Schmusekatze, jung, ledig, sucht
dort angekommen, noch daran erinnern würde, Decke und Kissen für ihre Freundin ins Wohnzimmer zu bringen.
3
Chrissy fühlte sich wie gerädert, als sie am Morgen aufwachte. Sie blinzelte auf den Funkwecker, benötigte ein paar Sekunden, ehe ihr Gehirn verarbeitete, was ihre Augen sahen – dann war sie schlagartig wach und saß aufrecht im Bett.
Viertel nach zehn !
Am Samstagmorgen !
Vor über zwei Stunden hätte sie schon bei Metzener sein sollen, und jetzt blieben ihr gerade mal fünfundvierzig Minuten, wenn sie ihr Restaurant noch rechtzeitig öffnen wollte. Sie sprang aus dem Bett und hetzte in Richtung Badezimmer, als sie aus dem Wohnzimmer seltsame Geräusche hörte. Abrupt blieb sie stehen und kämpfte einen Moment lang mit der Balance, dann drehte sie sich zur Seite, steckte den Kopf ins Zimmer und lauschte angestrengt.
Was war das?
Das Geräusch kam nicht von draußen, sonst hätte sie gesagt, dass da irgendwo etwas gesägt oder geschliffen wurde. Nein, es hatte seinen Ursprung hier im Zimmer. Aber wo?
Sie machte einen Schritt nach vorn und zuckte zusammen, als sie über die Rückenlehne des Sofas hinweg eine Bewegung bemerkte. Vorsichtig ging sie weiter, ohne eine Ahnung zu haben, mit wem oder was sie es zu tun hatte. Irgendwie fehlte ihr im Moment jegliche Erinnerung, was gestern Abend geschehen war, und sie konnte nur hoffen, dass sie sich mit ihrer manchmal etwas dusseligen Art nicht irgendwelchen Ärger eingebrockt hatte. War sie womöglich an jemanden geraten, der ihr K.o.-Tropfen eingeflößt hatte?
Als sie nahe genug an der Couch stand, stellte sie sich auf die Zehenspitzen, beugte sich ein wenig vor und machte einen langen Hals, bis sie aus sicherer Entfernung über die Rückenlehne spähen konnte. Erleichtert atmete sie auf, als sie sah, dass Valerie auf der Couch lag und fest schlief – und dabei in einer Tonlage schnarchte, die man nicht von einer so zierlichen Person erwartet hätte, sondern schon eher von einem Hundertfünfzig-Kilo-Mann.
Wenigstens war es nur ihre Freundin, die auf der Couch übernachtet hatte, was aber verwunderlich war, weil sie das sonst nicht machte, wenn Chrissy am nächsten Morgen zur Arbeit musste. Irgendwas war da noch, überlegte sie, aber es wollte ihr nicht einfallen. Als sie sich umdrehte, um das Wohnzimmer zu verlassen und wie geplant in aller Eile zu duschen, damit sie es mit viel Mühe und Not doch noch bis um elf ins Center schaffte, fiel ihr Blick auf den Kalender neben der Tür. Dessen aktuelles Motiv zeigte die Pinguine aus Madagaskar als Ninja-Kämpfer verkleidet. Als sie die unterste Zeile der Monatsübersicht sah, dämmerte ihr etwas. Gestern, Freitag, war der 30. April gewesen, folglich war heute, am Samstag, der 1. Mai.
Chrissy schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Ja, natürlich, heute war Feiertag. Sie hatte nicht verschlafen, sondern ausgeschlafen.
Jetzt, da die Aufregung abebbte, regte sich im Hinterkopf ein leises Dröhnen, das sich langsam in ihrem Schädel ausbreitete. Kopfschmerzen … o nein, bitte nicht. Wieso bekam sie denn jetzt Kopfschmerzen? Frustriert ging sie zur Tür, um aus dem Medikamentenschrank im Badezimmer eine Schmerztablette zu holen. Dabei schaute sie noch einmal kurz über die Schulter zur Couch, aber Valerie schien von ihr nicht aus dem Schlaf gerissen worden zu sein. In diesem Moment wurde ihr klar, was für ihre Kopfschmerzen verantwortlich war : Auf dem Tisch standen drei leere Flaschen Wein.
Ein leiser Seufzer kam ihr über die Lippen, während sich die Filmschnipsel in ihrem Kopf allmählich so zusammenfügten, dass sie den gestrigen Abend wiedergaben. O verdammt, sie war so in ihr Gespräch mit Valerie vertieft gewesen, dass sie entgegen ihrer Gewohnheit nicht nach dem zweiten Glas Wein auf etwas Alkoholfreies umgestiegen war, sondern nebenher immer noch einen Schluck mehr getrunken hatte.
Dann nehme ich besser gleich zwei Tabletten, dachte sie und schlurfte ins Badezimmer. Nachdem sie erkannt hatte, dass es gar keinen Grund zur Eile gab, hatte ihr Körper prompt wieder einen oder sogar zwei Gänge zurückgeschaltet.
Als Valerie gut eine halbe Stunde später aufwachte und in die Küche kam, saß Chrissy frisch geduscht in Jogginghose und weitem T-Shirt am Esstisch und trank einen Schluck Kaffee. Die Tabletten hatten zum Glück schnell gewirkt, und so konnte sie sich auf die Belege der letzten Woche konzentrieren, die sie aus einem alten Schuhkarton holte und auf verschiedene Stapel
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