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Schmetterlinge im Gepaeck

Schmetterlinge im Gepaeck

Titel: Schmetterlinge im Gepaeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Perkins
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siehst du darin?«
    Â»Ã„hm, vielleicht einen Mond? Mit einem … Stiel, der herausragt?«
    Â»Wie wär’s mit einer Kirsche?«
    Â»Ja, genau!«
    Â»Kirschen stehen für die erste Liebe. Mit anderen Worten, dieser Weg, auf dem du dich befindest, führt zur ersten Liebe.«
    Ich bewege mich ruckartig und stoße mit dem Bein gegen den Tisch. Da sich Norah überhaupt nicht erschreckt, nehme ich an, sie hat mit dieser Reaktion gerechnet. Weiß sie, was ich für Cricket empfinde? Oder besser, was ich früher für ihn empfunden habe? Sie war immer wieder hier, aber wie viel hat sie mitbekommen?
    Nein, Norah macht sich doch nur lustig über mich.
    Sie zögert. »Wie wär’s, wenn du mir sagst, welche Formen du in der Tasse erkennst?«
    Ich blicke mehrere Minuten lang hinein. Ich suche nach Hunden oder Schuhen oder irgendetwas anderem Erkennbaren, aber ich sehe nur nasse Teeblätter. Meine Augen kehren immer wieder zu der Kirsche zurück. Ich stelle die Tasse ab. »Ich weiß nicht. Auf der Seite ist ein Haufen Zweige. Und ein Schnörkel.«
    Â»Okay. Die Schlaufe ist in der Nähe vom Rand, das bedeutet, du handelst impulsiv – oder wirst bald impulsiv handeln.«
    Â»Ist das gut oder schlecht?«
    Sie zuckt die Achseln. »Kann beides sein, aber sind Dinge, die man aus einem Impuls heraus tut, jemals gut?«
    Â»Hast du das von deinem Therapeuten?«, blaffe ich sie an.
    Norahs Tonfall wird düster. »Siehst du, wie die Zweige übereinanderliegen? Das lässt auf eine Reihe von Streits schließen. Die normalerweise zu einer Trennung führen.« Ihre Stimme klingt barsch.
    Â»Eine Trennung.« Ich stehe auf. »Vielen Dank auch. Das war echt lehrreich.«
    Streits, Trennungen, Impulse. Wolken der Verwirrung. Ich dachte immer, das Wahrsagen soll Leuten dabei helfen, sich mit ihrem Leben besser zu fühlen. Ich dachte, deshalb zahlen Leute Geld dafür. Und eine Reise zur ersten Liebe? Nur weil Max sie beleidigt hat, muss sie mich noch lange nicht in die Arme eines anderen Jungen treiben.
    Auch wenn die Form wirklich wie eine Kirsche aussah.
    Keine Ahnung, warum ich überhaupt über diesen Unsinn nachdenke. Norah findet, dass meine Kostüme Lügen sind und nichts zu bedeuten haben? Sie sollte mal in den Spiegel sehen. Ihrer ganzen Existenz – oder was davon übrig ist – fehlt es an Bedeutung. Wütend putze ich mir die Zähne und mache mich fürs Bett fertig. Dann schalte ich gerade in dem Moment das Licht aus, als eines auf der anderen Seite meines Vorhangs angeht.
    Also bleibt er über Nacht.
    Ob er mit Calliope geredet hat? Hoffentlich bekommt er sein Projekt fürs Studium rechtzeitig fertig, was immer es ist. Wahrscheinlich aber nicht. Ich werfe mich im Bett herum und kann nicht schlafen. Wegen meines schlechten Gewissens Cricket gegenüber, wegen des Koffeins im Tee und wegen dieser bescheuerten Kirsche. Vielleicht stehen Kirschen gar nicht für die erste Liebe. Vielleicht stehen sie für denjenigen, an den man seine Unschuld verliert. Das wäre doch logischer. Und in dem Fall führt mein Weg zu Max.
    Bedeutet das, dass ich auf dem richtigen Weg bin?
    Ich höre, wie sein Fenster aufgleitet.
    Und dann … nichts weiter.
    Keine Ahnung, warum, aber ich rechne damit, dass er mich ruft. Er tut es nicht. Ich schnappe mir meine Brille, klettere aus dem Bett und spähe durch die Dunkelheit. Cricket blickt in den Himmel. Ich beobachte ihn lautlos. Er bewegt sich nicht. Ich greife nach meinem Vorhang, dieser Impuls, den ich nicht unter Kontrolle habe, und öffne mein Fenster. »Hi«, sage ich.
    Er sieht mich direkt an. Sein Blick wirkt fern, so als würde er immer noch zu den Sternen hinaufsehen.
    Â»Ist mit deiner Schwester alles in Ordnung?«
    Cricket nickt langsam. »Sie wird’s überleben.«
    Â»Tut mir leid wegen deinem Projekt.«
    Â»Mach dir keine Sorgen deswegen.«
    Â»Meinst du, du schaffst es noch?«
    Â»Vielleicht.«
    Â»Möchtest … Möchtest du die Bilder haben?«
    Ein schwaches Lächeln. »Klar.«
    Â»Okay. Warte.« Ich durchsuche die Stapel auf meinen Fußboden, bis ich den Hefter mit Abbildungen finde, die ich mir aus dem Internet ausgedruckt und aus Büchern kopiert habe – all die Anregungen für mein Kleid, die ich gesammelt habe, seit ich Max Anfang des Sommers zum ersten Mal begegnet bin. Ich kehre an mein

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