Schmetterlingsgeschichten - Chronik III - One (German Edition)
grinsen.
»Wartet,
bis Sebastian kommt. Ihr Arschlöcher.«
Als
Herr Feuerstiel unten an der Treppe angekommen war, stand die Türe offen. Er
konnte erkennen, wie Julia noch etwas in den Kofferraum presste. Die
Kofferraumtüre war hochgeklappt und das kleine Licht beleuchtete leicht Julias
Gesicht. Seine Tochter wirkte ebenfalls wie ein Engel, was ihn jetzt noch
wütender machte. Dann sah er den Baseballschläger, den er ja neben die Tür
gestellt hatte, nahm ihn, ging automatisch zum Auto und klemmte ihn hinter
seinem Rücksitz so ein, dass er ihn schnell würde ziehen können.
»Jetzt
warten wir nur noch auf Sarah«, sagte er zum unendlichsten Mal zu Julia und
schaute auf die Armbanduhr.
»Wo
bleibt nur Uwe?«, fragte Julia sichtlich nervös und schaute die Straße auf und
ab.
Uwe
Leidenvoll wollte mit seiner Frau und seinen Kindern schon längst da sein.
»Hmm.
Mach dir keine Sorgen. Er ist ein vernünftiger Kerl. Wenn sie zu spät kommen, dann
hat das seinen guten Grund.«
Doch
ein wenig ließ sich Herr Feuerstiel schon von der Sorge Julias anstecken. Uwe
war nämlich sonst eigentlich eher zu früh als zu spät. Was andersrum bedeutete,
wenn Uwe pünktlich zu einem Termin kam, war er aus eigener Sicht schon zu spät
dran. Und wenn er weit über diesem Zeitpunkt war, dann konnte es nur etwas Ernstes
bedeuten.
Besorgt
schaute Vater Feuerstiel auf der Straße in Strümp an den Himmel in Richtung
Büderich.
Seit
nicht knapp einer Woche leuchtete dort demonstrativ ein roter Lichtstrahl in
die Sterne, der von der Präsenz der Landungsschiffe der Union zeugte.
Die
armen Büdericher.
So
gut wie niemand hatte in ganz Meerbusch seine Häuser verlassen dürfen. Sie
hatten eine Ausgangssperre verhängt. Es hieß, die Union würde den Abtransport
von Meerbuschern vorbereiten. Vater Feuerstiel lief ein kalter Schauer
herunter.
»Wollt
ihr abhauen?«, fragte ihn plötzlich eine Stimme aus der Nacht. Erschrocken
richtete Herr Feuerstiel wieder seinen Blick weg von dem anziehend wirkenden
Strahl zurück in die Wirklichkeit auf der Straße.
Etwas
gebückt, so, als wolle sie besonders geheimnisvoll wirken, stand ihre Nachbarin
Frau Hollweg-Müller neben ihm.
»Scheiße«,
dachte Herr Feuerstiel. »Wie hat die uns mitbekommen? Die sollte doch um diese
Uhrzeit pennen. Kacke. Nur wir und die Leidenvolls. Mist.«
Die
Reaktion von Herr Feuerstiel verriet alles.
»Wir
auch! Wollt ihr mitkommen? Wir wollen nach Norden. Aber erstmal nach Holland.
Es heißt, das Ruhrgebiet ist stark besetzt. Weil da so viele Menschen wohnen.
Starke Truppenkontingente dort. Erst nach Holland und von da aus wieder schräg
nach oben.«
Herr
Feuerstiel schaute drein wie ein UFO.
»Mist,
Mist, Mist. Jetzt müssen wir sie mitnehmen. Mist, Mist, Mist.«
In
dem Moment kam Frau Feuerstiel angezogen und abmarschbereit aus dem Haus.
»Ach,
ihr kommt auch mit nach unten? Warum hast du mir das nicht gesagt, Schatz?«,
sagte Frau Feuerstiel direkt fröhlich und umarmte ihre Nachbarin herzlich.
Jetzt
konnte Herr Feuerstiel in der Garageneinfahrt gegenüber auch seinen Nachbarn
Herrn Hollweg-Müller ausmachen, der ihm fröhlich zuwinkte, während er ebenfalls
den Wagen für die Flucht packte.
»Wie?
Nach unten?«, fragte ihre Nachbarin jetzt ganz verdutzt. Doch das Scheppern
eines krachenden Auspuffs lenkte alle Beteiligten ab.
Uwe
Leidenvoll kam mit Familie angebraust und hatte sich, weil er zu schnell
gefahren war, seinen Auspuff an einem der »Zone-30-Hügel« abgerissen. Dabei war
er nur mit 20 gefahren.
Dementsprechend
wütend stieg er aus dem Wagen aus, und Barbara Leidenvoll schaute ihn
mitfühlend an. Er hatte sich so eine Mühe gegeben, ihre Flucht so heimlich wie
möglich durchzuziehen, und dann schepperten sie wie eine Alarmglocke durch die
Nachbarschaft.
Hinzukam
die absolute Unsicherheit über die Situation, in der sie gerade steckten, die im
Gesicht von Barbara Leidenvoll deutlich abzulesen war. »Man muss sich vor Augen
halten, dass ihre komplette Welt, in der sie eine Familie gegründet und eine
wunderschöne Zukunft hatte, mit einem Mal vollständig weggerissen ist. Die Arme«,
dachte Frau Feuerstiel sofort, ging zu ihr, zog sie aus dem Beifahrersitz hoch
und umarmte sie. Sofort fing sie lauthals an, zu weinen und zu schluchzen.
Dabei
wurden Lars Feuerstiel und Uwe sichtlich nervös, denn auf einmal fing auch Frau
Feuerstiel an, zu weinen. Schon ging ein weiteres Licht
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