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Schmutzige Haende

Schmutzige Haende

Titel: Schmutzige Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giancarlo de Cataldo
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von einem anonymen Telefonat die Rede war. Die Drähte, die aus der Bombe herausragten, hatten für die Entlarvung gesorgt. Ohne das schnelle Eingreifen der Sprengstofftechniker hätte es ein Blutbad gegeben.
    Aber in Wirklichkeit lagen die Dinge anders.
    Der Anruf der
Falange armata
war ein eindeutiges Signal, dass man in eine andere Richtung ermitteln musste.
    Oder irgendjemand schickte der Mafia eine Botschaft: Macht weiter, irgendetwas Gutes wird dabei schon herauskommen.
    Irgendjemand hatte ganz klare Ideen.
    Dieses Attentat stinkt nach interner Komplizenschaft. Stinkt nach Apparaten. Stinkt nach Staat. Stinkt nach euch. Nach euch, hatte er den verblüfften Anwesenden ins Gesicht geschrien.
    Seine Worte waren kühl, skeptisch, mit kaum verhohlener Süffisanz aufgenommen worden.
    Wo sind die Beweise, Scialoja?
    Wer sollen diese geheimnisvollen Verräter sein?
    Kennen Sie die Namen?
    Können Sie sie uns nennen?
    Haben Sie zumindest den Hauch einer Idee?
    Und dann immer wieder die alte Leier: Wir betonen, dass wir nicht mit der Mafia verhandeln. Die Mafia zerstört sich selbst. Wir schicken lieber das Heer, beziehungsweise wir haben es schon geschickt, und werden die Präsenz verstärken. Und privat, bei den Gesprächen unter vier, sechs, acht Augen, rückten sie ihm mit ihrer Verzweiflung zu Leibe. Haben Sie nun diese verdammten Kanäle gefunden? Können Sie dem Blutvergießen tatsächlich ein Ende bereiten?
    Würden Sie endlich was unternehmen, um Himmels Willen, Sie, die Sie an die Stelle Vecchios getreten sind?
    Und alle mit einem stummen Vorwurf im Blick: Du bist zwar an die Stelle Vecchios getreten, aber keinen Pfifferling wert.
    Und Argenti, der Jakobiner Argenti, der unbeugsame Argenti, brüllte und tobte.
    Und jetzt heulte auch noch Camporesi. Es war zu viel. Gereizt reichte Scialoja dem Jungen ein Papiertaschentuch.
    – Mir reicht’s, Camporesi. Wenn Sie sich für diesen Beruf nicht eignen, gehen Sie! Ich schreibe Ihnen ein kurzes Empfehlungsschreiben, aber gehen Sie!
    Und in diesem Augenblick warf ihm Camporesi einen zutiefst betrübten, herzerweichenden Blick zu.
    – Ich kann nicht, flüsterte er, das erlauben sie mir nicht.
    Und Scialoja begriff. Er begriff, dass die widerspenstige Jungfrau in Wirklichkeit eine abgebrühte Hure war. Wie er immer geargwöhnt hatte.
    Also hatte er sich wieder einmal täuschen lassen. Wie lange hätte Vecchio gebraucht, um herauszufinden, dass es sich um einen Spitzel handelte?
    – Herr Doktor …
    – Was gibt’s?
    – Eine Möglichkeit gäbe es. Sie könnten mich wegschicken, weil ich eine … unerwünschte Person bin.
    Fürs Erste schien ihm die Idee verlockend. Dann dachte er daran, was ihn Vecchio gelehrt hatte.
    – Nein. Sie bleiben bei mir. Ich gebe Ihnen sogar eine höchst vertrauliche Aufgabe.
    – Befehlen Sie!
    – Berichten Sie Ihren Vorgesetzten, diesen Hohlköpfen: Wenn sie diese verdammten Verhandlungen wollen, sollen sie mir erlauben, irgendetwas Konkretes anzubieten. Was weiß ich … die Entlassung eines Bosses … irgendetwas. Sie sollen es mir schriftlich geben, und ich locke sie in die Falle … Das sagen Sie Ihnen, und versuchen Sie, überzeugend zu sein.
    Er sah ihm zu, wie er ging, verwirrt, wenn nicht gar beleidigt. Vecchio hatte ihn gelehrt, dass Typen wie Camporesi hervorragende Verbündete sein können, eben weil sie unloyal sind. Wenn er ihn entlassen hätte, hätten sie ihn durch einen ersetzt, der genauso war wie er. Warum Zeit verlieren? So waren die Dinge wenigstens klar.
    Er sehnte sich nach Patrizia. Nach ihrem Mund. Ihren nervösen Händen. Ihrem Geruch, den er seit Kurzem wieder unter tausend anderen erkannte.
    Patrizia. Sie war die Einzige, die den Wert des am meisten strapazierten Wortes kannte: Aufrichtigkeit.

Family life
1.
    Senator Argenti war die längste Zeit des Vormittags glücklich gewesen.
    Beatrice hatte sich doch noch durchgesetzt. Die Zweizimmerwohnung im Universitätsviertel war verrammelt worden. Keller und Dachböden hatten T-Shirts, Bikinis und Bermudas der letzten Saison ausgespuckt. Eine Tasche mit aufgestickten Blumenmotiven war mit Handtüchern und altmodischen Bademänteln vollgestopft worden. Der Computer war ausgeschaltet. Bertis monumentaler Essay über die Demokraten im Süden und die Verschwörung war durch ein paar ihrer geliebten Gedichtanthologien und einen Stapel Spionageromane ersetzt worden. Ganz oben der Faschist De Villiers, den Argenti, vor allem, was die Beschreibung der Sexszenen betraf,

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