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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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eine einvernehmliche Scheidung wird, ihr braucht nicht nur einen Anwalt, der euch Auskunft über Steuern gibt und aufschreibt, worauf ihr euch geeinigt habt. Wenn du willst, kann ich Murphy anrufen und bitten, dir jemanden zu empfehlen. Du erinnerst dich sicher an ihn, er ist der Sozius in der Kanzlei, der Mutters und mein Testament abgefaßt hat. Er kennt eine Menge Scheidungsanwälte.
    Mr. Murphy kenne ich noch. Er ist jedenfalls nicht das, was ich will. Ich will einen richtig scharfen Juden, so daß Jon und Cacciatore nicht mit ihm Schlitten fahren. Ich würde Harrys Anwalt beauftragen, aber Harry meint, es sei nicht so toll, was der für ihn geleistet habe. Meinst du, ich kann zu Harry ziehen? Ich bin es unheimlich leid, immer über Jon zu stolpern, aber ich will nicht, daß er mir die Schuld zuschieben kann, wenn ich aus dem Apartment ausziehe und mit Harry lebe.
    Ich denke, daß so etwas heutzutage keine Rolle mehr spielt. Aber da müßtest du dich ganz genau erkundigen. Murphy wird es wissen. Ich kann ihn fragen, wenn ich mit ihm über einen Anwalt für dich spreche. Charlotte, ich wurde stutzig, als du das Tenniscamp erwähntest, aber jetzt scheint mir die Sache kristallklar. Du hast offenbareine Affäre mit Mr. Polk. Hat das denn angefangen, bevor Jon sich mit dieser Frau traf?
    Du meinst Debbie Vogel?
    Die Anwältin. Die, um die sich der Ärger mit dem Schriftsatz dreht.
    Es hat vorher angefangen, aber was heißt das schon? Jon hat nach Dienstschluß eine der Assistentinnen genagelt, in seinem Büro, auf dem Fußboden oder auf dem Schreibtisch. Das hat mir Dennis’ Frau erzählt. Alle haben es gewußt.
    Er hörte Carries Schritte in der Diele. Meine Süße, rief er. Charlotte und ich, wir sind fast fertig. Möchtest du Kaffee machen? Wir könnten hier draußen Kaffee trinken.
    Für mich nicht, sagte Charlotte.
    Meine arme Kleine. Du bist erst so kurze Zeit verheiratet, du und Jon, ihr kanntet euch so gut, wart jahrelang zusammen – habt ihr geheiratet, um euch dann mit anderen Leuten einzulassen?
    Du bist vielleicht witzig! Kannst du dir nicht eingestehen, daß Menschen Sex haben? Ausgerechnet du, und dabei lebst du mit diesem Girl! Jetzt will ich dich mal was fragen: Warum hast du Mutter betrogen? Meinst du, ich habe nicht gewußt, daß du meine vietnamesische Babysitterin flachgelegt hast, hier in diesem Haus, vor Mutters Nase? Würdest du mir das bitte erklären? Mein Gott, du hast sogar Renata angebaggert. Konntest nicht widerstehen, wie? Wenn du mich fragst: Männer sind Scheißkerle. Oh, toll, wie du mich anstarrst, gleich fallen dir die Augen aus dem Kopf. Schon kapiert. Jetzt eben habe ich wohl die Chance auf dein Geld verspielt. Dämlich, wie ich bin.
    Ihre Stimme drang von weit her an sein Ohr. Eine andere Stimme, viel leiser und näher, flüsterte: Reg dich nicht auf, laß das Geldzählen, bald gehört es ihr sowieso. Erstaunlich, wie müde sie ihn machte. Er bewegte den Kopf hin und her, wie um sich Wasser aus dem Ohr zu schütteln, und versicherte ihr: Das Geld steht dir zur Verfügung. Sag mir nur, auf welches Konto ich es überweisen soll, Charlotte.
    Und als er sah, wie sie strahlte und zum Reden ansetzte, vermutlich, um ihm zu danken, hob er die Hand und fügte hinzu: Bitte, keine weiteren Reden mehr.
    Ein Mann kann seine Nase, seine Augen, Haare, Zähne und seine Haut nicht abstreifen, und wenn sie noch so häßlich sind – sie sind immer da, damit er nicht vergißt, woher er kommt, das ist der Fluch des Erbes. Es fehlte nicht viel, und Schmidt hätte geglaubt, auch die übelsten Charakterzüge von seinen Eltern geerbt zu haben. Er beobachtete sein Verhalten daraufhin und fragte sich immer, wenn er im Begriff war, dieses oder jenes zu tun, ob er wenigstens einmal den ständig wiederkehrenden Angsttraum abschütteln könne. Gewöhnlich gelang ihm das nicht. Genauso hatte er als Halbwüchsiger besorgt nach Pickeln in der Mundgegend gesucht, um sie zwischen den Nägeln der beiden Zeigefinger zu quetschen, bis Eiter und dann ein Tropfen Blut heraustraten. Den vorwurfsvollen Blick, dieses: »Da siehst du, was du mir angetan hast«, hatte seine Mutter besonders gut beherrscht und virtuos gegen Schmidts Vater wie gegen ihn eingesetzt. Todernst, bleich und zitternd – immer fing sie gerade erst an, sich von der einen oder anderen Krankheit zu erholen –, mit eiskalten, an den Gelenken geröteten Händen glitt sie von Zimmer zu Zimmer und schüttelte den Kopf in sprachloser Verwunderung. Man

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