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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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Mund gehalten. Also …», er lächelt mich scheu an, «… jetzt musst du eigentlich mit mir lernen, oder die Moms flippen aus.»
    «Jeremy – ich …» Ich muss ihn dringend loswerden, damit ich allein sein kann. Aber ich merke schon, dass er nicht aufhört, bis ich nachgebe. Ich bleibe an der Straßenecke stehen und feuere ihm meine Antwort ans Kinn: «Super! Lass uns zusammen lernen. In der Bibliothek morgen nach der Schule, okay?»
    Er grinst, und sein Gesicht hellt sich auf. «Toll, Lo! Ich wusste, du würdest mich nicht im Stich lassen. Du ersparst mir eine Menge ernsthaften Elternkummer.»
    «Ja, schon okay», sage ich. «Kein Problem.»
    «Dann bis morgen!» Er weicht zurück und hüpft fast dabei. «Ich bringe was zum Knabbern mit!»
    Ich winke ihm hastig zu und biege um die Ecke zur Haltestelle der 96er Linie. Der Bus bringt mich an die Grenze zwischen den beiden Welten – dorthin, wo Neverland und der Rest von Cleveland aufeinandertreffen.
    Tatsache ist: Ich brauche Flynt. Es wäre schöner, wenn es nicht so wäre, aber ich weiß nicht, wen ich sonst bitten sollte. Es gibt niemanden, der sich so gut in Neverland auskennt wie er, und er wird mir helfen, ob er will oder nicht.
    Der Bus hält ein paar Blocks von dem verrosteten Vogelbad entfernt, von dem mir Flynt erzählt hatte, dass es jetzt als eine Art Briefkasten benutzt wird. Ich habe die Finger um den Schmetterling in meiner Tasche geschlossen und presse ihn rhythmisch zusammen. Meine Faust ist wie ein Herz, das das Blut in meinem Körper kreisen lässt; ich muss ihn daran hindern zusammenzubrechen.
    Auf dem Weg zum Vogelbad überlege ich, was ich in meine Nachricht schreiben soll: Flynt: Bitte lass uns uns heute Nacht treffen. Hier. Ich warte auf dich. Nein. Zu flehend. Flynt: Lass uns uns heute Nacht treffen. Hier. Ich brauch deine Hilfe.
    Ich halte den Blick gesenkt und zähle laut die Sprünge im Pflaster. Bis achtzehn komme ich – zwei Neunen, sehr gut  –, dann schaue ich hoch und sehe, was ich nicht erwartet, aber heimlich und verzweifelt erhofft habe: ein Paar flauschige Bärenohren, die sich über den Rand des Vogelbads beugen. Er scheint etwas auf einen Zettel zu kritzeln.
    «Flynt!», rufe ich, es platzt geradezu aus mir heraus. Ich will zu ihm rennen und ihn drücken und mein Gesicht an seiner Schulter vergraben. Stattdessen zupfe ich am Saum meines Pullis herum, ziehe, ziehe, ziehe, bis er bis zu meinen Schenkeln reicht, ich will damit aufhören, kann aber meine Finger einfach nicht ruhig halten.
    Er reißt den Kopf hoch und sieht mich, seine Grübchen vertiefen sich. «Lo!» Er trabt zu mir und faltet im Gehen den Zettel zusammen. Mit einer kleinen Verbeugung reicht er ihn mir. «Den wollte ich gerade hierlassen.»
    Ich entfalte seinen Zettel und lese ihn. Er steht neben mir und sieht mir dabei zu:
Liebste Penelope,
ich bin ein riesiger Trottel. Damit will ich keinesfalls sagen, dass ich ein abnorm gewachsener Mensch wäre, der überdies noch ein Trottel ist, sondern dass ich ein normal gewachsener Mensch bin, der von Zeit zu Zeit ein riesenhafter Trottel ist. Wenn du mir zum nächsten Weihnachtsfest einen hässlichen Pulli schenkst, muss das kein besonders großer Männerpulli sein, aber er sollte vielleicht eine allgemein verachtete öffentliche oder private Person vorne drauf haben, die der Welt das ungeheure Ausmaß meiner Trotteligkeit vor Augen führt. Was ich eigentlich sagen will ist … ich habe darüber nachgedacht, und ich würde dir bei deiner Suche gern behilflich sein, sodass du mir nächste Weihnachten einen ganz normalen hässlichen Weihnachtspulli schenken kannst, der einfach nur ein normaler hässlicher Weihnachtspulli ist und den ich tragen kann, wenn wir das nächste Mal Gott und die Welt beim Mülltonnen-Bowling schlagen.
Dein Flynt
    Das «Dein» vor seinem Namen macht mich ganz warm. Ich falte den Zettel wieder zusammen und stecke ihn in die Tasche, dann schaue ich hoch zu den Dreiecken, die die Zweige der Bäume formen. Ich frage mich, warum er seine Meinung geändert hat, aber eigentlich kann ich mich darum jetzt nicht kümmern. Ich brauche ihn. Und er wird mir helfen.
    «Tut mir leid, Lo, wegen gestern», sagt er, und seine großen Augen sind auf mich gerichtet. «Ich habe meinen Terminkalender ganz frei geschaufelt. Kein Mülleimer der Welt könnte mich von deiner Seite reißen. Ich gehöre ganz dir, okay? Also was jetzt, Gefreiter Penelope?»
    Ich drücke fest den Schmetterling und spüre, wie

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