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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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Schmidtie und sie, aber noch sei es nicht zu spät. Noch hätten die Kinder das Leben vor sich, nichts sei unwiederbringlich verloren oder beschädigt. Aber Hilfe brauchten sie, und die könnten nur Schmidtie und sie zusammen ihnen geben. So redete sie immer weiter, und er verkroch sich derweil unter die Bettdecke, drauf und dran, aufzulegen und den Hörer neben der Gabel liegen zu lassen – würde er später dafür getadelt, konnte er immer noch sagen, die Verbindung sei gestört gewesen –, und fragte sich, ob sie wohl immer noch so präkolumbianisch aussah, ob die unter den Wollstrümpfen verborgenen Krampfadern, die sie damals bei der ersten Begegnung so attraktiv massiert hatte, inzwischen schlimmer geworden waren. Ha! Zwei Krampfaderfälle in seinem Leben: Dr. Renata und Mrs. Gorchuck. Nicht daß er auf jedes ihrer Worte achten mußte. Die Frage, die sie schließlich stellte, hatte er erwartet: Können wir uns in der Stadt treffen, Schmidtie? Wir müssen reden. Ich arbeite wieder, aber donnerstags habe ich frei, wie früher. Schmidtie könne sie zum Mittagessen in seinen reizenden Club einladen, wo es diese kleinen Filterkaffeemaschinen gebe. Die passende Antwort konnte er sich freilich nicht versagen. Er erklärte ihr: Du wärst enttäuscht, die sind abgeschafft, der Club hat jetzt eine einzige große Espressomaschine, kein Unterschied mehr zu Starbucks. Wie schade! sagte sie. Aber sie hatte ihm ja nur zeigen wollen, daß sie sich an alle angenehmen Details ihrer letzten Begegnung erinnerte, während er sich so von Zorn und destruktiven Gefühlen bestimmen ließ, die das Gegenteil dessen waren, was sie beide für die wichtigste Aufgabe ihres Lebens brauchten.
    Ein Nein als Antwort werde ich nicht akzeptieren, kündigte sie an. Wenn du dich nicht in New York mit mir treffen willst, dann nehme ich den Frühbus nach Bridgehampton. Wir werden reden, und dann fahre ich wieder mit dem Bus in die Stadt, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, daß es wirklich dein Wunsch ist, mich so zu behandeln.
    Das war nun ein interessanter Hinweis, zumal aus dem Munde eines hochangesehenen Mitglieds der New York Psychoanalytical Society: Wenn es wirklich nach seinem Wunsch ginge, wie würde er diese Frau behandeln, die ihm seine Tochter entfremdet hatte, diese Frau, der er zu Recht oder zu Unrecht die Hauptverantwortung dafür zuschrieb, daß er sich so zerschlagen, so am Boden fühlte wie damals nach dem Tod seiner Frau? Ermorden würde er sie! In siedendes Öl mit der alten Vettel – das würde sein aufgestörtes Unterbewußtsein hervorstoßen. Aber die Gelegenheit war klar auf einen einzigen Fall beschränkt. Dr. Renata redete nur von Manieren, nicht von verborgenen Motiven. Da seine Manieren verlangten, daß er sie für eine Dame hielt, sah er nur zwei Möglichkeiten: Entweder konnte er sich weigern, sie zu sehen, auch wenn sie vor seiner Haustür stand, oder er konnte sich mit ihr in New York verabreden. Für das erste war er zu schwach und zu sehr in Angst vor der katastrophalen Wirkung auf Charlotte. Also antwortete er: Da es dein Wunsch ist, werde ich mich im Club mit dir treffen. Versuch bitte, um halb eins dazusein. An die Adresse mußte er sie wohl nicht erinnern.
    Höchstwahrscheinlich war dies ein falscher Zug. Erneut hatte er sich von den Rikers in die Defensive drängen lassen. Aber man mußte denselben Fehler nicht immer wiederholen. Diesmal nicht, schon gar nicht mit Mr. Mansour.
    Mike, fragte er, wie erklärst du dir eigentlich, daß du bei so viel psychologischem Fingerspitzengefühl und Verhandlungsgeschick nicht besser mit deinen Kindern und Ehefrauen zurechtgekommen bist?
    Er hob die Augen von seinem Teller mit der gebratenenKalbsleber und versuchte festzustellen, wie gut er gezielt hatte. Ins Schwarze getroffen hatte er nicht. Ungerührt kaute, schluckte und lächelte sein Gastgeber. Dann richtete er das Wort an Schmidt: Du verstehst wirklich nicht, worum es geht. In der Richtung habe ich meine Begabung nicht arbeiten lassen. Als meine Kinder geboren waren und aufwuchsen, habe ich meine Unternehmen aufgebaut. Meine Unternehmen beweisen, was ich kann. Meine Frauen! Du willst mich auf den Arm nehmen. Ich habe dir doch erzählt, daß Nummer eins ein dummer Fehler war. Nummer zwei genauso. Dumm und dümmer. Okay, Sex finde ich gut. Ich bilde mir nicht ein, daß ich ein guter Liebhaber wäre. Bin ich nicht. Mir gefällt es nur, das ist alles. Das heißt nicht, daß ich Verheiratetsein gut finde. Es war beide

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