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Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Schmetterlingstod: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Becker
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seinem
Hosenschlitz herumzuspielen. »Sollen wir’s nicht einfach hinter uns bringen?«, meinte
sie dabei mit nachsichtigem Lächeln.
    Also entschloss
er sich, zum Frontalangriff überzugehen. Nebeneinander hockten sie auf dem Bett,
und er tat das, was er in den letzten Tagen so oft getan hatte: Er präsentierte
das Foto von Felicitas Winter. Und er wusste sofort, dass selbst das ihm nicht helfen
würde.
    Chantals
Miene war wie die einer Wachsfigur, als ihr Blick auf das Bild fiel. Entweder sie
kannte die Frau darauf tatsächlich nicht oder sie war eine verteufelt gute Schauspielerin.
»Wenn du die Süße so sehr vermisst, mein Kleiner«, säuselte sie, »dann mach einfach
deine hübschen braunen Augen zu. Und stell dir vor, ich wäre sie.«
    Mit einem
unmissverständlichen Ratsch öffnete sie den Reißverschluss von Johns Hose. Und das
war der Moment, als er aufgab. Er stand ruckartig auf, murmelte etwas von einem
schlechten Tag und griff nach der Jacke, die über der Sessellehne hing. Ohne dass
ihm Chantal ein weiteres Wort gönnte, verließ er die Wohnung.
    So schnell
habe ich noch nie 100 Mäuse in den Sand gesetzt, dachte er, als er in die Pedale
trat, über ihm die grellen Lichtpunkte der Straßenlaternen und der nun wieder fast
wolkenlose Himmel, der sich nach und nach mit einem immer tieferen Dunkel überzog.
Der Verkehr um ihn herum brummte monoton. Flüchtig dachte er daran, dass er Laura
hatte anrufen wollen. Das Telefonat würde allerdings noch etwas warten müssen. Er
radelte in gemächlichem Tempo in Richtung Herdern und Zähringen – jedoch nicht in
der Absicht, nach Hause zu fahren. Zunächst galt es, ein anderes Ziel anzusteuern,
sein letztes für heute.
    Schwungvoll
bog er von der Zähringer Straße in die Tullastraße und schon nach ein paar Metern
wurden sowohl die Beleuchtung als auch der Verkehr spärlicher. Es dauerte nicht
lange, bis er die Seitenstraße erreichte. Er ließ das Rad sorgsam abgesichert zurück
und schlich sich hinter einem Wohnblock entlang. Obwohl es keinen Grund für allzu
große Vorsicht gab – der Zwischenfall mit dem unfreundlichen Messerhelden hatte
sich durchaus in Johns Gedächtnis eingebrannt.
    Im Dunkel
des endgültig über der Stadt liegenden Abends, geschützt von Gebäuden, in denen
nur vereinzelte Fenster erleuchtet waren, ging er weiter, bis er an das Haus gelangte,
das Rainer Metzler ihm beschrieben hatte. Ein Block, so unauffällig wie die, die
ihn umgaben. Nur dass dieses fünfstöckige Gebäude hier tatsächlich nicht mehr bewohnt
wurde – ebenfalls wie Metzler es berichtet hatte. Fenster, einige davon zerstört,
hinter denen nichts als Leere existierte, starrten auf John Dietz herab. Wie bereits
am Nachmittag hatte sich ein Wind an seine Fersen geheftet, der mit verhaltenem
Rauschen durch die hinter dem Haus gelegenen Hecken und Büsche strich. Ansonsten
herrschte Stille, allein gestört durch das nur gedämpft hierher dringende Brummen
des Verkehrs von der Zähringer Straße.
    John umrundete
das Gebäude, besah sich unentschlossen die leeren Klingelschilder und die mit Graffiti
verschmierte Eingangstür. Weitere wenig kunstvolle Graffiti an den Mauern. Wieder
an der Rückseite angekommen, empfangen von neuerlichen Windböen, blieb John stehen.
Er lehnte sich an das verwaiste Gestänge für Kinderschaukeln und betrachtete jene
Fenster genauer, deren Scheiben kaputt waren – möglicherweise mit Steinen eingeworfen
von ein paar übermütigen Taugenichtsen. Zögernd ging er auf eines dieser Fenster
zu. Es befand sich im Erdgeschoss. Von der Scheibe waren lediglich ein paar scharfe
Splitter übrig, die wacklig im Rahmen steckten.
    Das ist
Unsinn!, ermahnte sich John in Gedanken – doch umsonst. Er hatte sich bereits auf
das Fenstersims gezogen und schwang sich lässig in den Raum dahinter. Aus seiner
Zeit als allzu fleißiger Raucher hatte ein Wegwerffeuerzeug in seiner Lederjacke
überlebt. Die Flamme stach ins Dunkel um ihn herum. Eine frühere Küche, wie die
Löcher in der Wand für Herd und Spüle und die Bodenfliesen zeigten. Langsam durchwanderte
er, behutsam einen Schritt nach dem anderen setzend, das Gebäude. Erst überwand
er das Treppenhaus, um sich dann von oben nach unten voranzubewegen. Die Wohnungstüren
waren unverschlossen, einige standen offen, andere waren eingetreten worden. Vandalen
hatten sich hier also herumgetrieben, vielleicht auf der vergeblichen Suche, irgendetwas
Verwertbares aufzustöbern. Das Feuerzeug musste John immer

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