Schmerzlos: Thriller (German Edition)
keinen richtigen Widerstand leisten. Ich drückte auf ihre gebrochenen Knochen und bog ihre Hand in einem Winkel herum, den sie unter normalen Umständen nie erreicht hätte. Und dann setzte ich ihr die Waffe an die Schläfe.
Ihr Blick wurde klar. Plötzlich schien sie etwas zu begreifen. »Eine Frau. Du.«
Ich sah ihr fest in die Augen, als ich ihren Zeigefinger gegen den Abzug presste. Der Schuss klingelte mir in den Ohren.
Alles begann zu fallen. Die Waffe. Coyote. Ich. Der Rückstoß schleuderte mich zur Seite, und das Gerüst schwankte schlimmer als zuvor. Ich hielt mich an der Plattform fest, doch die gesamte Konstruktion kippte um wie ein erlegtes Tier. Ich rollte mich zur Seite und drehte mich mit Kai Torrance um mich selbst, während ich in die Tiefe stürzte.
38. Kapitel
Es bleiben nur Bruchstücke. Erinnerungen wie bunte Glassplitter, die hin und wieder im Licht aufblitzen.
Der Sturz. Luft und Schwärze, der Gedanke: Mist, das wird wehtun.
Ich liege auf dem Marmor, den zerschmetterten Körper von Kai Torrance unter mir. Die Stimme meiner Mutter. Jesse, der rückwärts über die Treppe nach unten rollt, während er sich am Geländer festhält und die ganze Zeit meinen Namen ruft.
Blitzlichter in Blau und Rot. Einsatzteams des LAPD, die die Fenster auf der Vorderseite mit einer Ramme zerschmettern.
Jesses Gesicht neben meinem, nachdem er sich auf den Boden hat fallen lassen. Seine Hand auf meiner Wange. Meine Mutter auf der anderen Seite, die mich festhält.
Ich hebe die Hand, meine Finger berühren sie, ich höre sie etwas sagen. Alles in Ordnung. Schock. Schmerzen.
Der Rest der Nacht und die nächsten zwei Tage verschwimmen im Schatten. Ich verbrachte sie vollgepumpt mit Beruhigungsmitteln im Medical Center der UCLA. Als ich wieder einigermaßen bei mir war, sah ich meine Mutter am Fenster stehen. Ihr Arm steckte in einer Schlinge, und sie wirkte sehr blass und zart. Mein Vater döste auf einem harten Stuhl, ein offenes Buch auf dem Schoß. Jesse saß neben mir. Kopf und Schultern ruhten auf dem Bett, seine Hand hielt die meine. Er hatte eine Nacht im Gefängnis verbracht, bevor Captain McCracken und Special Agent Dan Heaney die Polizei von Los Angeles davon überzeugt hatten, dass er zu den Guten gehörte. Man würde keine Anklage gegen ihn erheben.
Kai Torrance war schon tot gewesen, als wir aufschlugen.
Maureen Swayze lag auf der Intensivstation und wurde künstlich beatmet. Die Ärzte wussten nicht, ob sie überleben würde. Das Gift in der Spritze war eine genetisch veränderte Variante von Tetrodotoxin, dem Nervengift, das in Kugelfischen enthalten ist. Primacon hatte die Möglichkeit erforscht, das Gift zur Behandlung von Parkinson und Epilepsie einzusetzen. Swayzes Herz und ihr Nervensystem waren geschädigt, sie war teilweise gelähmt und hatte entsetzliche Schmerzen. Und sie war bei klarem Verstand. Als man sie fragte, ob sie den Namen ihres nächsten Angehörigen aufschreiben könne, nahm sie den Stift und kritzelte Töten Sie mich. Meine Mutter klang völlig ruhig, als sie es mir erzählte.
Danach schlief ich wie ein Murmeltier.
In der nächsten Woche, nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus und nachdem der Pick-up aus der Werkstatt gekommen war, fuhren Jesse und ich in die Wüste. Mein linker Arm war in Gips. Mein Becken hatte einen Haarriss, doch außer Ruhe gab es dafür keine Behandlung. Ich hatte eine Kernspintomografie und ein Dutzend Bluttests über mich ergehen lassen, die alle darauf schließen ließen, dass ich nicht mit South Star infiziert war. Jesse hatte den Ellbogen auf das geöffnete Seitenfenster gelegt. Aus den Lautsprechern kam Trisha Yearwood, eine herzerweichende Countrymusic, ein großzügiges Angebot seinerseits und noch ein Grund, warum ich diesen Mann so liebte. Der Himmel war strahlend blau. Gemächlich zog ein Falke über uns seine Kreise und suchte nach Beute.
Im Norden von China Lake bog Jesse vom Highway ab und folgte der alten Straße den Hügel hinauf. Es war später Nachmittag, und die Sonne stand schon recht tief am Himmel. Gewitterwolken dräuten über den Bergen. Er parkte den Wagen, und wir wanderten über den steinigen Boden bis zum Aussichtspunkt. Jenseits des Tals ragten die Sierras auf.
In meinem Arm lag ein Strauß weißer Rosen. Ich nahm eine davon.
»Für Kelly.«
Ich warf sie in den Wind.
Dann nahm ich noch eine. »Für Ceci.«
Und so ging es weiter, eine Rose für jeden von ihnen. Ich blieb ganz ruhig, bis ich bei
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