Schmetterlingsgeschichten - Chronik V - (R)Evolution (German Edition)
nicht.
Als
der Offizier ihn danach fragte, schüttelte der Mann in seinem feinen Anzug den
Kopf. Sein Blick schweifte von dem Soldaten weg auf einen der großen,
öffentlichen Vid-Schirme, die hier massenweise zur Unterhaltung hingen. Dort
wurde gerade eine komische breiige, ja geradezu widerliche Masse gezeigt.
»Sind
dies die sterblichen Überreste von Oberst Franklin?«, fragte die Stimme eines
Moderators. Die Kamera zoomte näher heran. Einige der Gäste, die sich die
Bilder anschauten, rümpften bereits die Nasen. Sie standen zu dicht daran. Die
Geruchsfunktion der Monitore war anscheinend bei diesen Dämpfen nicht gemildert
worden, so dass einige sofort mit der Übelkeit zu kämpfen hatten. Bestialisch
musste der Gestank sein, der dort durch den Vid-Screen übertragen wurde. Das
grün-gelbe Gemisch schien direkt aus der Hölle zu kommen. Nun wusste Elbono,
dass er bereits da war.
»Das
ist bereits der vierte Tote innerhalb von 36 Stunden«, hörte Dr. Sandokan
Elbono noch, als er von den Bildern weggerissen wurde.
»Sir?«,
fragte der Nila neben ihm.
Elbono
schaute ihn nichtssagend an.
»Wenn
sie mir bitte weiter folgen würden!«
Der
Nila führte ihn vorbei an Ständen, bei deren hoher Anzahl er überhaupt nicht
wusste, was sie dort alles verkauften. Bei solchen, an denen kostenlose Speisen
und Getränke auf die Passagiere warteten, war das Gedränge groß. Elbono musste
lächeln. Gier war überall gleich präsent – er wusste, dass er hier richtig war.
Kaum
hatten sie das Portal verlassen und die Nila-Wachen passiert, da wartete schon
ein Sextenta auf sie. Das sechsrädrige Gefährt war eine Art Großraumlimousine.
Sie hatten sie nur für ihn hierherbestellt. Als die ersten Damen, die mit an
der Einsteigezone warteten, sahen, dass dieser Wagen ganz allein für den Mann
in dem feinen Anzug war, warfen sie ihm sofort lüsterne Blicke zu. Und nicht
nur eine tat dies ungeniert, neben ihrem Mann stehend.
Ein
Mann empörte sich. Elbono löste allein mit seiner Gegenwart einen Streit aus.
Ein anderer Mann freute sich gar, dass seine Frau auf diese besondere Person
stand.
Der
Nila schloss von außen die Türe, klopfte auf das Dach des Wagens und er fuhr
los.
Es
dauerte lediglich zehn Minuten, da befanden sie sich schon rund 500 Kilometer
weiter. Der Wagen stoppte und ein hinteres Seitenfen-ster fuhr herunter.
»Guten
Abend, Sir«, blickte eine Nila-Wache in roter Galauniform hinein. »Dürfte ich
bitte ihre Karte sehen?«
Ohne
ein Wort zu sagen, griff Dr. Sandokan Elbono in die Innentasche seines Jacketts
und zog das Einladungsschreiben heraus. Als die Wache dies las, wurde sie mit
einem Mal blass im Gesicht, dann verwandelte sich der Gesichtsausdruck in
reinen Stolz.
Die
Karte trug eine persönliche Unterschrift von Claudius Brutus Drachus! Dieser
Mann war einzigartig!
Die
Nila-Wache schob hier am äußersten Ring des riesigen Areals der Residenz seinen
Dienst – Claudius Brutus Drachus hatte er noch nie gesehen… und würde es auch
nicht, mit aller Wahrscheinlichkeit. Die Wache hatte zehn Jahre studiert, sich
danach zehn Jahre bei den Troopers als Verbindungsoffizier zu den Nilas bewährt
und war außerordentlich kampferfahren. Aber dass er jemals den Vorsitzenden der
Union persönlich sehen würde, das war so gut wie ausgeschlossen.
»Es
ist mir eine große Ehre«, salutierte er sofort, hob die Hand zum militärischen
Gruß und schlug dabei die Hacken zusammen.
Der
Wagen wurde durchgewunken. Es dauerte lediglich weitere fünf Minuten, da
erreichte er sein Ziel.
Ein
weiterer Nila-Offizier öffnete in seiner roten Galauniform die Tür. Dr.
Sandokan Elbono schaute ihn kaum an. Sie waren irgendwo – wo genau, das konnte
der Wissenschaftler nicht sagen. Er würde hier von alleine nicht wieder
rausfinden – aber das war egal. Der Standort, der Platz, auf dem er sich
befand, lag unmittelbar in der Nähe eines weiten Eingangs. Hier herrschte
absolute Ruhe. Es war verwunderlich, dass es hier »Stille« gab.
Elbonos
Ausstiegpunkt war eine Rasenfläche. In der Mitte stand ein Kunstwerk. Es interessierte
ihn nicht. Die Grünfläche war so groß wie zwei Fußballfelder. Der Rasen war von
einer Mauer umgeben. Besser: Es waren die angrenzenden Palastgebäude mit ihren
kunstvollen Verzierungen. In diesen Marmorkomplex schien einfach ein kleiner
Park in Form dieser Grünfläche eingelassen worden zu sein. An allen vier Seiten
waren riesige Portale eingelassen, die den
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