Schlussblende
kommen Sie, Leon, uns können Sie ruhig sagen, was Sie wirklich von Dr. Hill und Simon McNeill halten. McNeill hat für die Bowman geschwärmt, aber sie war in den Doc verliebt, und deshalb hat Simon sie aus Eifersucht getötet, war’s nicht so? Oder dieser Hill wollte ihr an die Wäsche gehen, aber sie hat ihn wegen ihrer Verabredung mit Simon abblitzen lassen, und da hat er sie in einem Anfall von Eifersucht …‹ und so weiter und so weiter. Mehr Bullenscheiß, als ein Bauernhof im ganzen Monat produziert. So was macht mich fix und fertig.« Er zog eine Zigarette aus dem Päckchen, zögerte und fragte: »Darf ich?«
Tony nickte und deutete mit einem Kopfnicken auf den Kaktus neben ihm. »Benutzen Sie den Untersetzer als Aschenbecher.«
Kay beugte sich, die Ellbogen auf die Knie gestemmt, in ihrem Lehnstuhl vor. »Die können nicht mal übern Tellerrand gucken. Starren die ganze Zeit nur auf Sie und sehen sonst nichts. Am allerwenigsten scheint sie Shaz’ Theorie von einem Serienmörder zu interessieren. Das halten die natürlich für eine typisch blöde Frauenfantasie. Weil so was angeblich unsere Hormone zum Tanzen bringt. Also, wir finden, wenn die nicht tun, was getan werden muß, nehmen wir das Ganze selber in die Hand.«
»Darf ich auch mal was sagen?« fragte Tony.
Leon machte eine großzügige Geste. »Bitte, nur zu.«
»Ich verstehe gut, wie euch zumute ist, und das spricht für euch. Aber wir lösen hier keine Übungsaufgabe. Wir spielen auch nicht ›Fünf Klugscheißer jagen einen Psychopathen‹. Diese Sache ist höchst gefährlich, ob als Spiel oder als Jagd. Als ich’s das letzte Mal mit einem Serienmörder zu tun hatte, hätte mich das beinahe das Leben gekostet. Und bei allem Respekt vor eurer Erfahrung als Police Officer, in solchen Dingen habe ich, verdammt noch mal, mehr Erfahrung als ihr. So einen Fall löst man nicht mit dem Schulbuch unter’m Arm.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
»Wir wissen, daß es hier um harte Realität geht, Tony«, protestierte Kay. »Und wir wissen, daß Sie der Beste sind. Deshalb sind wir ja hier. Aber es gibt ein paar Dinge, die wir eher erledigen können als Sie, weil wir einen Dienstausweis haben und Sie nicht. Fremde Cops trauen allenfalls einem Cop, Ihnen nicht.«
Simons Mund wurde zu einem schmalen Strich. »Wenn Sie sich partout von uns nicht helfen lassen, müssen wir’s eben, so gut wir’s können, auf eigene Faust versuchen.«
Tony empfand das schrille Klingeln des Telefons wie eine Erlösung. »Hallo?«
»Ich bin’s«, sagte Carol. »Ich wollte nur hören, ob Sie vorankommen.«
Tony zögerte, preßte den Hörer ans Ohr und beäugte die drei Officer wie eine scharfe Bombe. »Das erzähle ich Ihnen lieber unter vier Augen.«
»Sie können gerade nicht reden?«
»Ich stecke gerade mitten in einer bestimmten Sache. Könnten wir uns später treffen?«
»In meinem Cottage? Um halb sieben?«
»Sagen wir lieber um sieben. Ich hab hier noch eine Menge zu erledigen, bevor ich weg kann.«
»Ich warte auf Sie. Fahren Sie vorsichtig.«
»Danke.« Er legte den Hörer auf und schloß ein paar Sekunden lang die Augen. Es war ihm gar nicht bewußt gewesen, wie isoliert er sich fühlte. Aber die Tatsache, daß es Police Officer wie Carol gab, die eines Tages die Mehrheit sein würden und ihn dann nicht mehr brauchten, machte ihm ein wenig Mut. Er öffnete die Augen und sah nacheinander Kay, Simon und Leon an. »Tut mir leid«, sagte er, »es bleibt bei meinem Nein.«
Kays Lächeln hätte einen Eisbären frieren lassen. »Gut, dann tritt ab sofort Plan B in Kraft. Wir bleiben an dem Fall dran, bis Sie uns ins Boot holen. Was Sie auch tun und wohin Sie auch gehen, wir hängen uns dran. Vierundzwanzig Stunden am Tag. Drei gegen einen.«
»Womit Sie verdammt miese Karten haben.« Leon zündete sich an der noch glimmenden Kippe die nächste Zigarette an.
Tony seufzte. »Also gut, wenn ihr schon nicht auf mich hören wollt, hört ihr vielleicht auf jemanden, der sich auf dem Terrain auskennt.«
Tonys Auto quälte sich mit altersschwach ächzender Federung die Schlaglochstrecke von der Straße zum Haus hinauf. Als die letzte Biegung hinter ihnen lag, sah er erleichtert, daß im Cottage Licht brannte. Und als er ausstieg und die Wagentür hinter sich zuwarf, stand sie unter der Haustür. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so froh gewesen war, irgendwo auf fremdem Territorium Zuflucht zu finden.
Carol starrte etwas
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