Schmidts Bewährung
Male beschissen. Jetzt begreifst du allmählich, das sehe ich dir an den Augen an. Geld ist dir egal – hör zu, ich weiß es –, und an diesem Punkt in deinem Leben hast du keine Arbeit und keine Berufsperspektive. Charlotte ist dir wichtig. Sie ist sogar das einzige, was dir wichtig ist. Siehst du den Anreiz? Warte, ich sag’s noch deutlicher. Du hast allen Grund, dich gewaltig ins Zeug zu legen und das Ding mit Charlotte in Ordnung zu bringen.
Das ist weiß Gott wahr. Wie kommst du darauf, daß ich es nicht tue?
Das ist nicht das Problem. Dich ins Zeug legen heißt auch: gute Arbeit machen. Die Frage ist, wie packst du’s an, ohne Mist zu bauen? Willst du den zweiten Teil meines Rezepts hören? Sieh zu, daß du ein eigenes Leben hast. Im Augenblick ist da gar nichts. Gruselig.
Ein Leitmotiv – Blackman spielt es auf dem Fagott, Mansour bläst Tuba. Das haben die beiden Kerle geprobt. Als ob Schmidt nicht verzweifelt aus der selbstgebauten Falle herauswollte, in der er sich mit den Jahren immer enger verfangen hatte.
Ach, weißt du, sagte er, ich lebe, so gut ich kann. Ich liebe Carrie. Sie macht mich glücklich. Sonst habe ich niemanden. Das ist mein Leben jetzt, und es ist nicht das schlechteste.
Das ist noch mal ein Problem für sich, das ich auch im Auge behalte. Ganz ruhig, Schmidtie, ich tu ihr nichts mehr, das weißt du doch. Übrigens: Jason sagt, sie ist in Hochform. Die Frage ist nur: Hilft Carrie dir aus der Geschichte mit Charlotte heraus? Laß es mich mal so versuchen: Wenn Charlotte über dich und Carrie nachdenkt, kommt sie dann auf die Idee, sich zu fragen: Hey, will ich eigentlich irgendwann mal ein Wochenende mit meinem Vater verbringen? Die Antwort ist nein. Hab ich recht?
Mag sein, aber sie hat unrecht. Sie sollte dankbar sein, daß ich mit einer Frau lebe, die gut zu mir ist, die mich glücklich macht – und ihr den Rücken frei hält! Für ein Einzelkind ist nichts schlimmer als ein pensionierter verwitweter Elternteil, der nur dieses Kind und sonst niemanden hat, an den er sich wenden, an den er denken kann!
Da hast du recht, aber du hast Charlotte zum Egoismus erzogen. Sie denkt nicht darüber nach, was gut für dich wäre. Du mußt ihr Eindruck machen, ihr das Gefühl geben, daß du stark bist. Ich habe an meine Stiftung gedacht. Hast du eine Vorstellung von unserer Arbeit dort?
Schmidt nickte.
Ja, im großen und ganzen schon.
Du solltest dich kundig machen. Ich spiele mit dem Gedanken, dir meine Stiftung anzuvertrauen, dir die Leitung zu geben. Keine Sorge. Wie gesagt, die Visionen würden weiterhin von mir kommen, und das Geld auch! Wie fändest du das? Du müßtest keine Mittel beschaffen, und ich stünde dir zur Seite – als dein Seniorpartner sozusagen. Du bist gesund, also hast du noch wie viele ... sagen wir: zehn Jahre Zeit, dich nützlich zu machen. Wie wär’s miteinem Zehnjahresvertrag? Dein Gehalt kannst du selbst festsetzen. Wenn du mir hilfst, die Stiftung so auszubauen, wie ich sie mir vorstelle, dann wird Charlotte mit einem Blick sehen, daß du wieder wichtig bist. Nichts Weltbewegendes, aber das ist doch verdammt viel attraktiver als der Anblick eines versauerten alten Schmocks, der sich mit letzter Kraft an ein Kid wie Carrie klammert. Habe ich recht? Du gehst kein Risiko ein. Also, ist das ein Angebot?
Ein vertrackter Teufel im alten Tweedanzug seines Vaters sprang hoch, rote Funken im wirren Schopf, starrte ihn aus blutunterlaufenen Augen an, preßte seine schwere, von dicken Venen durchzogene Hand auf Schmidts Mund und drängte die Worte zurück, die Schmidt auf der Zunge lagen. Was, diesem Mann zu Diensten sein! Ihm erzählen, daß er dir alles bietet, was du dir heimlich erhofft, aber immer für unerreichbar gehalten hast? Niemals. Dankbarkeit ist Sklaverei. Laß dir das Ding, das du von ganzem Herzen willst, zusichern, aber nicht als Herrengunst, sondern nur zu deinen Bedingungen – und erst nach einem Kampf.
Nun gut, sagte er zu Mr. Mansour, ich bin gerührt, daß du daran gedacht hast. Sehr gerührt, weit mehr als du dir vorstellen kannst. Das Problem ist, daß ich nicht weiß, ob ich für dich arbeiten soll. Daß du mich magst und daß wir uns gut vertragen, liegt vermutlich daran, daß ich nicht für dich arbeite. Ich fürchte, unser Verhältnis würde sich ganz und gar ändern, sobald ich auf deiner Gehaltsliste stünde.
Mr. Mansour trank seinen Wein, lehnte sich zurück und zeigte auf das leere Glas. Manuel schenkte ihm nach. Er trank
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