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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Was er auch tat, jetzt war er auf sich gestellt, und sie ebenso.
    Meine Süße, sagte er, ich glaube, ich schulde dir eine Million Dollar.
    Das hast du wirklich ernst gemeint! Du wirst es machen!
    Natürlich. Erst mit dem Mund und jetzt mit meinem Geld. Oh! Oh! Oh!
    Sie lachte als erste, aber dann fing auch er an zu lachen und konnte nicht mehr aufhören, denn wunderbarerweise ging es ihm besser und besser. Er hatte das Urteil falsch verstanden; in Wahrheit war auch er entlastet.
    Paß auf, sagte er, ich kann dir das Geld ganz schnell verschaffen. Das wäre mir lieb. Soll dieses Geld in den Betrieb fließen? Soll ich mit Jason reden? Sehen will ich ihn sowieso – ihm gratulieren. Mit einer Flasche Champagner, warum nicht? Wir können eine köpfen, so wie beim Stapellauf eines Schiffes.
    Jason habe ich nichts erzählt. Schmidtie, wenn du das echt machen willst, soll es dann nicht lieber unter uns bleiben, was meinst du? Später kann ich’s ihm immer noch erzählen oder so. Die Marina geht okay, weißt du. Er und Bryan glauben, sie brauchen kein Geld dafür. Kannst du vielleicht einrichten, daß es nur für mich ist? Sie kicherte. Mein Geld als Notgroschen anlegen?
    Dafür, daß er ein im Ruhestand lebender Finanzanwaltwar, brachte er ungewöhnlich viel Zeit mit dem Einrichten von Treuhandkonten zu. Auch mit seinem eigenen Geld. Aber wenigstens hatte er jetzt endlich eine zufriedene Treuhandbegünstigte. Die Vorweihnachtszeit war angebrochen, und solange Schmidt zurückdenken konnte, waren Dick Murphy und seine anderen Kollegen von Wood & King in der Treuhand- und Vermögensverwaltung nicht willens, in dieser Zeit Arbeit zu übernehmen, vielleicht weil die gemeinsamen Mittagessen sich jeden Tag länger hinzogen, weil man Weihnachtslieder singen und andere ähnlich nutzbringende Aktivitäten vollziehen mußte und zudem von unbesonnenen Mandanten unter Druck gesetzt wurde, die vor Jahresende unbedingt noch steuersparende Spenden loswerden wollten, aber die schmerzliche Trennung von ihrem Geld bis zum letzten Augenblick hinausgezögert hatten. Schon der Gedanke an zusätzliche Arbeit stürzte die Kollegen in äußerst üble Laune. Besonders, wenn es Arbeit für pensionierte Partner war. Schmidt drohte mit dem Äußersten – er würde Wood & King die Verwaltung seines Nachlasses und von Charlottes Trust, also seines Vermögens, entziehen. Er hatte keine Ahnung, welche andere Kanzlei einen Mandanten wie ihn haben wollte, der mit Sicherheit keinen Anwalt reich machen würde. Aber er hatte auf den richtigen Knopf gedrückt. Murphy hatte keine Freude an der Aussicht, daß Jack DeForrest die Angelegenheit beim Firmenessen erwähnen könnte. Die Sozii stellten vielleicht Fragen, nur um gegen Murphy zu sticheln, obwohl ihnen Schmidt, lebend wie tot, vollkommen gleichgültig war. Eine Woche später fuhr er mit Carrie in die Stadt – nicht daß es notwendig gewesen wäre, sie zu Murphy mitzunehmen, denn sie hatte nichts zu unterschreiben außer Vollmachten für Investitionsgeschäfte und Bankkarten, Dinge, die man per Post erledigen konnte, aber er wollteihr das Gefühl geben, daß das, was er getan hatte, sehr real und unwiderruflich sei und daß eine Expedition eigens in dieser Sache ihren Sinn habe. Auch wollte er sich ein Vergnügen gönnen. Die Dame im Empfang und Murphy sollten ruhig genau hinsehen – zuerst hatte er sogar DeForrest einbeziehen wollen, davon aber dann Abstand genommen. Das hatte Carrie nicht verdient, auch wenn die Vorstellung, bei dem alten Schwachkopf, dem die Freuden des Ruhestands nun ummittelbar bevorstanden, mit ihr anzugeben, fast unwiderstehlich war. Sie sah mindestens so gut aus wie die Million Dollar, die er ihr gerade ausgehändigt hatte, nein, viel besser als die entsprechende Summe in jeder nur denkbaren Währung. Kein Bündel Geld hatte je so süß geduftet wie sie, keines hatte einen Leib, der eine derart gleichmäßige angenehme Wärme ausstrahlte. Wenn er seine Hand unter ihren Arm legte, dicht über dem Ellbogen zum Beispiel, um sie über den Flur zu führen, dann wäre er nur zu gern stehengeblieben, hätte sie bei den Schultern gepackt, sie zu sich hingedreht, ihr mit einem Kuß die Lippen geöffnet, um zu trinken, bis die Welt unterging. Dreifach, vierfach gesegnet war er. Jedoch: selbst sterbende Schwäne müssen sich stärken, bevor sie den Weg zum Ostende von Long Island antreten. Er beschloß, sie zum Essen in seinen Club einzuladen; sie war noch nie dort gewesen und würde

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