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Schmusemord

Schmusemord

Titel: Schmusemord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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›Schwein‹ wäre treffender.«
    »Wenn du wüßtest, wie ich mich anrede, wenn ich ganz allein vor meinem inneren Tribunal stehe, quölle dir gar manche Zähre des Mitleids aus den Klüsen.«
    Sie lachte. »Du bist unmöglich. Und von deinem Labyrinth magst du immer noch nicht reden?«
    »Dann schon lieber von diesem wirren Fall, der vielleicht gar keiner ist.« Matzbach seufzte lustvoll, als der
patron
die nächsten Teller brachte. »Es könnte ja auch sein, daß Czerny zusammengeschlagen wurde, weil der inzwischen verflüchtigte Herr Würselen sexuell die Fronten wechseln wollte. Daß Würselen rein zufällig mehrmals überfahren wurde. Daß Schmollgrubers Poldi alias Valentin zwar im Krieg zu einer Sondereinheit gehörte, daß es aber eine andere war als die, mit der Elias Jüssen zu tun hatte. Daß beide, rein zufällig, nach dem Krieg schwunghafte Geschäfte aufgenommen haben, ohne daß an den dazu nötigen Mitteln auch nur der geringste Schmutz klebt. Daß niemand etwas über die Herkunft der Mittel weiß, weil sie so unerhört sauber sind, daß es in diesen, wie gesagt, würdelosen Zeiten alle zerschmettern würde, die von soviel Lauterkeit erführen.«
    Hermine inspizierte ihren Zander, der in einer köstlich duftenden Sahne-und-Kräuter-Tunke lag. »Im Klartext heißt das, du bist eigentlich ziemlich sicher, daß irgendwer da jede Menge Dreck am Stecken hat.«
    Baltasar nickte; mit halbvollem Mund sagte er: »Gut, daß dies Goldfischli nicht mehr zappelt. Sagen wir mal so: Ich vermute, daß Schmollgruber und Jüssen Kriegskameraden bei der gleichen Sondereinheit waren. Anfangs dürften Deutsche und Österreicher in ihren jeweiligen historischen Regimentern gesteckt haben, aber im Lauf der Zeit ist das alles durcheinandergewirbelt worden, und handverlesene Sonderkommandos sind sowieso was Besonderes.«
    »Erwartest du sachdienliche Hinweise in diesem Haus bei, wie heißt das, Porcmignon?«
    Er hob die Schultern. »Erwarten wäre zuviel – erhoffen. Ich nehme an, daß die beiden Jungs damals irgendwas in Frankreich getan haben, was ihnen hinterher Startkapital für eine lukrative Wirtschaftskarriere beziehungsweise ein Ladengeschäft eingebracht hat. Aber was? Was kann man, als Angehöriger eines mit der Unterwanderung der Résistance befaßten Trupps, in Frankreich tun, um zu Geld zu kommen?«
    Sie aßen schweigend, bis sie den Fischgang bewältigt hatten. Dann sagte Hermine zögernd:
    »Aber: Wenn Czerny etwas über Jüssen rauskriegt, dann muß das doch eine Art Dreck sein, die auch an den Händen seines Onkels Schmollgruber klebt. Meinst du, in diesem Fall gibt er dem das ganze Material zur Aufbewahrung? Und wenn es was Gravierendes ist, müßte der Onkel es doch auch gewußt haben. Wenn Czerny also mit ihm darüber redet und der Onkel nicht verbissen schweigt, braucht Czerny doch eigentlich nicht weiter zu recherchieren.«
    »Weil er alles auf dem Tablett serviert kriegt?« Matzbach wackelte mit den Ohren; die Kellnerin, die die leeren Teller entfernte, kicherte leise. »Vergiß nicht, was Komarek erzählt hat. Eigentlich waren die ja hinter Lanzerath her. Bloß komisch, daß es jede Menge Schmierereien mit EJ gibt, was Elias Jüssen heißen dürfte. Aber nichts mit E wie Evergislus L wie Lanzerath.«
    »Und von wegen Schmusemord? Nichts gegen den hübschen Begriff, aber findest du alles immer noch so schmusig?«
    »Heute nicht mehr.« Matzbach hauchte ihr einen Luftkuß zu. »Es heißt zwar: Nach dem Essen sollst du klettern oder durch die Betten brettern …«
    Hermine kicherte. »Heißt es so? Interessant.«
    » … aber nach diesem feudalen Mahl wäre hektische Bewegung nicht ratsam.«
    »Das hab ich ausnahmsweise mal nicht gemeint.«
    »Ach so.« Matzbach tat überrascht. »Doch, ja, ich finde, es ist alles sehr schmusig. Nicht für Würselen oder Czerny, klar; aber wir können uns ja gewissermaßen alles aus wonniger Ferne anschauen, niemand tut uns was Böses, hier jedenfalls. Bonn ist weit, Brenig auch, und wie wir alle wissen, ist Ferne der beste Weichspüler.«
    »Ei ja. Weichspüler – Schmusewolle oder so was?« Sie streckte die Hand aus und berührte Matzbachs haarige Pfote. »Kann von mir aus so bleiben, ehrlich gesagt. Die Nummer in Brenig hat mir gereicht. Ich decke meinen
action
-Bedarf lieber im Kino.«
    Beim Frühstück (nur Brot, Butter, Marmelade – Matzbach nannte es »schändlich«, verglichen mit den abendlichen Genüssen der Küche) erfuhren sie von einem Weinbauern, der ein

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