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Schmerzspuren

Titel: Schmerzspuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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absichtlich irgendwas zu treffen. Weder Ball noch Gegner. So was passiert einfach. Hockey ist kein Halma.«
    »Aber spielen kannst du damit wohl erst mal nicht, was?«
    »Auf gar keinen Fall. Ich bin froh, wenn ich damit zur Schule komm. Zwiebelt total.«
    »Dann ist es ja auch fürs Erste nichts mit der Band.«
    »Wieso das denn?«
    Jetzt wird mir übel.
    »Wie willst du denn die Fußmaschine mit dem Fuß bedienen? Das kannst du doch vergessen.«
    Sie weiß es. Sie weiß ganz genau, dass ich bluffe. Und jetzt weiß sie, dass ich weiß, dass sie weiß, dass ich bluffe. Ich starre die Wolken an. Eine sieht aus wie ein kläffender Hund.
    »Dann spiele ich eben nur mit den Händen
    »Hast du uns nicht damals erklärt, dass du unbedingt eine Fußmaschine brauchst, weil das sonst ist wie Gitarrespielen mit drei Saiten?«
    Sie guckt mich von der Seite an. Die Stille pulsiert in mir.

    »Netter Versuch, Ben. Jetzt mäh mal den Rasen und wir reden heute Abend drüber.«
     
    Ich hätte echt Lust, mal eben über das Stromkabel von dem Scheißmäher zu fahren. Zack. Ab. Ich könnte mir natürlich auch über den Fuß fahren. Ich stelle mir vor, wie das Messer erst den Turnschuh zertrennt. Wie eine Klinge durch warme Butter. Dann würde Fleisch fliegen, Blut spritzen. Am Knochen würde es knacken. Kurz. Ich zucke. Wegen der Vorstellung. Und weil da die Gedanken sind. Ich schiebe das Bild schnell weg. In die letzte Ecke. Außerdem hätte sich das mit Hockey dann wirklich erledigt. Dann hätte sich so ziemlich alles erledigt. Scheißidee. Wütend schiebe ich über die Wiese. Als ich den Auffangkorb ausleere, stelle ich zu spät fest, dass wohl wieder irgendeine Katze in unseren Garten gekackt hat.
     
    Ich gehe direkt in die Offensive. Noch vor dem ersten Bissen. Sage, dass es blöd von mir war, sie anzulügen.
    »Interessant, was du deinen Schuhen so erzählst, aber kannst du uns vielleicht mal angucken?«
    Ich starre meinem Vater ins Gesicht. Was verlangen sie denn noch? Muss ich auf die Knie gehen? Meine Mutter versucht einzulenken.
    »Na ja, mit der Frisur ist es doch eigentlich egal, wohin Ben guckt. Seine Augen sieht man ja eh nicht,.« Sie lacht ein bisschen. Ich finde das gar nicht witzig.
    »Was ist mit meiner Frisur?«
    »Die könnte eine Haarklammer vertragen«, antwortet meine Mutter.

    »Darf ich ab sofort Oma zu dir sagen? Du hast definitiv ihren Spießigkeitslevel erreicht.«
    Mein Vater runzelt die Stirn. Seine Mutter soll hier wohl nicht als Schimpfwort herhalten. Meine Mutter sieht versteinert aus. Irgendwas läuft hier deutlich aus dem Ruder.
    »Aber in Omas Pool planschst du ganz gern, oder?«
    Mein Vater wirkt echt beleidigt.
    »Von mir aus kann sie den auch im Keller ihres Heims aufstellen und darin kollektives Krampfader-Wassertreten veranstalten. Oder Seebestattungen. Das ist mir so was von scheißegal.«
    »Raus.«
    Ich folge der Aufforderung sofort.
    So sollte das doch nicht laufen. Warum hacken die nur auf mir rum? Es ist doch eh egal, was ich mache. Falsch ist es auf jeden Fall. Wenn ich brav gute Noten nach Hause bringe, ist alles okay. Aber wehe, ich treffe mal eine eigene Entscheidung und habe keinen Bock mehr auf den Sport, den mein Vater gut findet. Dann bin ich der Arsch. Ich kann ja froh sein, dass er selber früher Musik gemacht hat. Sonst dürfte ich wahrscheinlich niemals in einer Band spielen. Eigentlich gut, dass er so viel arbeitet. Sonst wäre er am Ende noch im Schützenverein oder in der freiwilligen Feuerwehr und ich müsste auch immer in so beknackten Uniformen rumlaufen. In meinem Zimmer feuer ich meine Sporttasche unters Bett, wo es bedenklich knistert. Irgendwie haben sich da im Lauf der letzten Wochen ziemlich viele Burger-Schachteln angesammelt. Ich sammel alle ein und bring sie runter. Am besten stecke ich sie gleich in die Mülltonne vom Nachbarn, sonst kann ich mir bald
einen Vortrag über gesunde Ernährung anhören. Vor der Tür wehen ein paar Worte von unserer Terrasse rüber. Meine Mutter seufzt was von »zu wenig zu Hause«. Ich frage mich, wen sie damit meint. Für meinen Geschmack sind wir hier alle oft genug zu Hause. Vor allem gleichzeitig. Wahrscheinlich meint sie wieder sich selbst. Ungefähr zwei Mal im Jahr kriegt sie ihren Schlechtes-Gewissen-Tag. Dann scharwenzelt sie andauernd um mich rum und sagt so Sachen wie »Du weißt ja, dass ich immer für dich da bin. Auch im Institut kannst du mich jederzeit erreichen. Du bist mir wirklich wichtiger als die Arbeit im

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