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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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mit Träumen durchwirkte Erinnerung an das Ende des Abends. Die am meisten exponierte, am wenigsten geschützte Flanke seiner Kampfstellung war im Augenblick sicher; er fühlte sich allem gewachsen. Charlotte war offenbar schon früher aufgestanden. Er hatte inzwischen seine morgendlichen Besorgungen erledigt und schlug gerade die Times auf, da kam sie im Jogginganzug in die Küche. Schweißflecken, das Haar zusammengebunden, schlank und fit. Genauso hatte er sie in Erinnerung, wenn er an jenen Morgen einer längst vergangenen Zeit seines Lebens zurückdachte, als sie ihm eröffnete, sie werde Jon Riker heiraten.
    Ich bin gejoggt.
    Das sehe ich. Ich habe dir Orangensaft gemacht. Er ist noch in der Saftpresse. Tee oder Kaffee? Der Tee steht hier auf dem Tisch. Wenn du Kaffee möchtest: Die Maschine ist vorbereitet, du mußt nur den Knopf drücken.
    Ich nehme Tee.
    Ein Croissant?
    Hast du einen Joghurt?
    Im Kühlschrank. Aber probier doch die Croissants. Sie sind wirklich gut.
    So was esse ich nicht.
    Ah. Ruhig bleiben. Zuhören, Mund halten. Den Artikel in der Zeitung weiterlesen. Blanker Unsinn, ihm Antisemitismus vorzuwerfen. Es gab Juden, die er gern hatte, und solche, die er nicht mochte, zum Beispiel einige besondere Angehörige der Rikerfamilie. Aber meistens nahm er sie nicht einmal wahr. Selbstverständlich wünschte er den Juden im allgemeinen und dem Staat Israel nur das Beste. In der gegenwärtigen Lage zog er den Hut vor Rabin – vielleicht paßte die Metapher nicht ganz –, der bereit war, sich in physische Nähe zu Arafat zu begeben, einem unrasierten, wahrscheinlich übelriechenden Großmaul mitschlechten Zähnen. Es war sicher kaum auszuhalten, mit ihm in einem Raum zu sein, und dann noch diese levantinische Sitte der Umarmungen. Sogar bei den Arabern machte Schmidt noch feine Unterschiede: Er hatte nur eine Abneigung gegen einzelne Personen, nicht Vorurteile gegen eine ganze Rasse. Gegen König Hussein war absolut nichts einzuwenden. Araber mußten einzeln betrachtet werden, ganz wie Juden und alle anderen eigentlich auch. Das hieß nicht, daß man Gruppenmerkmale wie zum Beispiel die hassenswerte arabische – und jüdische – Rhetorik übersehen sollte. Immer mußten sie übertreiben; konnten ihren Redefluß einfach nicht eindämmen.
    Dad, können wir reden?
    Natürlich.
    Wann kommt sie herunter?
    Carrie? Ich weiß nicht. Eben schlief sie noch fest.
    Klar. Ich meinte: Können wir woanders reden?
    Wie du willst. Aber Carrie ist sehr diskret. Wenn sie sieht, daß wir etwas besprechen, wird sie sich wahrscheinlich aus der Küche fernhalten. Wie auch immer, es wird ihr nichts ausmachen. Gehen wir nach hinten auf die Veranda.
    Der alte Rosenbusch am Rand des Rasens hatte nie schöner ausgesehen. Schmidt beschloß, den Blick unverwandt auf ihn zu richten, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren.
    Also, paß auf, ich möchte etwas Geschäftliches mit dir besprechen. Deine Investitionen entwickeln sich bei der gegenwärtigen Marktlage gut, nehme ich mal an. Stimmt das?
    Ich denke ja.
    Sie verstummte, also plapperte er weiter: Die RombergLeute kümmern sich immer noch darum, sie leisten gute Arbeit. Ich sehe zu, daß ich Herb Stein alle paar Monatebesuche, um sicherzugehen, daß er seine fünf Sinne noch beieinander hat und nicht dem Suff verfallen ist. Davon abgesehen, widme ich nichts und niemandem besondere Aufmerksamkeit. Übrigens habe ich diese beiden kleinen Anteile an Fonds, in die ich auf eigene Faust investiert hatte, wieder abgestoßen. Weißt du noch? Ich habe immer im Wirtschaftsteil nachgelesen, wie sie standen. Sie haben einen ganz netten Gewinn abgeworfen, und davon habe ich das kleine Cabrio für Carrie gekauft.
    Schön für sie. Dann hast du nicht all dein Geld verloren – oder das Geld, das du von deiner Stiefmutter geerbt hast.
    Bonnies Geld? Aber nein, ganz und gar nicht. Obwohl ich dem Hospital in Palm Beach einen ganzen Batzen meines Erbes abgegeben habe. Unter anderem das Haus.
    Wäre ihm doch nur das Haus nicht eingefallen. Sein Anwalt Murphy hatte ihm dringend geraten, es einer gemeinnützigen Einrichtung zu überlassen, und geschäftlich gesehen war sein Rat gut gewesen. In Palm Beach gefiel es ihm nicht, deshalb hätte er das Haus nie genutzt, und die laufenden Kosten einschließlich des Gehalts, das er als Zeichen der Anerkennung an Bryan zahlte, waren sinnlos hoch. Das Haus sollte in ein Konferenzzentrum umgewandelt werden, und bei der Schenkung hatte Schmidt mit

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