Schmusekatze, jung, ledig, sucht
Nebenjob sparen und dich morgens um acht hinsetzen, um dir deine Bestände anzusehen und dann einkaufen zu gehen. Dann könntest du um elf Uhr aufmachen, und deine Gäste könnten tatsächlich jeden beliebigen Pfannkuchen bestellen und würden ihn auch genau mit den Zutaten bekommen, die auf der Speisekarte stehen.«
Chrissy stand da und schürzte die Lippen. »Ich müsste aber erst mal mehr verdienen, um den Job bei Metzener überhaupt kündigen zu können.«
Valerie zog die Augenbrauen hoch. »Dann musst du dich eben mal eine Weile morgens um sechs hinsetzen und eine Bestandsaufnahme machen, und wenn am Mittag der größte Trubel vorbei ist – also so wie jetzt –, gehst du einkaufen, damit für den Abend alles vorrätig ist, was du deinen Gästen laut Speisekarte versprichst.«
Chrissy schnaubte frustriert. »Ich kann den Laden nicht tagsüber für zwei Stunden zumachen und einkaufen gehen, das weißt du ganz genau. Diese Center-Verwaltung achtet ganz penibel darauf, dass sich jeder an seinen Vertrag hält. Ich kann ja schon froh sein, dass die Lokale, die nicht zu einer Kette gehören, erst um elf aufmachen dürfen, nicht schon um zehn.«
»Du kannst deine Aushilfe einkaufen schicken«, schlug Valerie vor – ebenfalls nicht zum ersten Mal.
»Magdalena ist jeden Tag von fünf bis acht da, wenn der größte Trubel herrscht. Dann muss sie hier helfen, da kann sie nicht gleichzeitig für mich einkaufen gehen.«
»Dann lass sie eben eine halbe Stunde früher herkommen, damit sie solche Einkäufe erledigt. Oder sag ihr, sie soll auf dem Weg hierher einkaufen.«
Kopfschüttelnd drehte sich Chrissy weg und öffnete den Kühlschrank, um einen Blick auf ihre Vorräte zu werfen. »Dann muss ich ihr eine halbe Stunde mehr bezahlen.«
»Daran wirst du nicht zugrunde gehen«, meinte Valerie und winkte ab. »Aber an deiner Schusseligkeit vielleicht schon.« Sie duckte sich. »Ich sehe ja sogar von hier aus, dass in dem Glas da vorne nur noch eine kleine Balsamico-Zwiebel schwimmt. Das wird denjenigen aber nicht freuen, der die zweiundfünfzig bestellen möchte.«
»Die Balsamico-Zwiebeln?«, wiederholte sie verwundert und entdeckte das besagte Glas erst im dritten Anlauf. Sie hielt es gegen das Licht und stellte es dann zurück in den Kühlschrank. »Davon brauche ich unbedingt neue«, sagte sie, ließ die Tür zufallen und kehrte zu ihrer Freundin zurück.
Die sah Chrissy sekundenlang abwartend an, dann sagte sie : »Ich habe auf dem Weg hierher ein tolles Paar Schuhe entdeckt.«
»Ehrlich? Wo?«
» Vorne an der Rolltreppe, bei diesem südkoreanischen Italiener.«
Chrissy legte die Stirn in Falten. »Bei welchem südkoreanischen Italiener?«
»Na, der sich so uritalienisch ›Celentano‹ nennt, aber eigentlich Soon-Tek heißt«, erklärte sie, dann beschrieb sie die Schuhe, und als sie merkte, wie interessiert ihr Chrissy zuhörte, fragte sie plötzlich : »Musstest du nicht noch was besorgen?«
»Ähm …«, machte Chrissy und verzog das Gesicht, während sie sichtlich angestrengt überlegte. »Ja, da war doch irgendwas gewesen, aber …«
»Mensch, Chrissy !«, fuhr Valerie sie an und gab ihr einen Klaps auf die Stirn. »Du hast die Aufmerksamkeitsspanne einer Dreijährigen, die durch einen Spielzeugladen läuft und nicht weiß, wo sie zuerst hinsehen soll. Balsamico-Zwiebeln !«
»Ach ja, genau. Das war’s.«
Wieder ließ Valerie einige Sekunden verstreichen, und als nichts geschah, knurrte sie : »Schreib – es – dir – auf !« Sie griff über die Theke, schnappte sich den Quittungsblock und warf ihn Chrissy hin. »Jetzt – sofort !«
»Schon gut, du musst nicht gleich zum Terminator werden«, wehrte Chrissy ab. »Mir wär das schon noch eingefallen.«
»Ja, bei der nächsten Bestellung.« Ihre Freundin schüttelte den Kopf. »Und wenn du dadurch mehr Leute wie deinen Gast gerade eben vergraulst, dann kann deine Lockerheit ganz böse nach hinten losgehen.«
» Wieso? Was war mit dem?«
» Weißt du nicht, wer das war?«
Chrissy zuckte mit den Schultern. »Er hat sich mir nicht vorgestellt.«
»Das hat er auch nicht nötig, dafür ist er bekannt genug.«
»Sag schon, wer er war«, stöhnte sie.
»Claudio Ulrichshauser.«
Chrissy sah sie abwartend an. »Und?«, fragte sie schließlich. » Wer ist das?«
»Den kennst du nicht?« Valerie schüttelte ungläubig den Kopf. »Das ist der Restaurantkritiker aus dem Regionalfernsehen, der bestimmt schon seit einem Jahr jeden Mittwoch und jeden
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