Schmetterlingsgeschichten - Chronik V - (R)Evolution (German Edition)
erzeugten eine solch hohe Nachkommenschaft,
dass sie ruhig von einer »Armee« sprechen konnten. Die Nilas schafften ihren
Nachwuchs bereits seit Wochen reihenweise weg, raus auf die Auslaufflächen der
»Farmen«, oben auf dem toten Planeten. So hatten sie es auch schon mit der Vorgängergeneration
gemacht. Ihre Armee war unbesiegbar geworden.
Claudius
Brutus Drachus wusste, was er an ihm hatte – und was er durch ihn hatte: Das
Gefährlichste, was das Universum jemals erzeugen konnte.
Seine
»Monster« – er nannte sie selber so, da gab es eigentlich gar keinen Hehl draus
zu machen, das musste man einfach so sehen – waren die beste Waffe, die
vielleicht nie mehr übertrumpft werden konnte. Was sie mit der Züchtung
weiterer Generationen machten, diente eigentlich nur der Perfektion. Er konnte
sich nicht vorstellen, dass es eine andere Erfindung geben würde, die das
schlagen könnte – damit legte er der Union die Unbesiegbarkeit in den Schoß.
Vielleicht würde Brutus ihn nach erledigter Arbeit an seinen Hof holen?
Vorstellbar
wäre es. Solch eine Leistung war einmalig.
Und
ohne das Wissen, dass es ganz am Ursprung auf Zufall beruhte, musste der
Vorsitzende der Union ihn einfach für einen der hellsten Köpfe aller Galaxien
halten, ja des gesamten Universums. Vielleicht würde man ihn dann ja in
zwanzig, dreißig Jahren in die Geschichtsbücher aufnehmen?
Hier
ruhte die wahre Unsterblichkeit ebenso wie in der Erhaltung ihrer selbst in
Form von eigenen Nachkommen.
Claudius
würde ihn mit Frauen überschütten. Da war sich Dr. Sandokan Elbono sicher. Vielleicht
schenkte er ihm ja auch eines seiner Weibchen? Als Lohn?
Während
er über all dies nachgedacht hatte, hatte sich der Wissenschaftler auf den Weg
gemacht, um zu einem der Männer zu gelangen, die sie untersuchten.
Die
Truppe hatte nie irgendwelche Auffälligkeiten geboten, war nie unangenehm in
Erscheinung getreten. Und die Nilas, die für die innere Sicherheit, die Spitzel
der Nilas innerhalb der Nilas, zuständig waren, bescheinigten ihnen Loyalität.
Solche Männer waren selten. Eigentlich wollte er sie nicht verlieren. Einen
Großteil dieser Loyalität verdankte er zweifelsohne dem bereits heute hohen
Einkommen, das alle hier hatten. Sie machten halt besondere Aufgaben, die auch
besondere Zuwendungen brauchten.
Es
waren nur noch zwei Schleusen, die er passieren musste, dann war er da. Nach
den Routine-Sicherheitschecks gelangte er schnell in den Gang, an den die sechs
Quartiere angeschlossen waren. Sie hatten Wände aus Glas, vor und hinter denen
noch Schutzschilde flackerten. Die Zellen hatten eine eigene Luftversorgung
mit Wiederaufbereitungssystem. Auch zu ihnen gab es keine einfachen Türen,
sondern ebenfalls wie die Frontwände Schleusen, die durchsichtig waren. Als er
ankam, hatte der zuständige Arzt zusammen mit einem Biochemiker die Arbeit
anscheinend gerade aufgenommen.
Dr.
Sandokan Elbono blieb draußen stehen. Er konnte sehen, wie der Mann da drinnen,
lediglich mit einem Lendenschutz bekleidet, sich Blut abnehmen ließ. Der
Biochemiker scannte ihn derweil. Nachdem der Arzt die Spritze wieder beiseite
gelegt und das Röhrchen in einer kleinen Box verstaut hatte, untersuchte er ihn
erst einmal optisch auf Auffälligkeiten. Hören konnte Dr. Sandokan Elbono
nichts. Die Kabinen waren schalldicht. Lediglich eine Sprechanlage, die außen
angebracht war, hätte ihm die Kommunikation mit ihnen erlaubt. Aber warum
sollte er mit ihnen sprechen?
Sie
würden ihm sagen, wenn sie etwas Auffälliges sahen. Konnte Dr. Sandokan Elbono
anfangs von außen erkennen, dass das Gesicht des Arztes, als es sich ihm
zuwandte, angespannt war, sah er nun, dass es sich entspannte. Der Mann wies
keinerlei Besonderheiten auf, auch der Scan schien keine Unregelmäßigkeiten zu
entdecken.
Der
Isolierte schaute zur Scheibe.
Auch
von innen konnte man nach außen schauen. Für eine Verdunkelung hatten sie beim
Bau keinen Anlass gesehen. Es war immer gut, wenn derjenige, der drinnen war,
sehen konnte, wer hier die Macht hatte. Das Gesicht, das Dr. Sandokan Elbono
jetzt anschaute, hatte nichts Bedrohliches. Eher Erleichterung, dass es ihn
nicht mit irgendwas erwischt hatte.
Sie
würden ihn nicht… töten. Und wahrscheinlich nicht erst danach untersuchen und sezieren. Das war ihm nun klar.
Er
hatte Glück gehabt – und atmete glücklich durch.
Der
Arzt und der Biochemiker packten ihre Sachen und machten sich bereit, die
Schleuse
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