Schmiede Gottes
Russen?«
»Weiß ich nicht, Sir. Sir, Sie sollten so schnell wie möglich auf den Rasen hinauskommen.«
»In Ordnung.« Schwartz nahm nicht einmal seine Jacke.
Auf dem Rasen des Weißen Hauses duckte sich Schwartz in dem Unterhemd und den Pyjamahosen, in denen er geschlafen hatte, instinktiv unter die hohen, massiven Rotorblätter und rannte die Leiter hoch, den kahlen Kopf ungeschützt gegen den kalten Luftzug der Frühlingsnacht. Ein Beamter des Secret Service stand an der Luke, bis sie geschlossen wurde. Dann beobachtete er, wie der Hubschrauber sie alle zur Luftwaffenbasis Grisson in Indiana brachte.
Der Stabsoffizier und ein Wachmann der Navy drückten sich zu beiden Seiten gegen Crockerman. Der von der Marine trug den ›Fußball‹, und der Stabsoffizier hatte ein mobiles Daten- und Befehlszentrum – abgekürzt MODACC – dabei, das an das Kommunikationssystem des Helikopters angeschlossen war.
An Bord waren auch drei Männer vom Secret Service, sowie Nancy Congdon, die persönliche Sekretärin des Präsidenten. Hätte sich Mrs. Crockerman im Weißen Haus befunden, so wäre sie auch evakuiert worden.
»Mr. President«, begann der Stabsoffizier, »der Verteidigungsminister befindet sich in Colorado. Der Außenminister ist in Miami auf einer Regierungskonferenz. Der Vicepresident ist in Chicago. Ich glaube, daß der Sprecher des Hauses von seiner Wohnung ausgeflogen wird. Ich habe einige Information bezüglich dessen, was uns unsere Satelliten und andere Sensoren schon gemeldet haben.« Er sprach lauter, als nötig war, um den Motorenlärm zu übertönen; die Kabine war gut isoliert.
Der Präsident und alle anderen an Bord hörten genau zu.
»Seattle ist dahin, und Charleston ist eine Ruine. Der Schlag scheint dort zwanzig Kilometer weit von der Küste sein Zentrum gehabt zu haben. Aber unsere Satelliten melden keine Starts von Flugkörpern aus der Sowjetunion oder irgendwelchen Fischen auf See. Es wurden überhaupt keine Missiles entdeckt, die von der Erde kamen. Und offenbar ist irgendein Verteidigungssystem über San Francisco und Cleveland aktiviert worden, vielleicht anderswo auch…«
»Wir besitzen keine solchen Verteidigungsmittel«, sagte Crockerman mit heiserer, kaum hörbarer Stimme. Er richtete seine Augen auf Schwartz. Schwartz fand, daß er aussah, als ob er schon mindestens seit zwei Tagen tot wäre, mit blassen und leblosen Augen. Die Abstimmung für Amtsenthebung hatte ihn der letzten Kraft beraubt. Morgen würde – würde gewesen sein – der Anfang des Senatsverfahrens, ob er im Amt bleiben oder abgesetzt werden sollte.
»Korrekt, Sir.«
»Es sind nicht die Russen«, bemerkte ein Geheimdienstagent, ein großer schwarzer Mann aus Kentucky in mittleren Jahren.
»Nicht die Russen«, wiederholte Crockerman, dessen Gesicht jetzt etwas Farbe bekam. »Wer dann?«
»Die Planetenfresser«, sagte Schwartz.
»Hat es angefangen?« fragte der junge Lieutenant der Navy und hielt die Aktentasche fest, als ob er verhindern wollte, daß sie wegflöge.
»Das weiß Gott allein«, sagte Schwartz und schüttelte den Kopf.
Das MODACC piepste, und der Stabsoffizier hörte mit seinen schallisolierten Kopfhörern genau hin. »Mr. President, das ist Premierminister Arbatov in Moskau.«
Crockerman warf Schwartz wieder einen langen Blick zu, ehe er das Mikrophon und die Kopfhörer nahm. Schwartz wußte, was dieser Blick bedeutete. Er ist immer noch der Mann, verdammt noch mal!
64
Arthur fuhr den Wagen kurz vor Mitternacht in die Straße zu der Wohnung von Grant und Danielle auf dem Hügel in Richmond. Er war immer noch erschüttert. Die Erinnerung an den Schmerz und Verlust des Netzwerks lag ihm wie ein bizarrer, scharf bitterer Geschmack auf der Zunge. Er saß mit den Händen am Lenkrad da, starrte auf die Garagentür aus Naturholz und drehte sich dann zu Francine um.
Sie fragte: »Ist mit dir alles in Ordnung?«
»Ich denke, ja.« Er blickte nach hinten zu Marty. Der Junge lag quer auf der Rückbank mit geschlossenen Augen. Der Kopf baumelte etwas über der Kante, der Mund war offen.
»Gott sei Dank schläft er«, sagte Francine. »Du hast uns beiden schrecklich Angst gemacht.«
»Ich habe euch Angst gemacht?« fragte Arthur. Seine Erschöpfung wich einem plötzlich aufkommenden Ärger. »Jesus, wenn ihr gefühlt hättet, was ich empfunden habe…«
»Bitte«, sagte Francine mit todernstem Gesicht. »Wir sind hier. Da kommt Grant jetzt.«
Sie öffnete die Wagentür und stieg aus.
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