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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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gefärbtem Haar, bei der toten Katze, die immer blutiger und lumpiger wird, je öfter sie sich in meinen Kopf schleicht. Sie sind überall, nur nicht hier.
    Ich muss mehr herausfinden. Aber wo? Und wie?
    Nach der letzten Stunde stehe ich vor meinem Schließfach und stopfe meine Sachen in meine Schultasche. Plötzlich schreit jemand, der vorbeigeht: «Scheiß auf Ableitungen!» – eine heisere, harte, kühle Mädchenstimme. Ich schaue mich um: Camille Allen lächelt mir kurz zu, dann rennt sie weiter zum Rest der Truppe der Perfekten Mädchen am anderen Ende der Halle.
    Mir stockt der Atem: «Yeah!», piepse ich ihr hinterher, es klingt viel zu aufgeregt. Sie dreht sich nicht einmal mehr um. Vielleicht hat sie mich auch nicht gehört. Oder ich hab mir die ganze Sache nur eingebildet.
    Ich knalle den Spind zu und murmele auf dem Weg zum Ausgang immer wieder meinen Namen: Pe-ne-lo-pe-Ma-rin-Pe-ne-lo-pe-Ma-rin-Pe-ne-lo-pe-Ma-rin. Sechs Silben. Drei Mal. Achtzehn.

    Auf dem Heimweg beißt die kalte Luft in meinen Augen. Ich muss an all die Dinge denken, die über Sapphire nicht in der Zeitung standen. Vielleicht hatte sie eine Familie – eine Schwester oder einen Bruder oder eine ganze Menge Schwestern und Brüder, Eltern, die sie liebten und verloren. Sie nahm keine Drogen, sie trank nicht, sie hielt sich an die Regeln. Sie war freundlich, hilfsbereit, gut , das haben alle gesagt, mit denen ich im Tens über sie gesprochen habe. Ihr Tod ergibt einfach keinen Sinn – das haben die Mädchen letzte Nacht immer wieder gesagt. Es hätte nicht sie treffen dürfen.
    Knirsch knirsch knirsch  – mein Körper versteift sich, als ich die Schritte im Schnee höre. Und dann spüre ich ihn – den heißen Atem eines Menschen, der sich schnell nähert, das knirsch knirsch kommt näher. Oh Gott , denke ich, oh Gott, nicht jetzt . Ich wirbele herum, die Fäuste geballt und vor der Brust.
    Aber sieh an, es ist Jeremy. Natürlich. Jeremy.
    «Heilige Scheiße», flüstere ich, und die Worte lösen sich in einer kalten Wolke von meinen Lippen.
    «Lo! Warte doch mal!» Er keucht, als er endlich bei mir ist, und hält einen Zettel in der Hand. Sein Gesicht ist ganz fleckig und rot von der Kälte, besonders seine Knopfnase, und das Rot beißt sich mit seiner Haarfarbe. Er hat nicht einmal die Jacke zugemacht, und ich sehe, dass sein Neil-Young-T-Shirt an der Achsel eingerissen ist. Haare schauen daraus hervor.
    «Du hast das hier auf deinem Tisch vergessen.» Er reicht mir den Zettel – ein Arbeitsblatt mit all den vielen Wörtern, um die Shakespeare die englische Sprache bereichert hat. Ich bin ziemlich sicher, dass ich den Zettel entweder schon habe oder ihn mir online besorgen könnte, wenn ich müsste. «Und ich bin dir den ganzen Tag hinterhergerannt. Bist du mir ausgewichen oder so?» Er lacht ein bisschen, als ob das auf keinen Fall sein könnte. «Ich hab gesehen, wie du rausgegangen bist. Wir brauchen das hier für die Hausaufgaben heute Abend.» Er reibt die Handflächen an den Schenkeln und lächelt. Am Kinn hat er ein kleines Grübchen.
    Keri hat recht: Er ist süß, auf seine ganz eigene Leichtathletenart. Er hat einen kleinen drahtigen Körper, einen Bartschatten auf Kinn und Wangen, die Augen sind von einem wilden Blau und glitzern ganz kindlich, wenn er in der Schule eine Frage richtig beantwortet. Auf der Nase hat er Sommersprossen, und wenn er lächelt, verzieht sich sein Mund ein Stück zu weit nach rechts – er ist süß, auch wenn er ein bescheuertes Lachen hat. Und ich bin wahrscheinlich einfach nur so irre genervt, weil ich so unter Druck stehe. Tatsache ist: Ich bin panisch seit der Sache mit der toten Katze.
    Jeremy redet immer noch und läuft hinter mir her. Ich höre kaum, was er sagt. «… und, also, es wäre echt so krass, wenn wir uns zusammen auf die Prüfungen vorbereiten könnten. Meine Mom fragt die ganze Zeit: ‹Jeremy, lernst du auch? Jeremy, lernst du? Blablabla.› Die hat echt langweilige Hausfrauenprobleme und nichts Besseres zu tun, als mir ständig im Nacken zu sitzen, nehme ich an.» Er lacht wieder, schrill, mädchenhaft. «Eltern, Mann. Echt wahr, oder?»
    Ich nicke. Sechs Mal. Nick nick nick nick nick nick.
    «Also hab ich ihr erzählt, dass es da ein Mädchen in meiner Klasse gibt –», dabei zeigt er mit dem Finger auf mich, «… das bist nämlich du  –, das superschlau ist und das ich auf Knien anflehen werde, mit mir zu lernen, wenn es nötig ist. Und da hat sie dann den

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