ein sehr hoher Preis sein konnte.
     
    Jacko Vance saß im schallisolierten, elektronisch abgeschirmten Projektionsstudio im Dachgeschoß seines Hauses. Er hatte heute sogar die Tür hinter sich abgeschlossen, weil er sich den Mitschnitt der Spätnachrichten verschiedener Fernsehkanäle ansehen wollte. Das Hauptthema war überall der Tod von Shaz Bowman. Von Zeit zu Zeit blickten ihre blauen Augen ihn vom Bildschirm an – ein erregender Kontrast zu dem Bild ihrer letzten Lebensminuten, das in ihm gespeichert war.
    Aber solche Aufnahmen zeigten sie natürlich nicht. Nicht mal mit dem Hinweis, daß die folgenden Szenen nicht für Kinder und Leute mit schwachen Nerven geeignet seien.
    Er fragte sich, wie es Donna Doyle wohl ging. Über die hatten sie im Fernsehen nichts gebracht. Immer dasselbe mit diesen jungen Dingern. Bildeten sich alle ein, sie hätten das Zeug zum Star, dabei nahm außer ihm kein Mensch Notiz von ihnen. Für ihn repräsentierten sie das Idealbild junger Frauen, er mochte ihre Fügsamkeit und die Bereitwilligkeit, mit der sie ihm alles abnahmen, was er ihnen weismachte. Und er liebte den Moment, in dem sie begriffen, daß es nicht um Ruhm ging, nicht mal um Sex, sondern nur um Schmerz und Tod.
    Es war ein Hochgenuß, ihnen in diesem Moment in die Augen zu blicken. Eben hatte er noch Verehrung darin gelesen, nun war es tödliches Erschrecken. Ihre Gesichter verloren alle Individualität, sie wurden alle Jillie ähnlich. Nein, sie wurden zu Jillies Gesicht. Und das machte die Strafe sinnvoll und gerecht.
    Im übrigen geschah es ihnen recht. Erst redeten sie von ihrer Familie, als wären alle Engel auf Erden. Wie lieb ihre Mütter und Väter zu ihnen wären und wie sie sich um sie kümmerten. Aber dann erlebte er, daß die kleinen Luder, die sich so bereitwillig auf all das einließen, was er von ihnen verlangte, diese Liebe überhaupt nicht verdienten. Er war’s, der sich etwas verdient hatte. Ihr Leben. Und was bekam er statt dessen?
    Siedend heißer Ärger stieg in ihm auf, aber er konnte damit umgehen. Er konnte ihn kontrollieren, als hätte er einen eingebauten Thermostaten. Es war sinnlos, wegen dieser jungen Luder Energie zu verschwenden und sich zu

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