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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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besoffen waren, dass sie nicht mehr aufrecht stehen konnten, hatte Stalin Rossetti gesagt: Der Krieg ist vorbei. Die Zeiten ändern sich.
    Die Kameraden hatten geschrien: Man hat uns betrogen!
    Die Kameraden hatten geschrien: Wir haben im dreckigsten aller Kriege gekämpft und jetzt wirft man uns zum Alteisen!
    Die Kameraden hatten geschrien: Vecchio hat uns an die Roten verkauft!
    Die Kameraden hatten den Entschluss gefasst, Vecchio umzubringen.
    Stalin Rossetti hatte mit wehem Blick Süßholz geraspelt und die menschliche Undankbarkeit angeprangert.
    Stalin Rossetti hatte gesagt: Sagen wir, es handelt sich um einen vorübergehenden strategischen Rückzug.
    Stalin Rossetti hatte geschworen: Wir kehren zurück! Leute wie uns wird man noch brauchen. Deshalb war kein Platz für kühne Aktionen. Deshalb musste man Kraft sparen. Die Kraft des Ideals!
    Stalin Rossetti hatte angekündigt, dass er sich auf eine lange Reise begeben würde.
    Die Kameraden hatten gebrüllt, das sei eine Ungerechtigkeit. Dass Italien einen Helden wie ihn gar nicht verdient hätte. Stalin Rossetti hatte die Ovationen mit zu Boden gesenktem Blick und noblem Seufzen hingenommen. Und hatte an alle ein wenig Kleingeld verteilt.
    Die Kameraden hatten sich auf die anonymen Sparbücher gestürzt. Am Tag darauf war Stalin in den Salento zurückgekehrt. Aus seinem alten Leben hatte er nur Yanez, Guercio und natürlich Pino Marino mitgenommen.
    Er hatte genug auf der Kante, um sich selbstständig zu machen, Apulien war die ideale Spielwiese für jemanden, der noch jede Menge vorhatte.
    Innerhalb einiger Wochen hatte er eine kleine Reederei aufgebaut. Drei Schiffe, ein bescheidenes Büro in der Altstadt von Bari, so wenig Personal wie möglich. Nach außen hin handelte es sich um eine Import-Export-Firma, die mit diversen Waren handelte.
    Stalin Rossetti machte Geschäfte mit der Sacra Corona Unita, der apulischen Mafia.
    Stalin Rossetti machte Geschäfte mit den Serben.
    Stalin Rossetti machte Geschäfte mit den Albanern.
    Stalin Rossetti kaufte von den Serben Waffen und Munition und verkaufte sie an die Apulier von der Sacra Corona im Austausch gegen türkisches Heroin, das Manuele Vitorchiano, ein von der Mafia zum Tode verurteilter Sizilianer, in Mittelitalien verhökerte. Bei jeder Hure, die ihm der Chef von Valona Woche pro Woche schickte, schnitt Stalin Rossetti zu zehn Prozent mit. Die Frauen und die Ware waren mit einwandfreien Papieren ausgestattet. Stalin Rossetti besorgte astreine Aufenthaltsgenehmigungen. Die, die angeblich kontrollierten, machten keine Probleme: Die Hälfte von ihnen waren Brüder in derselben Loge wie Stalin Rossetti, die anderen gaben sich mit einem gelegentlichen Geschenk zufrieden.
    In kürzester Zeit hatte sich der Geschäftsumfang verfünffacht. Stalin hatte einen Hubschrauber und ein Gehöft außerhalb von Ostuni gekauft.
    Stalin Rossetti war ein reicher Mann.
    Stalin Rossetti litt unter Depressionen.
    Ihm fehlte der Geruch des Schießpulvers. Unmögliche Missionen fehlten ihm. Die Bühne fehlte ihm. Das Gefühl, ganz dicht am Mann dran zu sein, fehlte ihm.
    Stalin Rossetti wollte den Posten zurückhaben, um den man ihn betrogen hatte. Er war der Erbe Vecchios. So durfte er nicht enden. Er durfte nicht im Salento inmitten albanischer Schafhirten und aidskranker Huren enden.
    Der Salento war nicht der Beginn einer neuen Ära. Der Salento bedeutete Abstieg, Degradierung, Exil. Der Salento war
finis terrae
.
    So beschloss er zurückzukehren.
2.
    Stoff zu beschaffen sei kein Problem, hatte Guercio gesagt. Aber im Gegenzug wollte er zumindest einen Blowjob.
    Valeria hatte versucht, ihm das gesunde Auge auszukratzen. Guercio hatte sie mit einem eisernen Griff am Handgelenk gepackt und zu Boden geworfen, ohne sich um ihr Geschrei und die wüsten Beschimpfungen zu kümmern.
    – Verpiss dich, du Scheißkerl!
    Sie hatte so getan, als würde sie klein beigeben. Guercio hatte sich aufgerichtet und wollte schon gehen. Sie hatte gelächelt und war zum Tor gerannt. Guercio hatte sie am Arm gepackt und sie gezwungen stehen zu bleiben. Sie schaffte es, ihm einen Tritt in den Unterleib zu verpassen. Guercio hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Dann hatte er ihr den Arm hinter den Rücken gebogen.
    – Und jetzt entschuldige dich, du Hure!
    Sie hatte aufgeschrien vor Schmerz. Ein paar Passanten waren stehen geblieben, neugierig und erschrocken. Guercios Grinsen hatte sie überzeugt, schnell weiterzugehen, mit gesenktem Kopf. Der

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