Schlussblende
gewesen, nur noch zwei Meilen von der Abzweigung der Fahrspur entfernt, und da brachten sie plötzlich in den Nachrichten, eine Gruppe Nachtschwärmer habe vor etwa einer Stunde die Leiche einer jungen Frau gefunden. Vor Schreck hätte er beinahe das Lenkrad verrissen und wäre mit dem Land Rover im Straßengraben gelandet.
Nun, irgendwie hatte er’s geschafft, die Nerven zu bewahren, und war schweißgebadet nach Hause gefahren. Und so verblüffend es war, er hatte offensichtlich nicht genug forensisch auswertbare Spuren hinterlassen, die die Polizei auf seine Spur führen konnten. Er war jedenfalls nie verhört worden. Soweit er wußte, hatten sie ihn nicht mal verdächtigt.
Immerhin hatte er drei entscheidende Dinge daraus gelernt. Erstens, er mußte die Tortur länger hinausziehen, damit er sich an den Qualen seiner Opfer weiden und das Gefühl genießen konnte, daß sie all das durchleiden mußten, was er selbst durchlitten hatte.
Zweitens war er dahintergekommen, daß ihm der Akt des Tötens keine Freude bereitete. Er genoß die Zeit bis dahin, die Agonie und die Angst des Opfers, und das Gefühl, ein Leben verlöschen zu lassen, aber die Mühe, die es kostete, ein junges, gesundes Ding umzubringen, war wahrhaftig kein Spaß, nein, das war harte Arbeit. Es war ihm egal, ob sie an Blutvergiftung oder vor Verzweiflung starben, Hauptsache, er mußte nicht selbst Hand anlegen.
Und drittens, er brauchte einen sicheren Schlupfwinkel. Während der sechs Monate, die er bis zum Abschluß der Vorbereitungen brauchte, hatte er sich gedulden müssen. Was ihm nicht leichtgefallen war, aber dafür war beim nächsten Mal alles um so schöner gewesen.
Er dachte nicht daran, auf sein süßes, verstohlenes Vergnügen zu verzichten, bloß weil die Bowman sich eingebildet hatte, sie sei schlauer als er. Das Ganze war eine Sache sorgfältiger Planung. Und so schloß Jacko die Augen und dachte nach.
Carol holte tief Luft, klopfte an und marschierte mit einem forschen »Morgen, Jim« in Pendleburys Büro, als habe es nie auch nur einen Augenblick der Spannung zwischen ihnen gegeben.
»Carol«, sagte er überrascht, »bringen Sie Neuigkeiten?«
Sie setzte sich ihm gegenüber und schüttelte den Kopf. »Ich komme, um die Liste mit den Namen der freiwilligen, nicht vollzeitbeschäftigten Feuerwehrleute abzuholen.«
»Was denn? Ich dachte, Sie hätten nur Ihrem Gast zuliebe so getan, als fänden Sie diese dämliche Idee gut.«
»Bei Ermittlungen habe ich gute Erfahrungen mit Tonys Ideen gemacht«, sagte Carol.
»Glauben Sie im Ernst, daß ich Ihnen dabei helfe, meine Leute zu Sündenböcken zu stempeln?« konterte Pendlebury. »Immerhin sind das diejenigen, die den Kopf hinhalten, sooft wir zu einem Brandort gerufen werden.«
Carol seufzte verdrossen. »Ich versuche, dafür zu sorgen, daß Ihre Leute seltener gerufen werden. Außerdem geht’s auch um arme Teufel wie Tim Coughlan, der nicht mal geahnt hat, daß er in Gefahr ist. Hier findet keine Hexenjagd statt. Ich will keinen Unschuldigen festnageln, verstehen Sie das nicht? Sie wollen es doch nicht darauf ankommen lassen, daß ich mit einer richterlichen Anordnung hier auftauche.«
Sie starrten einander sekundenlang an, wie zwei Gegner, von denen jeder darauf wartet, daß der andere den Blick senkt. Nach einer Weile schüttelte Pendlebury resignierend den Kopf. »Ich geb sie Ihnen.« Sein Mund war ein Strich. »Aber Sie werden Ihren Brandstifter nicht darauf finden.«
»Das hoffe und wünsche ich mir sehr«, sagte Carol in ruhigem Ton. »Korruption ist eine häßliche Sache, bei der Feuerwehr genau wie bei der Polizei.«
Der Chief drehte sich abrupt weg, ging zum Aktenschrank, zog aus der untersten Schublade ein Blatt Papier heraus und warf es Carol hin, wie man einem Hund einen Knochen hinwirft: die Namen, Adressen und Telefonnummern der zwölf Freiwilligen, die Jim Pendleburys Seaforder Berufsfeuerwehr unterstützten. »Danke«, sagte Carol, »ich weiß das sehr zu schätzen.« Sie war schon auf dem Weg zur Tür, als ihr einfiel: »Noch was, Jim. Diese Brände – fallen die alle in die Zuständigkeit Ihrer Zentrale, oder gibt es ähnliche Fälle auch in der Umgebung?«
»Alle im Zentralbereich«, sagte Pendlebury, ohne sie anzusehen. »Sonst hätten Sie den Bogen Papier gar nicht gekriegt.«
»So was habe ich vermutet.« Carols Tonfall war eindeutig ein Friedensangebot. »Glauben Sie mir, Jim, niemand ist glücklicher als ich, wenn sich herausstellt, daß
Weitere Kostenlose Bücher