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Schmetterlingsjagd (German Edition)

Schmetterlingsjagd (German Edition)

Titel: Schmetterlingsjagd (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Ellison
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Sapphire in meiner Handfläche pulsiert. «Jetzt», antworte ich, die Nerven zum Zerreißen gespannt, «müssen wir herausfinden, was in jener Nacht geschah, als sie getötet wurde. Wir brauchen mehr Hinweise.»
    «Und was schlägst du vor, wie wir vorgehen sollen?»
    Ich schlucke und zwinge mich dazu, die Idee auszusprechen, über die ich den ganzen Tag nachgedacht habe. «Wir gehen zu Sapphires Haus», erwidere ich und setze mich in Bewegung, «und brechen ein.»
    ***
    Flynt lässt eine Haarklammer in das verrostete Schloss des merkwürdig gelben Hauses gleiten und stößt die Tür mit leichtem Druck auf, als ob er jeden Tag in Häuser einbräche. Er hält mir die Tür auf und wartet, dass ich eintrete.
    «Du bist ja echt gut darin», bemerke ich.
    «Ich muss ständig in Lagerhäuser und andere verschlossene Gebäude einbrechen, wenn ich einen Platz zum Pennen suche», entgegnet er ohne Zögern. «Glaub mir mal einfach, Lope – hey, hat dich schon mal jemand ‹Lope› genannt?»
    Mein Magen zieht sich zusammen: Oren hat mich damals hin und wieder Lope genannt, weil er wusste, dass mich das ärgert. «Nein», antworte ich kurz angebunden. «Nie.»
    «Na egal, Lo , als ich anfing, war ich nicht so gut darin. Aufgrund meiner schlechten Einbrecherfähigkeiten musste ich allzu oft auf der Straße schlafen.»
    «Das muss im Winter echt beschissen gewesen sein», sage ich und versuche, mein Misstrauen zu unterdrücken. Er ist hier. Er hilft mir.
    «Hei-lieege Scheiße – JAWOHL. Es war beschissen. Es war mehr als beschissen. Ich glaube, es gibt nicht mal ein angemessenes Wort, das das Ausmaß an Beschissenheit beschreibt, die ich ertragen musste.» Er zwinkert mir zu, aber sein Mund verzieht sich so komisch – als müsste sich jede einzelne Zelle seines Körpers anstrengen, ihn zu einem Lächeln zu formen. «Die Dame», sagt Flynt und macht eine Handbewegung in Richtung Tür.
    Aber ich kann mich nicht rühren. Das Gewicht von tausend Händen, die auf meine Brust drücken drücken drücken, presst die ganze Luft aus mir heraus. Das alles hier fühlt sich wie ein Traum an – diese Schwelle, die vor mir liegt – das Innere von Sapphires gänseblümchengelbem Haus zittert und bebt mit einer tödlichen Kälte.
    «Lo», sagt Flynt leise. «Wir sollten hier nicht herumstehen.»
    Sechs tiefe Atemzüge. Neun Mal tippen. Drei Mal Banane . Wieder. Wieder. Wieder. Ich weiß nicht, wie Flynt jetzt guckt, und ich will es auch gar nicht wissen. Ich kann mich jetzt nicht darum kümmern; nur so geht es.
    Endlich bin ich fertig und kann durch den gelben Türbogen treten. Sapphire flüstert durch die Wände. Flynt folgt mir, schließt die Tür hinter uns und dreht den Schlüssel im Schloss. «Lo», sagt er leise. «Warum tust du diese Dinge?»
    Drinnen umschließt mich die Dunkelheit mit einer wässrigen Schwere. Er hat es gesehen, er weiß Bescheid. Meine Kehle brennt, als ich antworte, ich sage die einzigen Worte, die mir einfallen: «Ich muss eben.» Ich schüttele den Kopf und wiederhole es: «Ich muss eben», und dann noch einmal, damit es drei macht: «Ich muss eben.»
    Ich glaube ihn nicken zu sehen, aber genau weiß ich es nicht. Es ist zu dunkel, um ihn genau erkennen zu können. Ein chemischer Gestank steigt vom Fußboden auf, wie Desinfektionsmittel und Metall und Schimmel. Ich schaudere. Der Vermieter muss die Heizung sofort abgestellt haben, nachdem sie die Leiche gefunden hatten. Flynt drückt auf einen Lichtschalter im Flur, aber nichts passiert. Die Dunkelheit um uns herum wirkt fast schon bedrohlich. Versucht’s nur , scheint sie zu höhnen. Schwache Lichtstreifen dringen durch die Ritzen eines sich bauschenden Vorhangs, scharf und plötzlich. Meine Augen müssen sich erst an die Dunkelheit gewöhnen.
    «Ich schau mich mal in der Küche um. Vielleicht finde ich eine Taschenlampe oder ein paar Kerzen», sagt Flynt, seine Stimme zittert. Ich spüre, wie sich die Wärme seines Körpers von mir entfernt, und ein paar Sekunden später höre ich Klappern, Schieben und Schritte aus einem anderen Raum. Kurz darauf erscheint er strahlend mit zwei Taschenlampen, eine in jeder Hand. Er schaltet eine an und reicht mir die andere. Ich schalte sie nicht ein – meine Hände fühlen sich plötzlich riesig und schwer an, zu schwer, um sie zu heben.
    Wir stehen beide da mit unseren Taschenlampen und saugen Kälte in unsere Lungen. Saugen den Geruch eines abgedeckten toten Menschen ein. Und den Geruch von Blut.
    Die Katze schon

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