Schmusekatze, jung, ledig, sucht
keiner weiß, wie er mit dem anderen umgehen soll, wenn man sich wiedersieht. Oder ich habe besonderes Pech und erwische einen nachtragenden Typen, der dann überall mein Lokal schlechtmacht und beim Gesundheitsamt Lügen verbreitet, zum Beispiel, dass ich verdorbene Zutaten verwende oder dass in meiner Küche Mäuse hausen.«
»Das Gesundheitsamt würde aber schnell dahinterkommen, dass dir da jemand was anhängen will, meinst du nicht?«
»Es muss nur jemand mitkriegen, dass sich jemand vom Gesundheitsamt bei mir umgesehen hat, dann spricht sich das ganz schnell rum, und wenn die Center-Verwaltung davon erfährt, dann fliege ich genauso schnell raus wie der Käsehändler, der früher links von mir seinen Laden hatte. Der hatte sich auch nichts zuschulden kommen lassen, aber das Management sah den guten Ruf des Centers in Gefahr.«
Valerie fuhr sich durchs Haar. »Dann musst du dich eben woanders umsehen, nicht unter deinen alleinstehenden männlichen Gästen.«
»Grandiose Idee«, spottete Chrissy und schenkte sich und ihrer Freundin noch ein Glas Wein ein. »Dann gehe ich nach einem langen Arbeitstag abends um halb elf noch auf die Pirsch und ziehe von Kneipe zu Kneipe, um nach interessanten Männern Ausschau zu halten.«
»So hab ich das nun auch wieder nicht gemeint«, wandte Valerie ein. »Sondern …«
»Sondern wie?«, fiel Chrissy ihr ins Wort. » Wann soll ich denn Männer kennenlernen, wenn ich von morgens bis abends in diesem Center buchstäblich gefangen bin? Ich kann keine Teilzeitkraft einstellen, nur weil ich mich ab fünf oder halb sechs in der Stadt nach aussichtsreichen Kandidaten umsehen will.«
»Mach’s doch auf die klassische Tour.«
»Die klassische Tour?«
»Na ja, eine Kontaktanzeige.«
Chrissy schaute sie eine Weile ungläubig an. »Sehe ich so verzweifelt aus? Kontaktanzeigen werden von Leuten aufgegeben, die keiner haben will.«
»Oder von Leuten, die keine Zeit haben«, widersprach Valerie.
»Das hast du gerade erfunden !«
»Nein, habe ich nicht. Ich bekomme da jeden Monat ein Magazin für Personaler auf den Tisch, momentan darf ich das sogar als Erste lesen. Fünfundneunzig Prozent von dem Heft sind für Normalsterbliche todlangweilig, weil es um den ganzen Gesetzeskram geht und darum, wie man innerhalb der gesetzlichen Grenzen Dinge besser gestalten kann … wie gesagt, todlangweilig. Für meine Arbeit allerdings sehr interessant.« Sie trank einen Schluck Wein. »Die restlichen fünf Prozent befassen sich mit ganz kuriosen Dingen, mit der Logik der Personalnummern, mit den größten Flops unter den Lohnabrechnungsprogrammen und so weiter. Im letzten Heft ging es darum, wie viele Paare sich über Bewerbungen auf Stellenanzeigen kennenlernen.«
»Also wieder das Thema Beziehung im Büro«, wandte Chrissy ein und musste gähnen.
»Nein, nein, eben nicht. Forscher haben Personalchefs und Abteilungsleiter befragt und herausgefunden, das gut ein Viertel von ihnen schon mal privat Kontakt mit einer Bewerberin aufgenommen hat, die zwar für die Stelle nicht qualifiziert war, die aber vom Foto und vom Profil her großes Interesse geweckt hatte. Bei Frauen als Chefs und Männern als Bewerbern liegt die Quote sogar noch etwas höher.«
» Was hat das mit Kontaktanzeigen zu tun?«
» Warte, ich komme ja gleich zum Thema«, hielt Valerie sie zurück. »Als ergänzenden Grund haben fast alle – also Männer und Frauen – angegeben, dass sie sich zu diesem Schritt entschlossen haben, weil ihre Arbeit ihnen nicht die Zeit lässt, außerhalb ihres beruflichen Umfelds jemanden kennenzulernen. Als Alternative zu dieser Methode wurde von allen genannt, dass sie Kontaktbörsen im Internet nutzen, natürlich nur seriöse Börsen, allerdings keine Vermittlungsagenturen. Der Grund dafür ist praktisch der gleiche : Zeitersparnis. Sie suchen nach Partnern mit übereinstimmenden Interessen oder Ansichten, sie geben an, was sie mögen und was sie nicht mögen.«
»Klingt so, als würde ich mir einen Neuwagen im Internet zusammenstellen«, meinte Chrissy wenig begeistert.
»Ich weiß, das hat mit Romantik nicht mehr viel zu tun, aber in gewisser Weise ist das doch sehr vernünftig. Überleg mal, du lernst einen Mann kennen, hast ein paar Dates mit ihm, und nach dem vierten Date rückt er dann mit der Sprache raus, dass seine heimliche Leidenschaft die Jagd ist und es für ihn nichts Schöneres gibt, als wehrlose Wildschweine abzuknallen. Du schickst ihn zum Teufel und ärgerst dich, dass
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