Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)
los?«, erkundigte sie sich gleich. »Du hast mich richtig abgewürgt.«
»Tut mir
leid, das war so eine Art Notfall.« Mehr wollte John ihr nicht erklären. »Also,
Tante Ju. Weshalb hast du angerufen?«
»Na, du
hast mich doch nach diesem Haus gefragt.«
»Das Haus
in Herdern?« Selbst das war ihm entfallen. Notizen wären offenbar doch gar nicht
so übel, zumindest bei einem Schweizer-Käse-Gedächtnis wie seinem. »Und? Hast du
etwas herausgefunden?«
»Stell dir
vor, einer unserer Redakteure wohnt in derselben Straße. Ich nannte ihm die Nummer
und er erzählte mir, dass das Haus ziemlich lange zum Verkauf stand. Es wurde von
einem Maklerbüro angeboten.«
»Und?«
»Na ja,
was schon. Irgendwann hat’s dann einer gekauft. Das Komische ist nur: Kein Mensch
in der Straße weiß, wer der Besitzer ist. Sonst kennt man sich, zumindest vom Sehen,
sagt ›Guten Tag, wie geht’s?‹ und solche Sachen. Doch bei diesem Haus sind meistens
die Vorhänge zu. Nie lässt sich jemand blicken. Ab und zu steht ein Auto in der
Einfahrt, aber das war’s auch schon.«
»Hm.«
»Hm?«, plärrte
Tante Ju ins Telefon. »Mehr hast du nicht dazu zu sagen? Hilft dir das wenigstens
ein bisschen weiter?«
»Ich weiß
noch nicht, aber ich denke, alles hilft irgendwie weiter. Kennst du das Maklerbüro,
das für den Hausverkauf zuständig war?«
»Nein, Johnny.
Selbst wenn: Du würdest von denen sowieso keine Auskünfte erhalten.«
»Ja, ich
weiß. Auf jeden Fall vielen Dank. Auf dich ist Verlass.« Und er setzte mit besonders
dankbarem Tonfall hinzu: »Wie immer!«
»Sag einfach
Bescheid, wenn ich helfen kann, Sherlock. Hoppla! Da ist es mir doch schon wieder
rausgerutscht. Immer diese blöden Detektiv-Scherze. Entschuldige, Junge.«
»Kein Problem,
Tante Ju.« Nachdem er aufgelegt hatte, kramte er einen Zettel aus der Tasche. Zumindest
zwei Sachen hatte er sich notiert. Die Handynummer von Rainer Metzler und die Handynummer,
mit der man in einem bestimmten unscheinbaren Wohnblock in der Belfortstraße pikante
Termine vereinbaren konnte. Er wählte die zweite Nummer und eine bemüht aufreizend
daherredende junge Frau, die sich als Chantal vorstellte und mit Akzent sprach,
nannte ohne romantische Umschweife ihren Preis und verabredete sich mit ihm für
denselben Nachmittag um 17.30 Uhr. Vorher war die Dame ausgebucht. »Hast du Sonderwünsche?
Du weißt ja, alles, was extra ist, kostet auch extra.«
»Sonderwünsche?«
John hockte sich auf die Schreibtischkante und sah aus dem Fenster. »Ich würde vorher
gern ein bisschen mit dir reden.«
»Aber sicher
doch. Alles, was du willst, Schätzchen. Einfach die oberste Klingel drücken.« Ihr
kaum unterdrücktes Gähnen knisterte im Hörer. »Wirst sehen, ich hör dir gern zu.
Bei mir kannst du dir alles von der Seele quatschen.«
Ich hoffe
eher, dachte er, dass du quatschen wirst.
Die Stimme
der Fremden noch im Ohr, stand John am Fenster und beobachtete das Treiben in der
Fußgängerzone. Er grübelte nach, über Personen, die ihm begegnet waren, über Gesichter,
in die er seit dem ersten Gespräch mit Laura Winter geschaut hatte. Die gesamte
Zeit über juckte es unter seiner Haut. Da war so ein vages Gefühl. Als würde er
etwas Bestimmtes übersehen. Nur was? Sollte er noch einmal mit Laura sprechen. Intensiver?
Andere Fragen stellen? Oder etwa mit jedem einzelnen, dem er bislang Felicitas’
Foto gezeigt hatte? Er dachte an die Universität, an diesen Professor. Wie hieß
er noch gleich? Genau, Trebitsch. Und das Studentenwohnheim kam ihm in den Sinn.
Das Gespräch mit dem Hausmeister. Auch jenes mit der hübschen Studentin, dieser
sommersprossigen Blondine mit Pferdeschwanz. Das waren seine ersten unbeholfenen
Schritte im Fall Felicitas Winter gewesen. Denn inzwischen war es das doch, oder?
Ein Fall.
Nur dass
John längst nicht mehr über einen Ermittlungsauftrag verfügte, wie er sich erst
jetzt so richtig klarmachte. Also schien es in der Tat gar keine schlechte Idee
zu sein, Laura anzurufen. Dann allerdings würde er ihr von Rainer Metzler berichten
müssen. Von Dingen, die sich angeblich in einem Haus in Zähringen zugetragen hatten.
Ja, das Haus. Endlich erinnerte sich John daran, dass er zwei Ziele ins Auge gefasst
hatte, als ihn Elvis’ drohendes Verdursten aus dem Konzept brachte. Und jetzt war
ja noch die Verabredung mit einer gewissen Chantal hinzugekommen. Ja, das Fahrrad
holen und dann quer durch die Stadt. Oder doch die Straßenbahn nehmen? Ach, sagte
sich
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