Schnauze Wessi: Pöbeleien aus einem besetzten Land (German Edition)
selbstverständlich darüber, wer Chefredakteur im staatlichen Fernsehen ist?
Es ist nicht schön, diese Muster überall wieder zu entdecken, aber auch nicht so schlimm. Wer das schon kennt, zuckt nur mit den Schultern. Nicht frustriert – das wird im Westen gern verwechselt –, nicht einmal mehr enttäuscht, allenfalls ein wenig gelangweilt: Warum soll eine Ministerin nicht enstcheiden, was ihre Untertanen im Internet sehen dürfen? Was soll die Aufregung, nur weil arbeitslose Faulpelze härter bestraft werden sollen? Wenn schon nicht mehr das »Recht auf Arbeit« gilt wie im Arbeiter- und-Bauern-Staat, dann doch wenigstens die Pflicht dazu. Am besten steckt man Hartz-IV-Schmarotzer gleich wieder wegen »asozialer Lebensweise« in den Knast (§ 249 DDR-Strafgesetz). So kommt statistische Arbeitslosigkeit gar nicht erst auf – alles schon gehabt. Kita-Plätze als Staats-Doktrin, Politiker, die ihre Ohnmacht selbstbewusst als Entschlossenheit verkaufen, einfältige Propaganda, inszenierter Parteitagsjubel, Durchhalteparolen und Schönfärberei – alles schon mal gehört. Ein Staat, der sich für Subventionen von einem Milliardenkredit zum nächsten hangelt. Wo ohne nachbarschaftliche Schwarzarbeit und Vitamin B kaum noch jemand über die Runden kommt. In dem man sich lieber still an der Meinungsfreiheit freut, wenn Kollegen am Nachbarsschreibtisch plötzlich aus fadenscheinigen Gründen verschwinden. Alles schon erlebt.
Na gut, manches ist doch anders: Auf den alten Stasi-Stativen sind moderne Kameras montiert. Niemand muss mehr Westpakete aufreißen oder informelle Spione anheuern. Was wir denken und kaufen, wird einfach online und auf Vorrat mitgelesen. Gegen die Datensammelwut von Konzernen und Behörden heute wirken die Stasi-Einweckgläser mit Geruchsproben wie lächerliche Briefmarkenalben. Aber ob Sportler gedopt werden oder zappelnde Grundschüler? Ob Kleinbürger mit hypothetischem Volkseigentum oder ein Volk von Kleinaktionären mit Hypotheken? Ob ein paar Banken unser Schicksal bestimmen oder ein paar Bonzen – wo ist der Unterschied?
Etwas beunruhigend finde ich schon, dass ich seit vergangenem Jahr wieder Kunde einer volkseigenen Bank bin und der Automat eines Tages vielleicht nur noch Spielgeld ausspucken könnte. Dass ich auf dem Weg von Leipzig nach Berlin ein Bundesland durchqueren muss, in der eine Art neue Sozialistische Einheitspartei aus SPD und Stasi-Schergen regiert. Dass sich dieses Modell die lautesten Agit-Prop-Journalisten mit West-Biografie sogar schon wieder für das ganze Land vorstellen können. Eine FDJ-Funktionärin im Kanzleramt. Ungeräumte Straßen. Was kommt als Nächstes?
Einmal in den vergangenen Tagen – solche Déjà-vus gibt es auch noch – hielten sofort zwei junge Männer neben meiner Parklücke. Sie hatten mich und meine Reifen durchdrehen sehen, opferten ihre Fußmatten, setzten sich in den Kofferraum, um den dämlichen Hinterradantrieb zu überlisten. Nichts half. Schließlich gruben wir die schwere Karre auf Knien frei. Dabei entdeckte ich an ihrem Auto einen Aufkleber, auf dem in kyrillischen Buchstaben, phonetisch verschlüsselt, stand: »Wer das nicht lesen kann, ist ein dummer Wessi.« Im ersten Moment fand ich das ziemlich blöd, weil es die Adressaten ja gerade nicht lesen können und die Beleidigung schon deshalb nicht ankommt. Aber dann hielt ein noch neuerer Mercedes neben uns und der Fahrer ließ herablassend die Scheibe runter: »Das ist ein Mercedes«, belehrte er uns. »Hinterradantrieb.« Ich bedankte mich artig für den Tipp. Meine beiden Helfer aber verdrehten nur die Augen, als wäre ihnen sofort klar gewesen, dass so ein Sprücheklopfer, der nicht mal mit anfasst, ihren Aufkleber bestimmt nicht lesen kann. Dann sah auch ich sein Nummernschild und ein, dass ich immer noch viel zu höflich bin. Man müsste es auch im richtigen Leben viel öfter laut sagen: Schnauze, Wessi!
»Die Ritter waren meist nachgeborene Söhne von Adligen im
westlichen Deutschland, die in ihrer Heimat keinen Rittersitz
erwerben konnten.
Der Kampf gegen die Ungläubigen war ehrenvoll;
zudem lockten Beute und Gewinn.«
Friedrich Wienecke,
Die Germanisierung der Mark Brandenburg
Kriminelle Migranten
Soll noch mal einer sagen, Kriminalität hätte nichts mit Migration zu tun. Oder warum machen ständig Ganoven im Osten Schlagzeilen, die gar nicht von dort stammen? Eine Milieu-Studie.
Gerade hat man den Geschäftsführer der Leipziger Wasserwerke
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