Schmidts Einsicht
als Vorstandsmitglied – sogar Präsident – eines wichtigen gemeinnützigen Unternehmens, der auf dem Heimweg war, nachdem er eine wichtige Mission erfüllt hatte. Daß es romantischer wäre, nur deshalb nach Paris zu reisen, weil er mit Alice zusammensein wollte, hatte er auch überlegt. Alles in allem war ihm die von seinem Freund und Vorgesetzten abgesegnete Mission lieber.
Bleibst du über Nacht in der Stadt? fragte Mr. Mansour, als sie das Büro der Stiftung verließen. Schmidt sah auf die Uhr. Es war Viertel nach drei. Bis er ein Auto gemietet und sich auf den Weg gemacht hätte, würde der Verkehr hinaus auf die Insel mörderisch sein. Dem fühlte er sich nicht gewachsen. Ja, antwortete er, ich bleibe in dem Appartement, das die Stiftung mir so fürsorglich zu Verfügung gestellt hat, und fahre morgen früh nach Bridgehampton.
Er war wirklich dankbar für das pied à terre in der Park Avenue, das kein Bestandteil seines Vertrags mit der Stiftung gewesen war, sondern vielmehr ein Beispiel für Mike Mansours schrullige Freigebigkeit. Aber Schmidt hatte an diesem Tag noch mehr Grund, dankbar zu sein. Als er am Abend zuvor gegen elf Uhr erschöpft und im Gefühl, ganz seltsam ausgetrocknet zu sein, vom Flughafen gekommen war, hatte ihn eine Überraschung überwältigt und sprachlos vor Freude gemacht. Ein üppiger Strauß lila und weißer Flieder stand in einer Vase auf dem Couchtisch, und neben der Vase lag ein Zettel mit einem Smiley. Darauf stand: »Die sind aus deinem Garten.« Unterschrieben war er mit »Rat mal, wer! Carrie«. Auch ohne die Unterschrift würde er keinen Moment daran gezweifelt haben, daß sie mit ihrer unverstellten Zuneigung und natürlichen Anmut für diesen Willkommensgruß verantwortlich war. Er hoffte nur, daß einer von Mike Manours Sicherheitsleuten diese Gabe aus Bridgehampton vorbeigebracht hatte undnicht sie selbst. Jetzt war keine gute Zeit für sie, in ihren kleinen BMW zu springen und die Fahrt von und nach Bridgehampton zu machen. Nach seiner Rechnung war das Baby im Mai zu erwarten.
Wieder eine gescheite Idee, sagte Mr. Mansour. Du wirst noch ein echter Jude. Ist dein Wagen hier?
Schmidt schüttelte den Kopf. Ich bin heute morgen hier angekommen, habe mein Gepäck abgestellt, geduscht und bin ins Büro gegangen.
Pas de problème . Wenn du deinen Wagen hier hättest, würde ihn Manuel – der Hausmann des Finanzmagnaten – an den Strand zurückfahren. Aber so ist es einfacher. Du fliegst mit mir im Hubschrauber. Manuel holt dich ab. Aufbruch um zwölf, ein frühes Mittagessen bei mir, und nach dem Essen schicke ich dich nach Hause. Du kennst die Cannings? Joe und Caroline?
Ja, Schmidt kannte die beiden. Er war vor Weihnachten bei einem Abendessen gewesen, zu dem Elaine und Gil Blackman eingeladen hatten, einem Fest mit einer besonderen Note, denn dieses Ekel Canning hatte beißenden Spott mit Mike Mansour getrieben, dem er zum erstenmal begegnete, und Mike war deutlich von Carolines Aussehen und Eleganz angetan gewesen.
Wir gehen heute abend zusammen essen, fuhr Mr. Mansour fort. Zu Fabien’s. Möchtest du mitkommen, als mein Gast? Ich hätte Canning nicht dazugebeten, wenn ich seine Frau allein hätte einladen können, aber ich muß ihn vorläufig noch in Kauf nehmen, wenn ich Zugang zu ihr haben will. Vorläufig noch, summte Mr. Mansour in einer Melodie, die Schmidt nicht wiedererkannte, vorläufig noch.
Fabien’s war ein französisches Restaurant an der Upper East Side, das hoch gelobt wurde oder, wenn man dem hohlköpfigen federführenden Restaurantkritiker der Times glauben wollte, sogar zur Weltspitze der Gastronomie gehörte. Schmidt, der Mary und ihre Starautoren mit einer gewissen Häufigkeit dorthin zum Dinner hatte begleiten müssen, fand das Lokal nicht gut. Ausgestattet in einem Stil, der ihn an das Frank E. Campbell Beerdigungsinstitut erinnerte, schaffte es dieses Restaurant, exorbitante Preise mit einem unverschämten, inkompetenten Service zu verbinden, und bot eine Speisekarte von solcher Kompliziertheit, daß Schmidt Mühe hatte, darauf irgend etwas nach seinem Geschmack zu finden. Die Kundschaft bestand in der Hauptsache aus schwergewichtigen Männern, die wohl nicht noch mehr Mahlzeiten mit tierischem Fett und Sahne brauchten, und ihren Betthäschen, deren schrille Stimmen Schmidt in mürrisches Schweigen trieben. Nein, er hegte wahrhaft herzliche Gefühle für Mr. Mansour, aber die Aussicht auf ein Dinner zu viert mit ihm und den Cannings
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