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Schmetterlingsscherben

Schmetterlingsscherben

Titel: Schmetterlingsscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Hazy
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Fall! Dann kann ich die Bestellungen durchgehen. Wenn du irgendwelche Fragen hast oder so, meld dich einfach, ja?» Damit verschwand er Richtung Kasse. Ich schlenderte durch ein paar der Buchreihen und griff schließlich nach dem dicksten Band, den ich finden konnte, um mich mit ihm in die Leseecke zu verziehen. Da würde sich jedenfalls keiner wundern, wenn ich länger dran saß.
    Bei dem dicken Band handelte es sich um eine Enzyklopädie mit vielen Bildern, sodass ich lustlos darin herumblättern konnte. Irgendwann am Nachmittag kam dann Karin zu mir, weil im Laden gerade nichts zu tun war. «Na?!» Sie setzte sich auf die Lehne meines Sessels und sah mir über die Schulter. «Gefällt dir das Buch? Dein Vater schenkt es dir bestimmt, wenn du willst.»
    «Ich glaub, das ist mir zu schwer», grinste ich. Das Buch lag aufgeschlagen auf meinen Beinen und drückte mich mit seinem Gewicht ganz schön nach unten. Karin lachte. «Das verstehe ich! Hast du Lust auf einen Kamillentee? Ich geh jetzt Pause machen.»
    «Äh…» Eigentlich war ich nicht so der Fan von Kamillentee und ich hatte auch wenig Lust, mit ihr ein gezwungenes Gespräch zu führen. Aber ich wollte auch wirklich nicht unhöflich sein.
    «Ach, hallo Lennard!», rief Rüdiger erfreut hinter der Verkaufstheke. Mir gefror das Blut in den Adern und mein Herz setzte einen Moment aus. Ich wagte es nicht, mich umzudrehen. Vielleicht war er bloß zufällig im Laden. Vielleicht wollte er ein Buch kaufen und wusste gar nicht, dass ich hier war. Und wenn ich Glück hatte, entdeckte er mich nicht mal. Mein Vater durchkreuzte meinen Plan: «Suchst du Louise? Die sitzt hinten!» Danke, Paps… Ich vergrub mich tiefer in den Sessel und suchte nach einem Fluchtweg. Aber das Buch war zu schwer, um es schnell wegzuschmeißen und auf Toilette zu verschwinden und Karin stand mir auch immer noch im Weg.
    «Spannende Lektüre? Oder versuchst du, dich weiterzubilden?» Ich hatte ganz offensichtlich kein Glück. Seufzend sah ich zu Lennard auf, der sich von hinten an mich angeschlichen hatte und sich jetzt in den Sessel mir gegenüber fallen ließ. «Was für ein Zufall, dich hier zu treffen!» Er grinste süffisant, während Karin sich mit einem dummen, vermeintlich wissenden Grinsen verzog. Ich knallte genervt das Buch zu. «Was willst du, Lenny?!»
    «Ich mag den Spitznamen nicht», maulte er. Ich schenkte ihm ein gehässiges Grinsen. «Ich auch nicht, deswegen passt er ja zu dir.»
    «Wollen wir eine Runde spazieren gehen?», fragte er und sah mich groß an.
    «Fick dich.» Ich stand auf, um das Buch zurückzubringen. Er folgte mir wie ein dämlicher Speichellecker. Konnte er sich nicht ein anderes Hobby zulegen?!
    «Du bist ganz schön obszön geworden, in den letzten fünf Jahren», hauchte er mir ins Ohr und ich erschauderte, weil er mir schon wieder so nah gekommen war.
    «Hast du schon mal was von Distanz gehört?!», knurrte ich, trat einen Schritt von ihm weg und fuhr mir mit der Hand über den Nacken.
    «Geh mit mir spazieren», bettelte er jetzt. Ich sah ihn vielsagend an und schob mich an ihm vorbei, um zu meinem Vater zurückzugehen. «Kann ich dir irgendwie helfen, Pa?», fragte ich verzweifelt. Lennard stand neben mir und grinste dümmlich. «Wenn nicht, würde ich sie nämlich gern für ein oder zwei Stündchen entführen.» Er zwinkerte und es zuckte in meiner linken Hand in Richtung seines Gesichts. Aber so wie es aussah, hatte ich mich noch unter Kontrolle. Noch.
    «Das ist absolut kein Problem, wir sind im Moment sowieso überbesetzt», lächelte Rüdiger und ich stöhnte auf. Das konnte doch echt nicht wahr sein.
    «Macht euch einen schönen Tag ihr zwei! Wir sehen uns dann heute Abend, Louise, ja?»
    «Sicher, Paps», maulte ich und ging voran zur Ladentür. Ich würde es stillschweigend hinter mich bringen und hoffen, dass ich Lennard irgendwie vor zwei Stunden abgehängt bekam. Vielleicht gab er irgendwann auf, wenn ich nur patzig genug war.
    Schweigend schlenderten wir die Straße entlang und verließen die Einkaufsstraße. Automatisch steuerte ich die Richtung zu unserem Haus an, aber Lennard griff nach meiner Hand und zog mich einen anderen Weg entlang.
    «Pack mich nicht an!», schnauzte ich, aber er hielt beständig fest. Ich versuchte ihn abzuschütteln, aber vergeblich. «Ich hab das Gefühl, du hast dich ganz schön verändert in den letzten Jahren», sagte er, als hätte er gar nichts von meinen Befreiungsversuchen mitbekommen. «Erzähl mir,

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