Schmetterlingsscherben
Kinder kamen aus der Sporthalle gerannt und schrien mich an.
«Jetzt ist sie vollkommen durchgedreht!», rief irgendjemand.
«Man sollte dich wegsperren!», brüllte ein anderer.
Ich hörte sie gar nicht. Ich stand einfach nur da und sah den Jungen an, den ich so sehr liebte, dass es wehtat. Und es tat weh. Es brannte wie Feuer und es fraß mich von innen auf und ich konnte nichts dagegen tun.
Ich schmeckte Blut und Staub in meinem Mund und hustete, während ich mich stöhnend aufrichtete. Lose Gesteinsbrocken rieselten von meinem Rücken und aus meinem Haar und ich versuchte irgendwie, einen klaren Kopf zu bekommen. Mein Schädel brummte wie ein alter Dieselmotor und ich hatte Mühe, die Situation auf der Straße zu erfassen.
«Da bist du ja», zwitscherte eine Stimme über mir und ich robbte entsetzt zurück, als ich einen von den Schlachterkerlen vor mir stehen sah. Er wollte gerade noch etwas hinzufügen, als ihn ein riesiger Steinklumpen am Kopf traf und ihn von den Beinen riss. Blut sickerte aus der Wunde an seinem Schädel und ich starrte angewidert darauf, bis mich jemand auf die Beine riss.
«Komm schon, Louise!», rief die panische Stimme von Lennard und drückte meine Hand. «Wir müssen weg hier.» Er zog mich mit sich die Straße runter und ich sah entsetzt zurück auf das Chaos hinter uns, wo sich gleich mehrere Leute bekämpften. Es flogen nicht nur Steinbrocken durch die Luft, sondern auch riesige Flammenbälle und es bahnte sich so etwas wie ein Wirbelsturm an. Ich sah einen von Lennards Gorillas in dem Gewühl und zahlreiche von den Schwarzjacken.
«Wo gehen wir hin?»
«Ich hab einen Ersatzwagen, hier um die Ecke», erklärte Lennard. «Mach dir keine Sorgen, Babe.»
Ich starrte ihn ungläubig an und sah eine Entschlossenheit in seinen Augen, die nicht zu ihm passte. Und seit wann nannte er mich Babe?! Das brachte mich aus dem Konzept. «Wie heiße ich?», fragte ich leise und riss meine Hand von ihm los.
«Louise», antwortete er verständnislos.
«Ich meine…», knurrte ich. «Wie du mich nennst!»
Er lachte los und packte mich grob am Arm. «Halt die Klappe.»
Ich schrie los und trat ihn, um irgendwie von ihm loszukommen, aber sein Griff war wahnsinnig stark. «Wer bist du?!», kreischte ich und biss so fest ich konnte in seinen Arm. Er schrie schmerzerfüllt auf und für einen Moment verblasste Lennards hübsches Gesicht und wurde zu der Visage von Alex.
«Lass mich los», fauchte ich und riss weiter an meinem Arm. Aber sein Griff war stark und beständig und er zog mich erbarmungslos weiter. Er hatte mich schon fast im Auto, als ich zu einem weiteren Tritt ansetzte und ihn direkt zwischen die Beine traf. Er sackte mit einem Stöhnen zu Boden, presste sich die Hände in den Schritt und wimmerte wie ein getretener Welpe.
Ich sprang zurück auf die Straße und rannte los, zurück zu der Kreuzung, zurück zu den Leuten, die mich jagten. Aber das war mir egal. Irgendwo zwischen all diesen Leuten war mein bester Freund und kämpfte um mich !
Alles war voll Schutt und Asche und so furchtbar unübersichtlich, dass ich kaum irgendjemanden erkennen konnte. Die Schwarzjacken ließen sich schnell ausfindig machen, aber von Lennard war keine Spur zu sehen, bis ich seinen erstickten Schrei hörte und mir das Blut in den Adern gefror. Er lag auf dem Boden im Staub und stöhnte vor Schmerzen.
«BLAZE!», schrie ich und rannte los. «BLAZE!!!» Ich warf mich über ihn, als ein Steinkoloss direkt auf ihn zuraste, und machte mich auf den Schmerz gefasst. Er kam nicht. Irgendetwas hatte den Brocken abgehalten.
«Blaze», flüsterte ich jetzt und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Er spuckte lachend Blut. «Du erinnerst dich also doch noch», krächzte er und fuhr mir mit einem Finger über das Gesicht.
«Wenn du mich nochmal verlässt, verzeihe ich dir das nie», hauchte ich und drehte mich um. Wir waren komplett umzingelt von Leuten, die sich gegenseitig bekämpften. Ich musste feststellen, dass die Gorillas sogar für mich kämpften und die Angriffe der Schwarzjacken abwehrten. Klar, die wollten mich ja lebend. Aber sie waren stark in der Unterzahl und die anderen kamen immer näher. Panisch sah ich mich in der Straße um und entdeckte am Eingang zu einer Auffahrt zwei Adlerstatuen. Ich betete innerlich, dass es funktionierte, und stellte mir vor, wie sie sich in die Luft erhoben, wie sie geschmeidig flogen. Nichts passierte. Ich versuchte es erneut und dachte daran, wer sie waren und
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