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Schmidts Bewährung

Schmidts Bewährung

Titel: Schmidts Bewährung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Begley
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er entdeckt hatte, daß Schmidt noch viel mehr, nämlich Mansours »bester Freund« sei? Schmidt war, seinem Hang zur Selbsterniedrigung folgend, zu dem Schluß gekommen, daß es dafür nur einen Grund geben könne: Mr. Mansour fand ihn so kurzweilig, wie der spanische Hof zu Velázquez’ Zeiten Zwerge kurzweilig gefunden hatte. Er war Mike Mansours neues Spielzeug! Zweifellos hatte Mr. Mansour als Unternehmer mit einem Dutzend Anwälten Bekanntschaft geschlossen und eng zusammengearbeitet, die mindestens so gut wie oder besser als Schmidt waren, wenn man juristisches Denkvermögen und berufliches Ansehen zum Maßstab der Beurteilung nahm, und dieses Kriterium hatte offenkundig eine ziemliche Rolle gespielt: Als er Schmidt kennenlernte, hatte Mr. Mansour ihn bei verschiedenen Gelegenheiten auf die Probe gestellt – seine beruflichen Qualitäten derartig geprüft, daß Schmidt sichvorkam wie auf dem Übungsplatz einer Hundeschule. Nach jedem Test fragte er sich, ob Mr. Mansour ihm nun einen Hundekuchen – oder vielleicht ein Stück Halva – auf der flachen Hand hinhalten und ihn hinter den Ohren kraulen wollte, weil er so viele Punkte gemacht habe. Wie gut er apportieren oder dem Kommando »Sitz« folgen könne, wurde nicht getestet; denn Mr. Mansour hielt sich zwar für einen großen Psychologen, aber er war sich nicht sicher, ob Schmidt gehorchen würde, und wollte es vielleicht lieber nicht darauf ankommen lassen. Aber womöglich zeichnete ihn in den Augen Mansours gerade diese vermutete Neigung zur Insubordination vor den anderen juristischen Apportierhunden aus, den Nicht-ganzSchmidts, die er zwar gern in seinem Zwinger hielt, aber nicht auf dem Teppich am Ofen duldete. Ja, Mr. Mansour fand es der Mühe wert, einen Mann, so respektabel und vorzeigbar wie Schmidt, den er nicht in der Hand hatte, der aus eigenem Willen zu ihm kam, als engen Freund an seiner Seite zu haben. So weit war ihm zu trauen. Wie weit die Wirkung von Carries außergewöhnlicher Attraktivität ging, auf die Schmidt eine stillschweigende Wette gegen sich selbst hielt, das hatte Mr. Mansour deutlich genug vorgeführt. Aber nach Carries Auskunft hatte Mr. Mansour seit dem Fiasko in New York beschlossen, weiterhin auf einen neuen Vorstoß zu verzichten. Auf Schmidts Frage, ob sie die ständigen Einladungen annehmen sollten, sagte Carrie: Warum nicht? So was versucht er nicht noch einmal, eher würde der sterben. Ganz unlogisch fügte sie hinzu: Kannst du dir das vorstellen? Jason würde ihn glatt umbringen.
    Also antwortete Schmidt Mike von Freund zu Freund: Na gut, Professor. Welche Wundermedizin verschreibst du mir?
    Keine. Nur strenge Diät. Tu gar nichts. Laß sie kommen.
    Und dann?
    Hörst du zu und sagst, du mußt es dir überlegen. Das heißt, du und ich, wir besprechen alles, bevor du den nächsten Zug machst.
    Solche Ratschläge habe ich immer meinen Mandanten für ihre Verhandlungen gegeben. Mike, du wärst ein guter Anwalt gewesen. Aber dies ist keine Verhandlung. Hier geht es um Hilfe für meine Tochter, um ihre Gefühle, um meine Beziehung zu ihr.
    Du meinst, ich könnte ein guter Anwalt sein – der größte wäre ich. Was glaubst du denn, was ein Anwalt leisten muß im Vergleich zu mir, der ich ein Riesenunternehmen aufgebaut habe? Kein Vergleich. Als Anwalt brauchte ich nur einen winzig kleinen Teil meines Hirns, so winzig, daß man ihn gar nicht sehen würde und ich leicht darauf verzichten könnte. Die Frage ist, wie du Bewegung in die Sache bringst. Und das ist nichts Juristisches. Das ist das Leben. Eine Katze zwingst du nicht zum Fressen, indem du ihr Futter vor die Nase setzt. Du überläßt ihr die Entscheidung. Wenn sie Hunger hat, wird sie zum Freßnapf kommen. Genauso wie deine Tochter. Okay? Merk dir das. Pas de problème.
    Wie schön für Mr. Mansour. Als Renata anrief, hielt Schmidt gerade seinen Mittagsschlaf. Manchmal argwöhnte er, sie und Charlotte hätten irgendwo in seinem Haus Bewegungsmelder installiert, die ihnen Alarmzeichen übermittelten, sobald ihm die Augen vor Müdigkeit zufielen, also im Moment seiner größten Verletzbarkeit. Eine sexy Stimme, das mußte er zugeben, und dabei hatte er geglaubt, die Seelenklempnerin, der diese Stimme gehörte, fände er inzwischen abscheulich. So lange ist es her, sagte sie; sie hätten einander doch versprochen, Hand in Hand zu arbeiten, um den Kindern zum Glück zu verhelfen, und wie hätten sie das Versprechen gebrochen. Dafürseien sie beide gestraft worden,

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