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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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Schwindler.
    Alles, was er vor mir ausbreitet, ist so wunderschön, dass ich zittere. Eine Anstecknadel in Form eines Halbmondes aus dunklem, seidigem Silber, ein Ring mit dem Umriss eines Vogels, Armbänder in glänzendem Nachtviolett und -blau. Aber am besten gefällt mir ein mit Steinen besetztes Schmetterlingsfigürchen – es leuchtet und glitzert und sieht traurig aus.
    Auf einmal löst sich etwas in einem dunklen Winkel meiner Erinnerung. Schmetterlingsfigürchen. Angelaufene Silberkette, Pferdeanhänger. Dinge, die aus der Wohnung des ermordeten Mädchens gestohlen wurden. Sapphire.
    Meine Hände und Füße sind plötzlich ganz heiß. Die meisten anderen dunkel glänzenden Gegenstände, die Mario mir zeigt, wurden in dem Artikel, den ich online gelesen habe, gar nicht erwähnt. Aber irgendwie, keine Ahnung warum, weiß ich genau, dass alles ihr gehört hat, was er vor mir ausbreitet.
    Dinge können uns eine Menge erzählen, wenn wir nur bereit sind zuzuhören. Diese hier schreien geradezu.
    Er ist es. Er hat sie getötet. Er hat den Schuss abgefeuert, der fast meine Wange gestreift hat. Er muss es einfach sein. Und er ist so dumm, ihren Schmuck nur ein paar Tage später zu verkaufen. Ich atme stoßweise, und zwischen zwei Atemzügen schaffe ich es zu fragen: «Hey, äh …» Tief einatmen. Ich kann ihm einfach nicht in die Augen sehen. «Wo haben Sie das Zeug her? Es ist echt toll.»
    «Welches Zeug? Ich hab doch tonnenweise Kram hier. Kommt von überall her.»
    «Diese Dinge hier.» Ich zeige auf Sapphires Schmuck.
    «Kann ich nicht sagen. Ich kriege dauernd Sachen, ich verliere da den Überblick.» Er lacht, ein kleines, nervöses Wiehern.
    Jetzt sehe ich ihn direkt an, seine unruhigen Augen und das abstoßende rote Haar. «Sie haben mir doch eben erzählt, dass Sie diese Sachen gerade erst bekommen haben.» Ich zeige auf die Plastiktüte. Seine Augen verengen sich zu Schlitzen. «Und jetzt behaupten Sie, Sie wüssten nicht, woher sie kommen?»
    Er weicht meinem Blick aus. «Wo ich meinen Kram herbeziehe, geht dich gar nichts an.» Er verlagert das Gewicht kaum merklich von einem Fuß auf den anderen.
    «Ein Mädchen wurde ermordet», sage ich und versuche, nicht an meinen Worten zu ersticken. «Ich erkenne ein paar von ihren Dingen wieder. Also.» In meinem Kopf flattert es, ich kann selbst nicht glauben, dass ich das gerade sage.
    Er ist schlauer, als er aussieht. Er streckt die Hand aus, als wolle er mich berühren, und ich weiche hastig zurück. Stattdessen fährt er sich durch das fettige Haar.
    «Okay. Hör zu. Hör mir gut zu.» Seine Stimme ist ganz tief, voller Dringlichkeit. «Ich habe dieses ganze Zeug in einer Tasche in einem Müllcontainer beim Westwood Center gefunden. Da finde ich eine Menge Sachen, die ich dann später hier verkaufe. Okay?» Er zieht eine Packung Marlboros heraus und zündet sich eine an, nimmt einen tiefen Zug und stößt den Rauch hörbar aus. «Mehr weiß ich nicht. Ich schwöre bei Gott. Das ist alles.»
    Irgendetwas in seiner Stimme bringt mich dazu, ihm glauben zu wollen – Sanftheit, Aufrichtigkeit schwingt darin mit. Aber wenn er die Wahrheit sagt – wenn er wirklich Sapphires Sachen in einem Müllcontainer am Westwood Center gefunden hat –, warum wurde Sapphire dann umgebracht? Warum sollte irgendein durchgeknallter Drogensüchtiger jemanden für Schmuck im Wert von ein paar Hundert Dollar umbringen, nur um die Sachen gleich danach wegzuwerfen?
    Das ergibt keinen Sinn.
    Mario redet weiter, eifrig, weil ich zögere, und drückt seine Zigarette aus. Er beugt sich zu mir. «Hör mal, du rufst jetzt aber nicht die Bullen an, oder? Weil, ich tu, was immer du von mir willst, damit ich es dir beweisen kann. Ich hab wirklich keine Ahnung von dieser Scheiße. Es ist bloß Zufall. Bloß verdammtes Pech.» Er hält sich an der Tischkante fest, und seine Fingerknöchel werden weißer und weißer. «Das hier ist mein täglich Brot, verstehst du? Nur deshalb habe ich heute Nacht ein Dach über dem Kopf, klar?»
    Er zündet sich eine neue Zigarette an und zieht gierig den Rauch ein.
    «Ich gehe nicht zur Polizei», sage ich und sehe, wie er sich entspannt. «Wie Sie schon gesagt haben, es geht mich nichts an.» Er kann ja nicht wissen, dass ich selbst so ziemlich alles tun würde, um der Polizei aus dem Weg zu gehen. Seit Officer Clevinger mich in sein Polizeiauto zerrte, einen Monat nach Orens Tod, als in meinem Kopf nur noch das Fernseh-Testbild herrschte und meine

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