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Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall

Titel: Schmuddelkinder - Lenz sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P Gibert
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ganz viel Verständnis reagieren wird? Ich
hab nichts dabei, um einer solchen Aufforderung Nachdruck zu verleihen, und du
schon gar nicht.«
    Lenz schnaufte tief
durch. »Jetzt mal doch nicht gleich den Teufel an die Wand, Thilo. Wenn wir sie
wirklich irgendwo in der Nähe des Karlshofs erwischen sollten, rufen wir halt
ein paar Kollegen zu Hilfe. Wenn nicht, fahren wir nach Kassel und lassen uns
von Ludger den Kopf runterreißen.«
    »Wie du willst«,
resignierte Hain und scherte aus, um den Kleinlaster einer Bäckereikette zu
überholen.

     

30
    Wabern
lag noch im Tiefschlaf, als die Polizisten auf den Ort zurollten. Sie
überholten einen Jugendlichen, der mit über den Arm gehängtem Helm und Kippe im
Mund auf seinem Mofa unterwegs war, doch ihre Aufmerksamkeit galt an diesem
Morgen anderen Dingen.
    Hain setzte den Blinker,
bog von der Hauptstraße auf das Gelände des Karlshofs ab und sah fragend nach
rechts, wo Lenz die Gegend scannte.
    »Soll ich hier parken
oder willst du, dass ich noch eine Runde über das Gelände drehe?«
    Der Hauptkommissar
deutete auf einen Parkplatz unter einem Baum. »Nein, lass uns dort parken.«
    Das
ehemalige Lustschloss und die dazugehörigen Gebäude und Flächen wirkten wie
ausgestorben, doch um diese frühe Uhrzeit war das nicht anders zu erwarten. In
dem Augenblick, als die Beamten aus dem Wagen stiegen, öffnete sich hinter
ihnen eine große, schwere Tür und ein verschlafen aussehender junger Mann mit
MP3-Spieler in der Hand, Ohrstöpseln und einer verkehrt herum aufgesetzten
Baseballkappe kam zum Vorschein. Er drückte auf eine Taste des Players und
begann loszutraben. Hain hob die Hand und wollte ihn stoppen, doch Lenz winkte
ab.
    »Lass
ihn. Der hat vor ein paar Minuten noch tief und fest gepennt. Was sollte der
uns erzählen?«
    Der Oberkommissar nickte.
»Schon gut.«
    »Lass uns eine große
Runde über das Gelände drehen. Ich habe offen gestanden zwar keine allzu große
Hoffnung, irgendwas oder irgendwen zu entdecken, aber was soll’s.« Damit warf
Lenz sein Sakko auf den Fahrersitz, die Tür ins Schloss und setzte sich in
Bewegung. Hain trabte neben ihm her.
    Als
Erstes gingen die Polizisten zu den Pavillons. Dort drang aus einem offenen Fenster
leise Musik. In einem der Zimmer schrie ein Junge wütend auf, ein anderer
antwortete in der gleichen Lautstärke. Dann war wieder Ruhe. Sie sahen sich
zwischen den Gebäuden um, doch dort hielt sich niemand auf. Gegenüber den
Pavillons umrundeten sie das ansprechend renovierte Haus, warfen einen kurzen
Blick in den Flur des nach altem Gemäuer riechenden Gebäudes, das offenbar als
Schule benutzt wurde, und gingen danach über die große Freifläche zum
Haupthaus. Auch dort schauten sie in die Flure, doch bis auf leise Musik, die
aus mehreren Zimmern drang, gab es nichts zu hören und zu sehen. Im großen
Innenhof zwischen dem Gebäude und der Straße, die nach Fritzlar führte, waren
rund ein Dutzend Fahrzeuge geparkt, doch keines passte auf die Beschreibung, die
Lenz von dem Diensthabenden in Kassel erhalten hatte. Der Hauptkommissar
steckte die Hände in die Taschen, gähnte herzhaft und lehnte sich an die kühle
Hauswand. Obwohl es noch nicht einmal sieben war, hatte das Thermometer sicher
schon wieder 23 Grad erreicht. Mit dem Vogelgezwitscher rund um sie herum, den
wogenden Kornfeldern außerhalb der Umzäunung, und der Musik im Hintergrund aus
den Zimmern hätte man fast annehmen können, dass dies ein sehr angenehmer,
ruhiger und friedlicher Ort war, doch Lenz dachte an die Schilderung von Werner
Schlieper, des Bundeswehrsoldaten, der seinen Aufenthalt in dem Heim bei seiner
Einstellung verschwiegen hatte und sich deshalb nun größte Sorgen machte. Er
dachte an die Gewaltexzesse, von denen der Oberleutnant erzählt hatte und war
mehr als froh darüber, dass seine Jugend, wenn schon nicht zu
einhundert Prozent geradlinig, so doch in der Hauptsache normal verlaufen
war.
    »Wenn ich daran denke,
was dieser Schlieper so über seine Zeit hier erzählt hat«, begann Hain, »dann
können wir froh sein, dass uns so was erspart geblieben ist, was meinst du?«
    Lenz sah ihn überrascht
an. »Komisch, das Gleiche hab ich auch gerade gedacht. Vielleicht hatten wir
einfach ein bisschen mehr Glück an der richtigen Stelle. Und Eltern, die es uns
leichter gemacht haben.«
    »Da muss ich sa …«,
wollte Hain antworten, stockte jedoch mitten im Wort.
    »Was ist mit

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