Schmidts Bewährung
Himmel, Dad, man kann’s auch übertreiben. Wir haben es so gemacht, wie Eheleute es eben machen, oder?
Nicht immer, nicht wenn die Finanzen so ungleich verteilt sind. Das müßt ihr klären, denn ihr habt ja wohl Probleme miteinander. Das stimmt doch wohl? Was ist mit dir und Jon? Was gedenkt Jon zu tun? Ich verstehe nicht, wie du einem Thema ausweichen kannst, das wirklich ganz dringend besprochen werden muß.
Dad, hat das nicht Zeit? Ich versuche mit dir über meine Arbeit und mein Leben zu reden.
Schmidt hörte, daß sich im Haus etwas rührte. Erfreuliche, hochwillkommene Geräusche drangen an sein Ohr. Das Brummen des Entsafters. Das Küchenradio mit dem Sender der Southampton University. Carrie war aufgestanden. Seine rosenfingrige Eos, die über die Intuition einer grande dame verfügte. Sie hatte begriffen, daß auf der Veranda das Gespräch unter vier Augen zwischen Vater und Tochter stattfand, und würde sich nicht in die Nähe wagen, bis die Unterredung sich so lange hinzog, daß besagte Intuition sie bewog, ihm zur Hilfe zu kommen. Ausgeschlossen, demnächst mit dieser Hilfeleistung zu rechnen, aber er konnte vielleicht behaupten, ein Glas Wasser zu brauchen, und sich unter diesem Vorwand in die Küche stehlen, Carrie umarmen und seine Hand in die dunkle bettwarme Spalte zwischen ihren Brüsten tauchen.
Ich bin dabei, mir ein Bild vom Ganzen zu verschaffen, und ich meine, was dir und Jon in eurer Rolle als Paar passiert ist, ist erst einmal die Hauptsache. Vor ein paar Tagen habe ich mich mit Jack DeForrest unterhalten. Was er mir erzählt hat, war nicht nur unerfreulich. Es hat mich erschüttert. Jon steckt in üblen Schwierigkeiten. Deshalb denke ich, früher oder später müssen wir darüber sprechen, und ich verstehe, offen gesagt, nicht ganz, wie du daran denken kannst, deine Stelle aufzugeben und ein eigenes Unternehmen zu gründen, ohne ihn in die Überlegungen einzubeziehen.
Später, Dad. Kann ich dir das verständlich machen?
Ja, das kannst du. Soviel habe ich schon begriffen. Also, was willst du eigentlich? Ein Darlehen, oder soll ich in die Sache investieren? In beiden Fällen müßte ich wohl erst einmal die Gelegenheit bekommen, deinen Partner – diesen Mr. Polk – kennenzulernen und mir deinen Geschäftsplan anzusehen. Ich nehme doch an, du hast einen zur Hand. Mr. Polk wird mit Sicherheit einen brauchen, wenn er einen Bankkredit beantragt. Ich schätze mal, ich binzum einen wie zum anderen bereit, wenn dein Projekt vernünftig ist.
Wann sie ihm schon einmal so einen Blick zugeworfen hatte, fiel ihm nicht sofort ein. Ach ja, das war seinerzeit gewesen, als er ihr erklärte, Mary und er könnten es sich nicht leisten, ein Jagdpferd mit ernstzunehmenden Aussichten auf Preise zu kaufen, und ein solches Pferd in der Stadt zu halten sei für sie auch ganz ausgeschlossen. Und danach? Vielleicht nie mehr; vielleicht hatte er Charlottes Illusionen für alle Zeiten zerstört, als er ihr diese eine Bitte abschlug. Aber jetzt wollte er nicht nein sagen; er meinte sogar, ja gesagt zu haben. Was hatte sie denn nur?
Das kann doch nicht wahr sein, Dad, ich glaube es nicht. Ich wollte hier keinen Bankfachmann konsultieren, so habe ich mir das jedenfalls nicht vorgestellt. Ich dachte, ich rede mit meinem Vater, der so reich ist, daß er BMWs verschenken kann. Na ja, ich war dumm genug, zu glauben, daß mein Vater – er hat schließlich nur ein Kind, und das bin ich, falls du dich erinnerst – mir das Geld vielleicht einfach so gibt, als Geschenk, ohne damit etwas zu kaufen, meinen Hausanteil zum Beispiel, ohne mir ein Darlehen zu geben oder in mein Unternehmen zu investieren. Ich verstehe dich nicht. Glaubst du, Harry und ich wollten, daß du Eigentümer unseres Betriebs wirst? Dann würden wir ja für dich arbeiten. Für Harry kann ich nicht sprechen, aber mir wäre dann Marden Bush als Arbeitgeber lieber.
Ach.
Tränen schossen ihr in die Augen.
Aber, aber, Charlotte. Können wir das nicht ganz ruhig besprechen? Immerhin ist es eine Geschäftsangelegenheit.
Vergiß es. Es ist, wie Renate gesagt hat. Du mußt unbedingt über mein Leben bestimmen. Wenn ich das zulasse,ist alles in Butter. Sobald ich mich wehre, kehrst du Schmidtie den Hunnen raus.
Ja, Dr. Renata Riker. Warum hatte er sie nicht erwürgt, am Nachmittag mitten auf der Fifth Avenue, vor den Augen aller Leute, gleich nach dem ersten und einzigen gemeinsamen Lunch? Hilfe, Hilfe! Ich habe Stimmen gehört: Zertreten soll ich diese
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