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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garry Disher
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Flüchtlinge, das Refugee Review Tribunal, häufig genug nur aus einer einzigen Person besteht und dass manche dieser Einzelpersonen ein besonderes Augenmerk darauf legen, alle Anträge abzulehnen.«
    »Das machen Sie mal mit dem RRT aus«, sagte Mead, ruckte nach vorn und ließ seine Finger über die Tastatur fliegen. Dann lehnte er sich mit einem leisen, ungeduldigen Brummen zurück. »Nächste Frage.«
    Mead klopfte sich mit dem Stift gegen die Zähne und schaute zum Fenster hinaus. Tessa konnte die braun gegerbte Haut seines Nackens sehen. Auf dem Fensterbrett stand eine Fotografie. Mead nahm sie in die Hand und stellte sie wieder hin. Eine wachsame, dunkelhaarige Frau, die zaghaft in die Kamera lächelte. Wahrscheinlich Lottie Mead – und die Fahrerin des Passat, wie Tessa erkannte.
    »Wollen Sie sich den Laden mal anschauen?«, fragte Mead.

14
    »Lass mich fahren«, sagte John Tankard nach dem Beinahezusammenstoß mit dem Subaru.
    Er rechnete nicht ernsthaft damit, dass Pam das tun würde, und sie tat es auch nicht. Der Zwischenfall hatte sie nicht sonderlich aus der Fassung gebracht. Das Ganze war ja sowieso nicht ihre Schuld gewesen, aber Tank hatte plötzlich den Drang verspürt, die Kontrolle zu übernehmen, wohl als Reaktion auf Pams überlegene Art, auf das Girliegetue, dieser Kane auch noch zu winken, auf den engen Sitz und auf den Job überhaupt. Er spürte, wie die Wut in ihm wuchs, und das wirkte irgendwie befreiend. Manchmal machte er sich Sorgen, dass die sechsmonatige Betreuung zur Stressbewältigung nicht angeschlagen hatte. Manchmal war er ganz froh darüber.
    Und jetzt folgte ihnen auch noch irgendein Arschloch, blendete auf und hupte. Tank drehte sich um und sah den Passat, der vor dem Lager gewartet hatte, um sich in den fließenden Verkehr einzureihen. Frau am Steuer, wie er selbstzufrieden feststellte. »Was hat die denn für ein Problem?«, knurrte er.
    »Mach mal halblang, Tank.«
    »Du bleibst hier«, befahl Tank und stieg aus. Dann rückte er sich Gürtelhalfter, Jacke und Cap zurecht und ging missmutig auf den Passat zu. Die Fahrerin erkannte ihn als Polizisten, wurde bleich, schaute beleidigt und öffnete die Fahrertür.
    »Lady, steigen Sie wieder ein«, sagte er.
    Sie gehorchte. Er stellte sich neben die Tür, deutete an, dass sie das Fenster herunterkurbeln solle, und baute sich dann ganz nah vor ihr auf. Er fühlte sich toll. Sie waren in der Nähe des Fiddler’s Creek, und die Pubgäste strömten in Scharen herbei für das All-You-Can-Eat-Mittagsbüfett. »Gibts ein Problem?«, fragte er.
    »Ich habe nicht gewusst, dass Sie die Polizei sind.«
    »Na, jetzt wissen Sie es.«
    Die Frau fasste sich langsam wieder. Sie war Mitte vierzig, hatte dunkle Haare und ein schmales Gesicht. »Ich möchte gern aussteigen«, sagte sie.
    »Nein.«
    »Wissen Sie eigentlich, wen Sie vor sich haben?«
    »Nein, ist mir auch egal«, erwiderte Tankard.
    »Aber Sie müssen doch meinen Namen wissen, wenn Sie mich verwarnen oder mir einen Strafzettel geben wollen«, betonte die Frau.
    Das war nicht ganz das, was ihre Frage impliziert hatte, und sie beide wussten das. Tankard beschloss, die Frau beim Wort zu nehmen, und zückte sein Notizbuch. »Na, dann mal los«, sagte er.
    »Ich heiße Lottie Mead.«
    »Und?«
    »Mein Mann ist der Direktor des Internierungslagers«, fügte sie hinzu.
    Tankard war hin und her gerissen. Auf der einen Seite ein instinktiver Gehorsam gegenüber Autoritätspersonen, auf der anderen wiederum Furcht vor und Verachtung für vorlaute Weiber, gepaart mit Respekt für Leute wie Charlie Mead, die aktiv am Krieg gegen den Terrorismus teilnahmen. Eigentlich wollte er ihr irgendeinen Strafzettel aufbrummen, doch fürchtete er einen ganzen Rattenschwanz an Ärger.
    Und um das Ganze noch schlimmer zu machen, tauchte Pam auf. »Gibt es ein Problem, Madam?«
    Lottie Mead verstand dies als Erlaubnis auszusteigen und zur Vorderseite des Passat zu gehen. Die schlanke, federnde Gestalt trug maßgeschneiderte Hosen und ein schwarzes Wolljackett. »Da«, sagte sie und zeigte auf etwas.
    Ein zerbrochenes Scheinwerferglas. »Ihr Wagen war das«, fügte sie an. »Ich habe es gesehen und gehört.«
    »Und wie?«, wollte Tank wissen und wünschte sich, Pam würde wieder in den Mazda steigen und ihn die Sache allein regeln lassen. Noch viel übler war die Tatsache, dass Pam zu wissen schien, wovon diese Mead überhaupt redete. »Ein Steinchen«, sagte Pam mit schuldbewusster

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