Schmuggler reisen unerkannt
müsse, denn zu Hause warte seine Frau.
„Erstens brauchen wir Sie als
Zeuge“, sagte Tim. „Zweitens sollten Sie in Rache schwelgen, nämlich Anzeige
erstatten...“
„Das kann ich auch morgen
früh.“
„Drittens muß der Notarzt Ihren
Kopf untersuchen. Damit kein bleibender Schaden entsteht.“
„Na gut.“
Sie warteten.
Dann ertönte Sirenengeheul, und
Fahrzeuge mit rotierendem Blaulicht auf dem Dach bogen um die Ecke.
18. Tränengas
Kommissar Glockner ließ sich
alles erzählen und runzelte ein bißchen die Stirn.
„Das war wieder mal sehr
eigenmächtig von euch allen, Tim. Nun gut. Die drei sind festgenommen, und was
Sascha Saßmann meint mit den Abnehmern, deren Namen er von der Liste
abgeschrieben habe, das werde ich aus ihm rausholen. Sicherlich können wir dann
eine Razzia machen in der Drogenszene.“
Der Notarzt hatte Kaufeyn
untersucht. Der war nicht ernstlich verletzt. Man fuhr ihn nach Hause.
Sascha, Dräger und Wehnig waren
vorläufig festgenommen. Sie protestierten nicht, verzichteten auch auf die
dumme Begründung für ihren Überfall. Was sie Tim vorhin weismachen wollten,
hätte ihnen ohnehin niemand geglaubt.
Als die Polizeifahrzeuge im
Nebel verschwanden, war die Lagerhaus-Straße wieder dunkel und still.
„Das war’s“, meinte Tim.
Beide liefen zu ihren
Tretmühlen zurück, von denen die Nässe tropfte. Die Sättel mußten abgewischt
werden.
„Dr. Pauling ist Nachtmensch“,
sagte Karl.
„Weshalb erwähnst du das?“
„Sicherlich ist er noch auf.“
„Du willst jetzt zu ihm?“
„Klar. Acht Bücher hat er mir
mitgebracht, und etwas Geld kriege ich noch raus.“
„Wenn du meinst.“
Sie radelten los. Es war nicht
weit bis zu dem kleinen Einfamilienhaus in der stillen Straße.
Am Tor zur Einfahrt lehnte ein
Damenrad. Im Haus brannte kein Licht. Aber die geschlossene Garage war innen
erleuchtet.
„Hat der vergessen, das Licht
auszumachen?“ überlegte Tim laut.
In diesem Moment hörten sie die
Frauenstimme.
„Tut mir leid!“ schrie sie
schrill. „Aber sie wollten es nicht anders.“
Das zweiflügelige Tor wurde
aufgestoßen von innen, und eine junge Frau, schlampig gekleidet, stürmte
heraus, einen Karton in der Hand, in der andern was Metallisches.
Tim konnte in die Garage sehen,
eine Doppelgarage.
Links, hinter dem geschlossenen
Torflügel, stand ein BMW, der etwas ins Blickfeld ragte. Die hintere Tür war
geöffnet. Rechts davor lag Dr. Pauling auf dem Boden und krümmte sich wie unter
Leibkrämpfen.
Die Frau war jetzt fast am Tor
der Einfahrt, bemerkte die Jungs in diesem Moment und schien zurückzuprallen.
Dann hob sie die Hand, und eine
Pistolenmündung richtete sich auf die beiden.
„Weg da! Aus dem Weg! Zur
Seite!“
„Ruhig bleiben, Edeltraut!“
sagte Tim. „Nicht die Nerven verlieren! Nur die Ruhe!“
„Ihr sollt abhauen! Ihr... Ich
heiße nicht Edeltraut.“
„Nein? Ich dachte, ich kenne
Sie.“ Er lächelte breit. „Wohl eine Verwechslung, wie? Was ist mit Dr. Pauling?
Haben Sie auf ihn geschossen?“
„Getreten habe ich ihn. Der ist
gleich wieder senkrecht.“ Tims Blick war auf die Waffe gerichtet. Eine echte
Pistole? Oder ein Tränengas-Püster?
Auch bei Licht sind die Modelle
nur schwer zu unterscheiden. Jetzt im Dunkeln war es völlig unmöglich.
„Müssen wir die Hände heben?“
fragte er. „Es würde Schwierigkeiten machen. Karl hat sich die Schulter
verstaucht, und ich bin schlapp — ich kann kaum den Kopf oben halten.“
„Ihr sollt zur Seite gehen. Ich
will an mein Rad.“
Die Jungs wichen etwas zurück.
Tim sah, wie sich Pauling in
kniende Haltung aufrichtete. Die Frau schob mit dem Ellbogen das Tor auf und
trat zu ihrem Rad, die Pistole immer noch auf die Jungs gerichtet. Eine Hand
hielt den Karton, die andere die Waffe. Was nun?
Der Karton wurde auf den
Gepäckträger geklemmt.
„Kommt nicht näher. Ich
schieße“, warnte sie.
Dann saß sie im Sattel und fuhr
los.
Pauling taumelte ans
Garagentor.
„Herr Doktor!“ rief Tim. „Hat
die Tussi eine scharfe Waffe, oder...“
„Nein. Sie hat meine
Tränengas-Pistole.“
Tim sprang auf sein Rennrad.
Einen Augenblick später hatte er die Frau eingeholt.
Erschrocken wandte sie den
Kopf, als er plötzlich neben ihr fuhr.
„Umkehren, Verehrte! Sonst
schubse ich Sie runter.“
Sie hob die Pistole und schoß
auf ihn.
Es knallte gewaltig. Aber er
hatte schon gebremst, und die Tränengas-Wolke puffte ins Leere, verstänkerte
die Regenluft,
Weitere Kostenlose Bücher