Schlussblende
entlarvte. Einheimische kannten den verbissenen Kleinkrieg konkurrierender Busunternehmen und das daraus resultierende Durcheinander, für sie waren die ausgehängten Fahrpläne allenfalls ein schlechter Witz.
Tony ging weiter bis zur Kreuzung und warf, wie man das eben tut, wenn man eine Straße überqueren will, einen Blick über die Schulter zurück. Die Limousine hatte gewendet und kam, gut vier Wagenlängen hinter ihm, die Straße heruntergekrochen. Nun gab es keine Zweifel mehr. Wenn das alles war, was die örtliche Polizei zu bieten hatte, mußte Shaz’ Mörder sich keine allzu großen Sorgen machen.
Er kaufte eine Abendzeitung und überflog auf dem Heimweg den Bericht über die Pressekonferenz. Wenigstens hatten sie sich so weit bedeckt gehalten, daß niemand unnötig aufgeschreckt werden konnte. Entweder wollten sie das Wenige, was sie wußten, nicht preisgeben, oder sie wußten tatsächlich nur das, was der Pressebericht widerspiegelte, also so gut wie nichts. Tony tippte auf die zweite Möglichkeit.
Zu Hause prüfte er zuerst unter dem Vorwand, den Vorhang zuzuziehen, damit die Sonne ihn nicht bei der Arbeit am Computer störte, was seine Bewacher machten. Beide saßen wieder im Auto, das an derselben Stelle parkte wie vorhin. Worauf warteten die Burschen bloß? Was dachten sie, was er anstellte?
Wenn die Überwachungsaktion nicht so unverschämt gewesen wäre, hätte er das Ganze spaßig finden können. Er griff zum Telefon und tippte die Nummer von Paul Bishops Handy ein.
»Paul? Du wirst’s nicht glauben, McCormick und Wharton haben sich in die Idee verrannt, daß jemand von uns Shaz getötet haben muß. Und zwar, weil sie außer meinen Officer und mir niemanden hier gekannt hat.«
»Ich weiß.« Bishop klang bedrückt. »Aber was kann ich dagegen tun? Sie leiten die Ermittlungen. Wenn’s dir ein Trost ist, sie haben inzwischen bei Shaz’ früherer Dienststelle angefragt, ob es dort vielleicht jemanden gibt, der so mit ihr über Kreuz war, daß er oder sie Shaz möglicherweise bis hierher verfolgt hat. Und dabei hat sich etwas Interessantes ergeben. Eine frühere Kollegin, Sergeant beim CID , hat ausgesagt, sie habe Shaz indirekt geholfen, für Samstag vormittag eine Verabredung mit Jacko Vance zu treffen. Sieht ganz so aus, als sei DC Bowman fest entschlossen gewesen, ihrer Idee wegen der verschwundenen Teenager auf den Grund zu gehen.«
Tony schnaufte erleichtert. »Na, Gott sei Dank. Jetzt fangen sie vielleicht an, uns ernst zu nehmen. Ich meine, sie müssen sich ja zumindest fragen, warum Vance sich nicht von selber gemeldet hat, obwohl Shaz’ Foto in allen Zeitungen war.«
»Da gibt’s nur einen Haken«, sagte Bishop. »Vance’ Frau hat nämlich am Montag morgen bei der Polizei angerufen und mitgeteilt, daß Shaz am Samstag vormittag bei ihnen im Haus gewesen ist. Wie sie sagt, hat ihr Mann zum Zeitpunkt ihres Anrufs noch geschlafen. Er konnte also noch keinen Blick in die Zeitung geworfen haben, und damit entfällt der Verdacht, daß er irgendwas totschweigen wollte.«
»Aber sie werden doch wenigstens mit ihm reden?«
»Davon gehe ich aus.«
»Also müssen sie ihn zu den Verdächtigen rechnen.«
Bishop seufzte. »Tony, das Problem ist, daß ich den für die Ermittlung Zuständigen zwar Empfehlungen geben kann, aber nicht befugt bin, ihnen in ihre Arbeit reinzureden.«
»Nun, nach allem, was ich höre, warst du damit einverstanden, daß die Gruppe de facto vom Dienst suspendiert ist«, hielt Tony ihm vor. »Dazu hättest du nicht unbedingt ja und amen sagen müssen.«
»Ach komm, Tony, du weißt selbst, wie schwierig die Situation unserer Task Force hier ist. Das Innenministerium wünscht keine Spannungen zwischen uns und den örtlichen Behörden. Daher hätte es keinen Zweck gehabt, auf stur zu schalten. Die Gruppe ist ja nicht aufgelöst. Wir sind sozusagen in der Warteschleife, bis der Fall gelöst oder zumindest aus den Schlagzeilen ist. Sieh’s einfach als eine Art Sonderurlaub an.«
Für Tony das Stichwort, zum eigentlichen Grund seines Anrufs zu kommen. »Schöner Sonderurlaub, wenn ich observiert werde und zwei Keystone Cops vor meiner Haustür herumlungern.«
»Soll das ein Witz sein?«
»Schön wär’s. Erst haben sie mir nach der Anhörung ziemlich unverblümt zu verstehen gegeben, daß ich einer ihrer Hauptverdächtigen bin, und nun hetzen sie mir auch noch zwei Aufpasser auf den Hals. Das geht entschieden zu weit, Paul.«
Er hörte Bishop tief durchatmen.
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