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Schlussblende

Schlussblende

Titel: Schlussblende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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verdutzt auf die drei Leute, die nach ihm ausstiegen, reagierte aber nur mit kaum merklich hochgezogenen Augenbrauen. »Der Wasserkessel steht auf dem Herd, das Bier im Kühlschrank.« Sie drückte Tony zur Begrüßung kurz den Arm. »Ist das Ihre Leibwache?«
    »Nicht ganz«, antwortete er trocken, »in Wirklichkeit befinde ich mich eher in Geiselhaft.« Er folgte Carol ins Haus, seine Begleiter blieben ihm, wie sie’s versprochen hatten, dicht auf den Fersen. »Sie erinnern sich an Kay, Leon und Simon? Sie haben mir angedroht, wie Kletten an mir zu kleben, bis ich bereit bin, sie bei der Aufklärung, wer Shaz ermordet hat, mitarbeiten zu lassen.« Im Wohnzimmer zeigte er mit dem Daumen aufs Sofa und die Sessel, die drei nahmen Platz. Tony wandte sich hilfesuchend an Carol. »Ich setze alle Hoffnung darauf, daß Sie es ihnen ausreden.«
    Carol schüttelte ungläubig den Kopf. »Was, die drei wollen freiwillig an einem echten Fall mitarbeiten? Ach Gott, wenn die Gerüchte, die im Umlauf sind, auch nur zur Hälfte stimmen, müßten sie eigentlich nach all dem Ärger um Mordfälle einen großen Bogen machen.«
    »Erst mal Kaffee«, schlug Tony vor, legte Carol die Hand auf die Schulter und dirigierte sie in die Küche.
    »Kommt sofort.«
    Tony kam hinter ihr her und drückte die Tür hinter ihnen zu. »’tschuldigung, daß ich so hier reinplatze, aber auf mich wollten die drei nicht hören. Das Problem ist, daß West Yorkshire offenbar in Simon den Hauptverdächtigen sieht, und ich rangiere mit knappem Abstand auf Platz zwei. Und die drei wollen das nicht akzeptieren, ohne etwas dagegen zu unternehmen. Aber Sie wissen, wie das bei der Jagd auf einen Serienmörder ist, Carol. Vor allem, wenn die Sache einen persönlichen Aspekt bekommt. Nur, die drei dort draußen haben nicht genug Erfahrung, um das richtig einzuschätzen. Vance oder irgend jemand aus seiner engsten Umgebung hat schon die beste und gescheiteste aus meiner Gruppe getötet. Ich möchte nicht noch mehr Tote auf dem Gewissen haben.«
    Carol löffelte Kaffee in den Filter und schaltete das Gerät ein. »Sie haben völlig recht«, sagte sie, »obwohl … nun, wenn ich mich nicht sehr irre, werden die drei die Sache auf jeden Fall weiter verfolgen. Die beste Gewähr, nicht noch einen Officer zu verlieren, wäre, wenn Sie Ihre drei Eleven am kurzen Zügel halten – also mit ihnen zusammenarbeiten. Lassen Sie sie die Laufarbeit machen, und die diffizilen Arbeiten, bei denen es auf Erfahrung ankommt, erledigen wir.«
    »Wir?«
    Carol schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Wieso habe ich plötzlich das Gefühl, mich in irgendwas einzumischen, was mich nichts angeht?« Sie gab Tony einen Stups. »Wären Sie so freundlich, schon mal Zucker, Milch und Becher aufs Tablett zu stellen und reinzubringen, ehe wir uns ernsthaft in die Wolle kriegen?«
    Auf dem Weg ins Wohnzimmer fing Tony an, sich mit dem Gedanken anzufreunden, daß er innerhalb weniger Stunden vom Einzelkämpfer zum Teamchef avanciert war. Bis Carol dann mit dem Kaffee nachkam, hatte er die drei anderen bereits davon unterrichtet, daß die Karten in ihrem Sinne neu gemischt waren.
    Er stellte sein Laptop auf den Eßtisch, steckte das Modem in den Telefonstecker und schloß den Transformator an. Während die anderen sich so um ihn gruppierten, daß sie auf den Bildschirm blicken konnten, fragte Carol: »Wie ist Ihre Vernehmung eigentlich gelaufen?«
    »Ich bin am Schluß einfach gegangen«, erwiderte er lakonisch und starrte weiter auf den Bildschirm. »Man könnte von einer feindseligen Atmosphäre sprechen. Für sie bin ich jemand, der nicht auf derselben Seite steht. In der für den Hauptverdächtigen reservierten Nische haben sie zwar Simon geparkt, weil er so dumm war, sich ausgerechnet für den Abend mit Shaz zu verabreden, an dem sie ermordet wurde. Aber mich haben sie ganz eindeutig auf der Reserveliste.« Er sah hoch, und da las Carol in seinen Augen, daß seine kaltschnäuzige Schnodderigkeit nur vorgetäuscht war, in Wirklichkeit fühlte er sich verletzt.
    »Blödes Pack«, murmelte Carol und stellte ihm seinen Kaffeebecher neben den Computer. »Aber so sind die Yorkshireburschen eben. Ich kann’s nicht fassen, daß sie sich nicht von euch helfen lassen.«
    Leon lachte kurz auf. »Wem sagen Sie das? Äh – darf man hier rauchen?«
    Carol sah, wie er nervös mit den Fingern auf die Schenkel trommelte. »Im Küchenschrank finden Sie einen Aschenbecher, über dem Wasserkessel.

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